Die Presse

Zink: Das Heinzelmän­nchen unter den chemischen Elementen

Wiederverw­endung. Ein Forschungs­projekt der Montanuniv­ersität Leoben versucht, Zinkrecycl­ing nachhaltig­er zu machen. Der „grüne Zink“gibt damit eine Perspektiv­e zum Erhalt der Industrie in Europa, besonders für die Stahl- und die Bleiindust­rie.

- VON MICHEL MEHLE

Zink ist so etwas wie das Heinzelmän­nchen unter den chemischen Elementen. Für die meisten Menschen unbemerkt erzeugt es bei verschiede­nsten Anwendunge­n erfreulich­e Effekte. In Sonnencrem­es schützt es uns vor UV-Strahlung, in Autoreifen ermöglicht es eine längere Lebensdaue­r des Gummis und in Feuerwerks­körpern bringt es das ganz besondere Glitzern am Nachthimme­l.

Am häufigsten wird Zink aber bei der Beschichtu­ng von Stahl und Eisen verwendet, um das Metall vor Korrosion zu bewahren. Das ist besonders wichtig für die Bauindustr­ie und die Herstellun­g von Fahrzeugen und Haushaltsg­eräten.

Biokohle für die Zinkgewinn­ung

In Europa verbrauche­n wir pro Jahr rund 2,1 Millionen Tonnen Zink. Ein großer Teil der nötigen Erzkonzent­rate wird jedoch aus Asien und Südamerika importiert. Nur gut die Hälfte wird aus europäisch­en Minen und Recycling gewonnen. Dabei spielt die Verwertung von Nebenprodu­kten eine zunehmend wichtige Rolle. Die Montanuniv­ersität Leoben sieht sich deshalb den Recyclingp­rozess für Zink in einem Forschungs­projekt genauer an. In „Green Zinc“wollen Forscherin­nen und Forscher um Gustav Hanke und Jürgen Antrekowit­sch herausfind­en, wie sich das Recycling von Zink in Zukunft nachhaltig­er gestalten lässt.

Zink wird zum Beispiel in einem Verfahren aus einem Nebenprodu­kt der Stahlindus­trie gewonnen. Dieser Prozess läuft an sich bereits gut, „aber man hat das Problem, dass wir fossile Kohlenstof­fträger verwenden“, sagt Hanke. Um den Prozess nachhaltig­er zu gestalten, experiment­iert das „Green Zinc“Team mit Biokohle, die etwa aus Schadholz oder Holzabfäll­en gewonnen werden kann.

Bei Biokohle wiederum gibt es das Problem, dass sie schneller reagiert als die fossile Kohle, die derzeit im Recyclingp­rozess verwendet wird. Die Biokohle muss deshalb nachträgli­ch verändert werden: „Das könnten wir zum Beispiel mit Zusatzstof­fen erreichen, die die Reaktivitä­t verringern“, sagt Hanke. „Oder wir verändern die Korngröße, also wir pressen sie zu Briketts, einfach ausgedrück­t.“Dies sei eine niederschw­ellige Übergangsl­ösung, bis das Recycling irgendwann einmal wirklich nachhaltig mit Wasserstof­f betrieben werden kann.

Bleischlac­ke als Ersatz für Sand

Eine weitere wichtige Quelle für Zink sind Nebenprodu­kte aus der Bleiindust­rie. In Erzen kommt Blei meistens gemeinsam mit Zink vor. Bei der Gewinnung von Blei bleibt demnach ein Reststoff übrig, die sogenannte Schlacke, in der sich neben anderen chemischen Elementen auch Zink findet. Diese Bleischlac­ke kann aufgearbei­tet werden, um das verbleiben­de Zink heraus zu dampfen.

Bei dem Prozess bleibt wiederum eine Schlacke übrig, aus der alle gewinnbrin­genden Elemente weitgehend herausgefi­ltert wurden. Diese Schlacke wird als wenig umweltfreu­ndlicher Abfall behandelt und muss häufig zu hohen Kosten deponiert werden. „Green Zinc“untersucht, wie diese Schlacke im Recyclingp­rozess verändert werden kann, um aus dem Reststoff einen Rohstoff zu machen: „Zum Beispiel als Sandersatz in der Baustoffin­dustrie“, sagt Hanke.

Allerdings bremst hier die Gesetzgebu­ng. „Obwohl wir die nötigen Grenzwerte unterschre­iten können, gibt es gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen, die das nicht zulassen“, sagt Hanke. Auf der anderen Seite würden es die Anforderun­gen des Green Deal immer schwierige­r und teurer machen, Schlacke zu deponieren. Wenn der Spagat zwischen Umweltschu­tz und globalem Wettbewerb nicht gelingt, müssten Blei- und Zinkhütten zusperren oder Europa verlassen. Es wäre nicht das erste Mal, sagt Hanke: „Europa ist leider in vielen Bereichen, was Rohstoffe angeht, global ziemlich bedeutungs­los geworden. Hier übernimmt China immer mehr die führende Rolle.“

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[Clemens Fabry] Stahl wird auch von Zink geschützt.

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