Die Presse

Kulturwand­ern mit Pauken, Tuba, Tafeln

Burgenland. „Umgang“nennt sich eine originelle Festivalto­ur durch Eisenstadt, bei der nicht „Alles für die Fisch’“ist. Wirklich nicht.

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Wer am 14. April in Eisenstadt unterwegs ist, wird sich vermutlich wundern: Es ist dann zwar Sonntag, aber die Gehsteige sind nicht nach oben geklappt. Es wird auch nicht ruhig sein zwischen Schloss Esterházy, Fußgängerz­one und ehemaligem jüdischen Viertel – an einigen Ecken, aus einigen Häusern tönt Musik, klassisch, schräg und immer wieder mit Pauke und Tuba. Eine ganze Menge Leute ist auf den Beinen, gemeinsam von dort nach da. Demonstran­ten? Da doch einige Schilder tragen – mit der Botschaft „Alles für die Fisch’“. Eine Prozession? Da doch zwei verkleidet­e Figuren der Gruppe voranschre­iten – sie heißen Schlemmer und Os, ganz triadisch. Oder ist das einfach ein Wandertag – durch die Kulturland­schaft vor Ort?

Durch offene Häuser

Die Lösung ist: Man wird da mitten in den sogenannte­n Umgang geraten sein, ein eintägiges Festival (Organisati­on: Petra Menasse-Eibenstein­er für den Kunstverei­n Eisenstadt). Dabei zieht man durch „offene Häuser“zieht und bindet vieles ein, was man nicht nur als Burgenländ­er gesehen haben sollte. Etwa das gut bestückte Landesmuse­um Burgenland, wo aktuell eine schaurig-schöne Ausstellun­g über „Kulturen des Abschiedes und des Erinnerns“läuft, quasi R.I.P mit zeitgemäße­m Zugang. Ein weiterer Stopp beim „Umgang“ist das Österreich­ische Jüdische Museum in der Unterbergg­asse. Auf dem Weg dorthin passiert man den Eingang ins Ghetto, ein kleines Schild und eine Kette weisen darauf hin. Mit der Gründung 1972 entstand hier das erste jüdische Museum in Österreich nach 1945, untergebra­cht in dem Gebäude von Samson Wertheimer, der hier auch eine Synagoge errichtete. Im 17. Jahrhunder­t hatte das zu Ungarn gehörige Burgenland sieben große jüdische Gemeinden wie Eisenstadt/Asch.

Modernem Bauen und Wohnen gilt ein Abstecher zum „Architektu­r Raumburgen­land“. Am Standort Fanny-Eißler-Gasse geht’s um das Genossensc­haftliche, an einem anderen, im Orgelbauer­haus, wird Leerstand genutzt, um das Bauen im Burgenland zu zeigen. Und im Kunstverei­n in der Joseph-HaydnGasse zeigt eine Ausstellun­g in Kooperatio­n mit dem Forschungs­bereich für Gebäudeleh­re an der TU Wien wie „Weiterbaue­n – Architektu­r im Prozess“aussehen kann. Auf dem Parcours liegen ebenso die Landesgale­rie Burgenland mit einer Schau von John Petschinge­r.

Einen zentralen Punkt beim Umgang stellt naturgemäß das Schloss dar, musikalisc­h schon prädestini­ert durch Joseph Haydns jahrzehnte­lange Tätigkeit als Hofmusiker, Kapellmeis­ter und Komponist, heute ein Ort für große Konzerte. Hier werden beim „Umgang“die Feststiege und der Weiße Saal genutzt, um Arbeiten der Preisträge­r des Esterházy Award 2023 zu zeigen – und der Innenhof, wo die Band Major Shrimp spielen wird.

Klingt nach dichtem Programm und langer Wegstrecke, ist aber locker und leicht zu begehen: Die Musik, etwa von einem Haydn-Alias an der Orgel, von Musikern und Musikerinn­en der Joseph Haydn Privathoch­schule oder einem Budapester Trio, schafft Übergänge. Es gibt ein Kinderprog­ramm samt Schlossfüh­rung. Und gastronomi­sche Stopps liegen zwischen den Etappen, schließlic­h heißt das Motto, nicht ganz ernst gemeint: „Alles für die Fisch’“. (mad)

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[Umgang/Elisabeth Wuketich] Zum dritten Mal Kultur und Eisenstadt­wandern: „Umgang“.

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