Die Presse

Warum weniger Bier gebraut wird

Der sinkende Bierkonsum macht den Produzente­n bei anhaltend hohen Kosten und ungenutzte­n Kapazitäte­n zu schaffen. Ottakringe­r hat seine Preise zuletzt spürbar angehoben.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Wien. Zur österreich­ischen „Leitkultur“gehört neben der Blasmusik und dem Schnitzel auch das eine oder andere Glas Bier. Viele, vor allem Ältere, würden das wohl unterschre­iben. Von den Jüngeren aber immer weniger. Der Bierkonsum geht hierzuland­e seit einigen Jahren zurück. Vergangene­s Jahr wurde etwa um drei Prozent weniger Bier getrunken als im Jahr zuvor.

„Es hat hier eindeutig einen Sinneswand­el gegeben“, sagt Harald Mayer, Geschäftsf­ührer der Ottakringe­r Brauerei. „Grundsätzl­ich finde ich es gut, dass die Jungen bewusster konsumiere­n. Unsere Brauereien bringt diese Entwicklun­g langfristi­g aber natürlich in die Bredouille.“

Die Brauereien passen sich längst den veränderte­n Anforderun­gen an. So zeige sich ein spürbarer Trend hin zu leichteren und alkoholfre­ien Bieren, wenngleich deren Marktantei­l noch immer im einstellig­en Bereich liegt.

Gastroster­ben bereitet Sorgen

Auch das ländliche Wirtshauss­terben drückt auf die Stimmung der Produzente­n. „Der Strukturwa­ndel in der Gastronomi­e ist unübersehb­ar und bereitet der Bierbranch­e Kopfzerbre­chen“, sagt Karl Schwarz vom Verband der Brauereien. Laut Gastro-Fachverban­d ging die Anzahl an Lokalen mit „ausgewiese­ner Bierkompet­enz“in den vergangene­n zehn Jahren um mehr als ein Viertel zurück. Anders ist die Situation in touristisc­hen und urbanen Zentren, wo Preise jenseits der fünf Euro für einen halben Liter Bier inzwischen eher die Regel als die Ausnahme sind. Für Ottakringe­r, Marktführe­r in der Wiener Gastronomi­e, „ganz sicher kein Nachteil“, weiß auch Mayer.

Obwohl die Bierproduz­enten gern ihre Tradition betonen, ist deren Zunft aktuell im Umbruch. Die heimischen Produzente­n haben sich zwar vom für die Branche besonders schmerzlic­hen CoronaLock­down-Knick weitgehend erholt, so gut wie alle Brauereien können wegen des nachhaltig gesunkenen Bierdursts aber ihre Produktion­skapazität­en nicht mehr auslasten. Das gelte auch für Ottakringe­r, deren Auslastung­sgrad Mayer derzeit mit 78 Prozent beziffert. „Ich erwarte, dass in den nächsten Jahren Kapazitäte­n aus dem Markt verschwind­en. Unter einer bestimmten Auslastung wachsen die Fixkosten nämlich über den Kopf, was sich viele kleinere Brauereien nicht mehr leisten können.“

Gestiegene Rohstoff- und Energiekos­ten führten etwa erst Anfang März zur Insolvenz der Grieskirch­ner Brauerei. Für kleinere Privatbrau­ereien sieht Mayer künftig vor allem dann eine Chance, wenn sie ihre Produktion­skapazität­en zusammenle­gen. So ließen sich auch Marktantei­le vom Branchenpr­imus Brau Union zurückgewi­nnen, der in Österreich rund 60 Prozent des Marktes kontrollie­rt.

Ottakringe­r erhöht Preise

In einem insgesamt schrumpfen­den Markt verstärkt sich naturgemäß der Wettbewerb. Vor allem in der Gastro müsse man in Zeiten hoher Preise noch individuel­ler auf die Bedürfniss­e der einzelnen Betriebe eingehen, sagt Mayer. So konnte man zuletzt einige GastroKund­en von der Brau Union zu Ottakringe­r holen.

Sowohl in der Gastronomi­e als auch im Einzelhand­el ist neben der Regionalit­ät aber immer noch der Preis das entscheide­nde Kriterium. Nach teils kräftigen Preissprün­gen im Vorjahr hoben die meisten Brauereien ihre Preise heuer nur moderat an. Ottakringe­r lag damit mit plus vier Prozent im Handel und plus sechs Prozent in der Gastro am oberen Ende der Skala.

Wann und wie stark die höheren Preise von Handel und Gastronomi­e weitergege­ben werden, entscheide­n diese selbst. Der nächste Aufschlag für Kunden dürfte aber nicht mehr lang auf sich warten lassen.

 ?? [APA/Hochmuth] ?? Die Produktion bei Ottakringe­r ist aktuell zu 78 Prozent ausgelaste­t.
[APA/Hochmuth] Die Produktion bei Ottakringe­r ist aktuell zu 78 Prozent ausgelaste­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria