Warum weniger Bier gebraut wird
Der sinkende Bierkonsum macht den Produzenten bei anhaltend hohen Kosten und ungenutzten Kapazitäten zu schaffen. Ottakringer hat seine Preise zuletzt spürbar angehoben.
Wien. Zur österreichischen „Leitkultur“gehört neben der Blasmusik und dem Schnitzel auch das eine oder andere Glas Bier. Viele, vor allem Ältere, würden das wohl unterschreiben. Von den Jüngeren aber immer weniger. Der Bierkonsum geht hierzulande seit einigen Jahren zurück. Vergangenes Jahr wurde etwa um drei Prozent weniger Bier getrunken als im Jahr zuvor.
„Es hat hier eindeutig einen Sinneswandel gegeben“, sagt Harald Mayer, Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei. „Grundsätzlich finde ich es gut, dass die Jungen bewusster konsumieren. Unsere Brauereien bringt diese Entwicklung langfristig aber natürlich in die Bredouille.“
Die Brauereien passen sich längst den veränderten Anforderungen an. So zeige sich ein spürbarer Trend hin zu leichteren und alkoholfreien Bieren, wenngleich deren Marktanteil noch immer im einstelligen Bereich liegt.
Gastrosterben bereitet Sorgen
Auch das ländliche Wirtshaussterben drückt auf die Stimmung der Produzenten. „Der Strukturwandel in der Gastronomie ist unübersehbar und bereitet der Bierbranche Kopfzerbrechen“, sagt Karl Schwarz vom Verband der Brauereien. Laut Gastro-Fachverband ging die Anzahl an Lokalen mit „ausgewiesener Bierkompetenz“in den vergangenen zehn Jahren um mehr als ein Viertel zurück. Anders ist die Situation in touristischen und urbanen Zentren, wo Preise jenseits der fünf Euro für einen halben Liter Bier inzwischen eher die Regel als die Ausnahme sind. Für Ottakringer, Marktführer in der Wiener Gastronomie, „ganz sicher kein Nachteil“, weiß auch Mayer.
Obwohl die Bierproduzenten gern ihre Tradition betonen, ist deren Zunft aktuell im Umbruch. Die heimischen Produzenten haben sich zwar vom für die Branche besonders schmerzlichen CoronaLockdown-Knick weitgehend erholt, so gut wie alle Brauereien können wegen des nachhaltig gesunkenen Bierdursts aber ihre Produktionskapazitäten nicht mehr auslasten. Das gelte auch für Ottakringer, deren Auslastungsgrad Mayer derzeit mit 78 Prozent beziffert. „Ich erwarte, dass in den nächsten Jahren Kapazitäten aus dem Markt verschwinden. Unter einer bestimmten Auslastung wachsen die Fixkosten nämlich über den Kopf, was sich viele kleinere Brauereien nicht mehr leisten können.“
Gestiegene Rohstoff- und Energiekosten führten etwa erst Anfang März zur Insolvenz der Grieskirchner Brauerei. Für kleinere Privatbrauereien sieht Mayer künftig vor allem dann eine Chance, wenn sie ihre Produktionskapazitäten zusammenlegen. So ließen sich auch Marktanteile vom Branchenprimus Brau Union zurückgewinnen, der in Österreich rund 60 Prozent des Marktes kontrolliert.
Ottakringer erhöht Preise
In einem insgesamt schrumpfenden Markt verstärkt sich naturgemäß der Wettbewerb. Vor allem in der Gastro müsse man in Zeiten hoher Preise noch individueller auf die Bedürfnisse der einzelnen Betriebe eingehen, sagt Mayer. So konnte man zuletzt einige GastroKunden von der Brau Union zu Ottakringer holen.
Sowohl in der Gastronomie als auch im Einzelhandel ist neben der Regionalität aber immer noch der Preis das entscheidende Kriterium. Nach teils kräftigen Preissprüngen im Vorjahr hoben die meisten Brauereien ihre Preise heuer nur moderat an. Ottakringer lag damit mit plus vier Prozent im Handel und plus sechs Prozent in der Gastro am oberen Ende der Skala.
Wann und wie stark die höheren Preise von Handel und Gastronomie weitergegeben werden, entscheiden diese selbst. Der nächste Aufschlag für Kunden dürfte aber nicht mehr lang auf sich warten lassen.