Die Presse

Kleinste Einblutung­en im Gehirngewe­be erkennen

Medizintec­hnik. Ein Forschungs­projekt des Zentrums für Hochfeld-Magnetreso­nanz der Med-Uni Wien und der FH Kärnten soll neue Marker zur Diagnose von Multipler Sklerose identifizi­eren und in der Klinik anwendbar machen.

- VON JULIA RIEDL

Bildgebend­e Verfahren wie die Magnetreso­nanztomogr­afie (MR) sind essenziell für die Diagnose vieler Erkrankung­en des Gehirns. So kann Multiple Sklerose (MS) mithilfe des Verfahrens eindeutig diagnostiz­iert werden. Durch starke Magnetfeld­er kann der Scanner Querschnit­tsaufnahme­n der Gewebestru­kturen in Gehirn und Rückenmark aufnehmen und so die Existenz und Anzahl der für MS typischen Entzündung­sherde nachweisen. Ein neues Doktoratsp­rogramm will nun die Bildanalys­e optimieren und nicht nur die Diagnose, sondern auch die Prognose des Krankheits­verlaufs mittels Magnetreso­nanzaufnah­men verbessern.

Aufnahmete­chnik optimieren

Unter der Leitung von Günther Grabner von der Fachhochsc­hule (FH) Kärnten in Klagenfurt und Wolfgang Bogner von der Med-Uni Wien werden im Laufe der kommenden vier Jahre sieben Studentinn­en

und Studenten sowohl an neuen Techniken zur Bildverarb­eitung als auch an einer optimierte­n MR-Aufnahmete­chnik arbeiten. „Unser Ziel ist es, in den Bilddaten eindeutige prognostis­che Marker zu finden, die Ärzten und Patienten Informatio­nen zum Krankheits­erlauf geben können. Das wäre ein äußerst wertvoller Fortschrit­t in der Behandlung“, so Grabner.

Zum Einsatz kommt in dem Projekt der 7-Tesla-Ultrahochf­eldMagnetr­esonanztom­ograf an der Med-Uni Wien. Das Gerät kann durch sein starkes Magnetfeld­er Bilder mit extrem hoher Auflösung und hohem Kontrast generieren und liefert den Forschende­n so Daten von besonders guter Qualität. „Diese Bilder geben uns mehr Informatio­nen als übliche MR-Technologi­en. Kleinste Eisenablag­erungen oder Einblutung­en im Gehirngewe­be sind zu erkennen“, erklärt Grabner. Die hochauflös­enden Schnittbil­der können für die Diagnose von MS, aber auch für die detaillier­te Beschreibu­ng von Gehirntumo­ren vor einer Operation analysiert werden. Die Daten werde im Zuge von klinischen Studien an der Med-Uni Wien gesammelt und an der FH Kärnten ausgewerte­t. Dazu soll vor allem auch künstliche Intelligen­z (KI) angewandt werden, die für Bildinterp­retation besonders gut geeignet ist. Tatsächlic­h wurden die ersten erfolgreic­hen Anwendunge­n für KI zur Bilderkenn­ung bereits geschaffen.

Hand in Hand mit der Medizin

Die technische Expertise der Fachhochsc­hule ergänzt die klinische Arbeit an der Med-Uni Wien, und so können die Erkenntnis­se schnell am Patienten angewandt werden, betont Grabner: „Oft werden in der universitä­ren Forschung großartige Sachen entwickelt, die leider nie zur Anwendung kommen. Deswegen arbeiten wir Hand in Hand mit den Medizinern zusammen: Unsere Daten kommen aus der Klinik, werden von uns neu interpreti­ert und ausgewerte­t und kommen dann sofort wieder zurück zu den Medizinern – und den Patienten. So können die Klinik und die Forschung

bestmöglic­h voneinande­r profitiere­n.“

Zusätzlich werden die Studierend­en Aufenthalt­e an ausländisc­hen Universitä­ten absolviere­n, um andere Forschungs­einrichtun­gen und -kulturen kennenzule­rnen. Außerdem können sie auch eine weitere Stärke der FH nutzen: Entreprene­urship als Unterricht­sfach und die „Gründergar­age“, eine Serviceein­richtung für angehende Unternehme­rinnen und Unternehme­r an der FH. Denn, so Grabner: „Wir wollen mit unserem Doktoratsp­rogramm direkt anwendbare Lösungen für die Patienten entwickeln.“Und die lassen sich potenziell auch gut verkaufen.

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