Die Maas: Schon früh suchte man ihre Ufer
Maastricht in den Niederlanden kennt man. Aber den namensgebenden Fluss? Dazu braucht’s einen kurzen Kulturtrip ins Tal der Maas.
Nicht die Ecke, in die Reisende aus Österreich so oft kommen. Doch der wallonische Abschnitt der Maas in Belgien ist ein Geheimtipp. Südlich der Provinzhauptstadt Namur, in Richtung französischer Grenze, erstreckt sich eine überraschend abwechslungsreiche Kulturregion. Hügelig, bisweilen steil ansteigend ist diese Landschaft an den Ufern des mehr als 870 Kilometer langen Flusses, der in Frankreich entspringt, die Ardennen durchquert und sich bei Rotterdam in das Gewässersystem des Rheins einfügt.
Im Mittelalter bot das Tal der Maas reichen Adelsfamilien ein ideales Rückzugsgebiet. Die Abgeschiedenheit schätzten auch Vertreter der Kirche, die Klöster erbauten. In der Folge siedelten sich Handwerker und Kaufleute in den Bauerndörfern an. Die Maas diente ihnen als wichtigste Lebensader. Eine lange Geschichte erzählen die zahlreichen Burgen und Schlösser, Parks und Kirchen, ebenso die alten Weiler.
Viel Historisches ist heute noch in privater Hand. Tradition gilt hier einiges. Doch werden fast überall Einblicke in die eigenen Besitztümer gewährt, nicht zuletzt deshalb, weil man Eintrittsgelder gut gebrauchen kann, denn der Erhalt der Anlagen ist kostspielig. Château Veves ist eigentlich eine Burg, eine der vielen hier. Von Weitem sieht der Bau, dessen erste Steine vor 1400 Jahren gelegt wurden, aus wie im Bilderbuch. Mit ihren fünf Türmen beherrscht die wehrhafte Anlage gleich zwei Täler.
Wo das Saxofon herkommt
Schon früh ist das Bürgertum mit dem Adel an der Maas in Konkurrenz getreten. Ein prächtiges Beispiel dafür ist der Wassergarten von Schloss Annevoie, in dem ein Fabrikbesitzer in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts italienische, französische und englische Einflüsse verschmelzen ließ. Auch das Schloss Freyr in Hastière, das direkt am Ufer der Maas liegt, ist ein Beleg für den Reichtum und die Repräsentationslust der hier ansässigen Familien. Das Gebäude im Stil der Renaissance birgt Kunst mit bewegter Geschichte. Lauschig ist die große Parkanlage rundherum mit vielen Orangenbäumen.
Wer durch die nahe Kleinstadt Dinant spaziert, spürt aber, dass die Zeit nicht stehengeblieben ist. Im mittelalterlich anmutenden Stadtkern, der sich zwischen Felsen und Fluss zwängt, buhlen Lokale und Geschäfte mit Kunstschmiedearbeiten, sogenannten Dinanderien, um die Gunst der Gäste. Auf dem breiten Fluss liefern sich die weißen Ausflugsboote Wettrennen mit behäbigen Frachtkähnen, während eine Seilbahn in Richtung der stattlichen Zitadelle oberhalb Dinants entschwebt. Ein Abstecher hierher ist nicht komplett ohne einen Besuch im Maison de Monsieur Sax, dem Geburtshaus des Saxofon-Erfinders Adolphe Sax.
Wo Reichtum und Macht zu Hause waren, ließ es sich nicht immer in Ruhe leben. Davon künden die gewaltigen Überreste der Festungsanlagen von Crèvecoeur und Poilvache – schöne Wanderziele an den Abhängen der Maas.
Klöster und Kulinarik
Der tragischen Vergangenheit vor allem im Ersten und Zweiten Weltkrieg zum Trotz scheint die Maas heute in fast heiterer Stimmung vorbeizufließen. Überhaupt haftet dem Landstrich etwas Lebensfrohes an, was sich nicht zuletzt an Kulinarik und Braukunst festmachen lässt. Die Mönche von Maredsous etwa zeigen ihr Können beim Bier wie Käse. An guten Lokalen ist kein Mangel. Als passende Kulisse, auch für einen längeren Aufenthalt, empfehlen sich zwei der schönsten Dörfer der Wallonie, Celles und Crupet, beide ausgezeichnet für ihre Ursprünglichkeit.