Grün schlafen und grün investieren
ESG-konforme Hotels gewinnen bei Urlaubern und Investoren an Bedeutung. Das stellt die Branche vor die Herausforderung, ökologische und ökonomische Ziele zu vereinen.
Nachhaltigkeit spielt heutzutage in vielen Branchen eine entscheidende Rolle, die Hotellerie ist hier keine Ausnahme. Nicht nur Investoren und Kreditgeber fordern von Hotels zunehmend eine überzeugende Nachhaltigkeitsstrategie, auch Hotelgäste legen immer mehr Wert auf umweltbewusste Unterkünfte. Zudem zwingt der Mangel an Personal die Hotelbranche dazu, höhere Löhne zu zahlen, und auch die steigenden Energiepreise machen eine effiziente Nutzung unerlässlich.
Die von vielen Unternehmen angestrebten ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) werden daher zu einer zentralen Grundlage für die Finanzierbarkeit und Attraktivität von Investitionen. Trotz der Herausforderungen des Marktes, wie beispielweise dem aktuellen Zinsumfeld, restriktiven Kreditvergaben und der generell limitierten Verfügbarkeit von Krediten für Projekte, betont Benjamin Ploppa, Hotelexperte bei Christie & Co, die Bedeutung der auf „grüne Immobilien“konzentrierten aktuellen und künftigen Investitionen.
Derzeit sehen sich Hotelinvestoren mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, insbesondere mit der zunehmenden Erwartung einer raschen Umsetzung von Maßnahmen der Dekarbonisierung für ihre Immobilien. Diese Entwicklung geht einher mit der Spezifizierung der Berichtspflichten durch die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) der Europäischen Union.
Schon im Jahr 2020 prognostizierte der Berater PwC im Rahmen einer Studie, dass bis 2025 bereits 57 Prozent aller Vermögenswerte zu ESG-konformen Fonds gehören würden. Die Investoren fordern daher zunehmend, dass Unternehmen in Sachen Klimaschutz und weiteren Nachhaltigkeitsthemen sichtbar aktiv werden, meint Nadja Picard, Global Reporting Leader bei PwC. Die CO2-Bilanzierung zähle aufgrund dessen als eines der wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien im Bereich des ImmobilienReportings.
Reportings und Scorings
Dennoch können Hotels, bei denen schon beim Bau auf Nachhaltigkeit geachtet wurde, durch Bauzertifizierungen durchaus Green-Finance-kompatibel sein, heißt es in einer Studie der Aareal Bank. Aus operativer Sicht könnten Hotels davon profitieren, dass ein einzelner Betreiber die Emissionen und Verbrauchsmuster des Gebäudes gezielter kontrollieren kann als viele verschiedene Büro- oder Einzelhandelsmieter. Hotelimmobilien sind nach Auffassung der Bank genau so gut für Finanzierungen geeignet wie ihre klassischen Pendants im allgemeinen Immobiliensektor. Angesichts des operativen Charakters des Hotelgeschäfts seien lediglich andere Überlegungen dahingehend nötig, wie sich dieses „grüne Label“verdienen lasse.
Vor diesem Hintergrund erlangen ESG-Reportings und -Scorings einen hohen Stellenwert, denn sie bieten die Möglichkeit, die dementsprechende Performance von Hotelimmobilien objektiv zu bewerten und zu vergleichen. Auf einer
Hotelkonferenz in Frankfurt im vergangenen Jahr waren sich die Experten einig: ESG gehört in den kommenden Jahren zu jeder Ankaufs-und Verkaufskomponente.
Bei größeren Portfolios – und hier insbesondere bei Bestandsimmobilien – stellt dies jedoch eine Herkulesaufgabe dar, bemerkt Frank Hildwein, Head of Hotel Acquisitions and Sales, Deka Immobilien Investments. Denn hier gebe es einen Zielkonflikt zwischen Rendite und Klimawandel. Ploppa ist sich jedoch sicher, dass Hotelimmobilien ohne nachhaltige Baumaßnahmen sowie die zugehörige Dokumentation in absehbarer Zeit nicht mehr verkäuflich sein werden. ESG steige damit zu einem der wichtigsten Investitionsfaktoren auf, das gelte auch für Banken als Finanzierer.
Beispiele für ESG-Strategie
Ein Beispiel, wie Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft in den Fokus der Unternehmens strategie rücken können, ist B&B Hotels. Die Hotelgruppe hat eine ESG-Strategie erarbeitet, die fortan die Basis des Handelns bilden soll. So wurde etwa das neue Hotel in Guimarães in Portugal als hybride Holz-BetonKonstruktion gebaut, die Hälfte der im Hotel eingesetzten Materialien ist am Ende des Lebenszyklus wiederverwendbar.
In Zusammenarbeit mit Socotec hat B&B Hotels zudem ein Nachhaltigkeitszertifizierungssystem speziell für das Gastgewerbe entwickelt. Erst kürzlich attestierte das Institut Greensign außerdem der großenHo st elketteA&O Venedig ein vorbildliches N ach haltigkeits konzept. Maßnahmen sind unter anderem die Vermeidung von Plastik und die Verwendung von Lebensmitteln lokaler und regionaler Erzeuger. Neuerdings verwerten Komposter auf dem Dach des Hauses organische Abfälle vom Frühstück und Abendessen, die zu Dünger für die Pflanzen im Hostel werden.
Heutige und künftige Investments beschränken sich vorrangig auf ESG-konforme Hotels.
Benjamin Ploppa Christie & Co