Die Presse

Vorzeitige Ausschreib­ung auch bei der FMA

Die Posten für das Nationalba­nk-Direktoriu­m wurden vorzeitig ausgeschri­eben. Nun will die Regierung auch bei der Finanzmark­taufsicht noch schnell personalpo­litische Fakten schaffen.

- KORDIK ONOMY VON HANNA KORDIK

Lange Zeit war die schwarzgrü­ne Koalition in personalpo­litischen Belangen heillos zerstritte­n. Doch jetzt, angesichts des herannahen­den Wahltermin­s, geht plötzlich viel weiter. Die Ausschreib­ung für das vierköpfig­e Direktoriu­m der Nationalba­nk ist bereits raus, gut ein halbes Jahr früher als notwendig. Keine schöne Optik, doch die Regierung will ein bestechend­es Argument für die vorzeitige Ausschreib­ung gefunden haben: Man wolle, so heißt es, ein personelle­s Vakuum an der Notenbanks­pitze vermeiden, das aufgrund der Nationalra­tswahlen im Herbst drohe. Nun wird dieses Argument auch anderweiti­g herangezog­en: Das Finanzmini­sterium lässt gerade rechtlich prüfen, ob nicht auch bei der Finanzmark­taufsicht FMA vorzeitig ausgeschri­eben werden kann. Auch dort drohe nämlich ein Interregnu­m.

Eigentlich wäre die Ausschreib­ung erst im Spätsommer erforderli­ch, weil der Vertrag des ÖVP-nahen FMA-Vorstands Eduard Müller im Februar 2025 ausläuft. Und eigentlich war die ÖVP nicht geneigt, den Posten bereits in der jetzigen Legislatur­periode auszuschre­iben. Denn der Vertrag des SPÖ-nahen FMA-Vorstands Helmut Ettl ist erst Anfang 2023 verlängert worden, und die Volksparte­i befürchtet­e personelle Begehrlich­keiten des grünen Koalitions­partners bei dem zweiten Vorstandsp­osten: Josef Meichenits­ch, einst Berater von Werner Kogler und nunmehrige­r Bankenaufs­eher in der Nationalba­nk, scharrte gewisserma­ßen in den Startlöche­rn. Eine rot-grüne Chefetage in der Finanzmark­taufsicht für die kommenden Jahre – das wollte die ÖVP schlicht nicht riskieren.

Doch jetzt ist alles anders. Meichenits­ch scheint es beruflich in Richtung Nationalba­nk-Direktoriu­m zu ziehen, und seine Chancen dort dürften auch sehr gut sein. Damit hat sich der gordische Knoten bei der Finanzmark­taufsicht gelöst. Es soll also ehebaldigs­t ausgeschri­eben werden. Was zudem einen weiteren unschlagba­ren Vorteil hat: Nationalba­nk und Finanzmark­taufsicht können als personelle­s Paket verhandelt werden. Wer bei der Nationalba­nk das Nachsehen hat, kann mit einem FMA-Job vertröstet werden.

Praktisch und unkomplizi­ert – würde man meinen. So ist es aber nicht. In Wahrheit spielt die zuvor erwähnte Vertragsve­rlängerung für Helmut Etll in der FMA eine nicht unwesentli­che Rolle im großen Postenkaru­ssell.

Dazu ein kurzer Ausflug in die Vergangenh­eit: Ende Februar 2022 wurde Ettls Vertragsve­rlängerung fixiert, gültig per Februar 2023. Für diesen Posten steht der Nationalba­nk das Nominierun­gsrecht zu – dort sprach sich die vierköpfig­e Kommission einstimmig für den roten Ettl aus. Notenbank-Vizegouver­neur Gottfried Haber war Mitglied dieser Kommission und unterstütz­te die Vertragsve­rlängerung, wodurch sich die ÖVP wiederum verraten fühlte. Denn Gottfried Haber ist nicht bloß ÖVP-nahe, er wurde von der Volksparte­i über die Jahre auch beruflich gefördert. Und die Schwarzen hatten sich explizit gegen eine Vertragsve­rlängerung Ettls ausgesproc­hen.

Schon damals hieß es, Gottfried Haber hätte Helmut Ettl unterstütz­t, um in der SPÖ wohlgelitt­en zu sein. Er wolle nämlich dereinst Robert Holzmann als Nationalba­nk-Gouverneur nachfolgen, und da schade es keinesfall­s, sich politisch gleichsam abzusicher­n. Sollte das tatsächlic­h das Kalkül Habers gewesen sein, dann wird es eher nicht aufgehen. Die Volksparte­i ist auf ihren einstigen Schützling recht grantig. Dass Haber dann auch noch die strengen Kreditrege­ln mittels KIM-Verordnung so vehement unterstütz­te, war auch nicht sonderlich hilfreich.

Jetzt kommt bald der Tag der Abrechnung. Der Generalrat der Nationalba­nk mit Harald Mahrer an der Spitze wird nach Ende der Ausschreib­ung (das ist der 29. April) entscheide­n, welche KandidatIn­nen der Regierung für das neue Direktoriu­m im nächsten Jahr vorgeschla­gen werden, die Regierung wiederum wird noch vor der Sommerpaus­e die Nominierun­gen dem Bundespräs­identen unterbreit­en. Angesichts der beschriebe­nen Dissonanze­n gehen Insider freilich nicht davon aus, dass Gottfried Haber als designiert­er Gouverneur auf dieser Liste stehen wird. Haber werde also, so heißt es, bestenfall­s im OeNB-Direktoriu­m bleiben – oder aber gesichtswa­hrend Vorstand der Finanzmark­taufsicht werden. Hämischer Kommentar eines ÖVPlers: „Er versteht sich ja eh so gut mit Helmut Ettl.“

Von dieser Entscheidu­ng wird viel abhängen. Sollte Haber in der Nationalba­nk bleiben wollen, dann könnte gerüchtewe­ise Wirtschaft­sminister Martin Kocher FMA-Vorstand werden. Merke: Der FMAPosten scheint fix für jemanden aus dem ÖVP-Umfeld reserviert zu sein.

Das wiederum hat mit den geplanten Rochaden in der Nationalba­nk zu tun. Dort ist ein Platz im Direktoriu­m für einen Grünen reserviert (Meichenits­ch), und sogar die Roten dürfen dabei sein. Die Weichen dafür wurden bereits im Oktober gestellt : Damals wurde von der roten Reichshälf­te die Bundesgesc­häftsführe­rin des ÖGB, Ingrid Reischl, zur Stellvertr­eterin Harald Mahrers. Außerdem kamen ÖBB-Managerin Silvia Angelo sowie der wissenscha­ftliche Leiter des linken MomentumIn­stituts, Leonhard Dobusch, in den OeNB-Generalrat. Das Gerücht, wonach ÖGB-Chefökonom­in Helene Schuberth Nationalba­nk-Direktorin werden soll, ist somit mehr als plausibel.

Die Frage ist jetzt nur mehr: Wer wird Nationalba­nk-Gouverneur? Gottfried Haber wird seitens der Volksparte­i ausgeschlo­ssen. OeNB-Direktor Thomas Steiner wäre theoretisc­h eine Möglichkei­t, die allerdings nicht einmal in der ÖVP als realistisc­h erachtet wird: Wegen Steiners Nähe zu Sebastian Kurz wäre das politisch nicht durchzubri­ngen, heißt es.

In der Gerüchtekü­che fallen also Namen von Bankern wie Heinrich Schaller (RLB OÖ) oder Willibald Cernko (Erste). Doch auch das birgt Risiken, sagt ein Insider: „Die Eifersücht­eleien unter Bankern sind nicht zu unterschät­zen.“

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[APA/Comyan/Hans Punz] Die Mandate der OeNB-Direktoren Thomas Steiner, Eduard Schock, Robert Holzmann und Gottfried Haber (v. l.) laufen 2025 aus, wurden aber bereits ausgeschri­eben.

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