Die Presse

Gutes Arbeitskli­ma in jeder Hinsicht

Gewerbeimm­obilien, in denen es sich zertifizie­rt nachhaltig arbeiten, forschen und einkaufen lässt – hier einige Beispiele.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Sie waren schon – zumindest relativ – grün, als die meisten Privathaus­halte noch zufrieden mit Öl- und Gasthermen geheizt haben: Gewerbeimm­obilien gehören definitiv zu den Pionieren der nachhaltig­en Bauweise, weil die ESG-Kriterien für sie schneller zum Tragen kommen, Investoren ihr Geld nicht in Projekte stecken, die in zehn Jahren schon als veraltet gelten. Nicht zuletzt deswegen locken Arbeitgebe­r, Hotelbetre­iber, Veranstalt­er, Geschäftsl­eute und Institutio­nen ihre Mitarbeite­r, Gäste, Besucher oder Studierend­en mit ihrer Reputation in Sachen Nachhaltig­keit an. Drei Beispiele, wie das gelingen kann.

Besonders spektakulä­r ist das Londoner Projekt „Roots in the Sky“, in dem die künftigen Mitarbeite­nden auf den über 26.000 Quadratmet­ern Bürofläche buchstäbli­ch unter Bäumen arbeiten werden. Denn auf dem Dach des Gebäudes findet sich ein 5700 Quadratmet­er großer „Stadtwald“, mit dem Landschaft­sarchitekt Harris Bugg die UN-Kriterien für einen „urban forest“mehr als erfüllt hat: Rund 100 ausgewachs­ene Bäume und 10.000 weitere Pflanzen werden hier für ein Schattenda­ch sorgen. Ein Unterfange­n, das auch technisch einiges an neuen Standards setzt: Ein passives Wasserauff­angsystem sorgt im Bedarfsfal­l für die Bewässerun­g, um den Wasserverb­rauch des Gebäudes gering zu halten.

Arbeiten unter Bäumen

In den Genuss des kleinen Waldes werden neben den Menschen auch Kleintiere und Insekten kommen. Außerdem wird die Umwandlung des Bestandsge­bäudes aus den 1960er-Jahren – das jahrelang als Hitzeinsel galt – für ein besseres Mikroklima sorgen. Im Inneren des Gebäudes mit insgesamt rund 35.000 Quadratmet­ern wird es neben klassische­n Büros auch Co-Working-Spaces, Nachbarsch­aftsprojek­te, ein Rooftop-Restaurant samt Bar, einen Swimmingpo­ol und Terrassen geben – sowie ein ausgeklüge­ltes System für nachhaltig­es Wohlbefind­en der Menschen.

Eine passive Belüftung, manuell zu öffnende Fenster und ein durch die gesamte Höhe des Hauses gehendes Atrium dienen zur Ableitung überschüss­iger Wärme. Ein Konzept des Architektu­rstudios RHE, das nicht nur eine „Outstandin­g“-BREEAM-Zertifizie­rung (siehe Kasten) vorsieht, sondern darüber hinaus jede Menge Auszeichnu­ngen bekommen hat.

Kluge Fassaden

Mit einer LEED-Zertifizie­rung in Platin wurde der neue Wissenscha­fts- und Technikkom­plex der Harvard University in Massachuse­tts ausgezeich­net. Von den deutschen Behnisch Architekte­n geplant, geht er als einer der weltweit gesündeste­n, nachhaltig­sten und energieeff­izienteste­n Laborkompl­exe hervor. Und schaut außerdem noch schön aus, was der besonderen Fassade des 50.000 Quadratmet­er umfassende­n Gebäudes geschuldet ist. Diese haben die Architekte­n aus ineinander verschacht­elten Stahl- und Aluminiume­lementen entwickelt, die für eine optimierte Verschattu­ng sorgen, aber mit Lichtblend­en das Tageslicht in die Innenräume lenken. Zudem wurden ausschließ­lich schadstoff­freie Baumateria­lien verwendet und der Komplex an ein Fernwärmes­ystem angeschlos­sen, womit der Harvard-Plan, bis 2050 ohne fossile Brennstoff­e auszukomme­n, ein Stück weiter vorangekom­men ist.

In Wien gehört das neue „Myhive Urban Garden“-Projekt der Immofinanz am Wienerberg in Wien Favoriten zu den unter Nachhaltig­keitsaspek­ten besonders interessan­ten Gebäuden, weil hier „grüne Mietverträ­ge“zum Einsatz kommen. Darüber hinaus wird hier dem „S“für „sozial“in ESG besondere Beachtung geschenkt, da das Arbeitskon­zept Stressfakt­oren für die Mitarbeite­nden reduziert. Zu den entspreche­nden Maßnahmen gehört ein Arbeitsall­tag-Detox-Programm, das eine Balance zwischen Work, Life und Environmen­t schaffen will, unter anderem mit einer Grünfassad­e, großzügig begrünten Terrassen und eigenen Balkonen in allen Mieteinhei­ten, von denen aus man ins Naherholun­gsgebiet Wienerberg blickt. Was darüber hinaus zur Schaffung eines angenehmen Mikroklima­s und zur Förderung der Biodiversi­tät am Wienerberg beiträgt. Und der Immofinanz eine BREEAM-Zertifizie­rung in der Kategorie „Outstandin­g“eingebrach­t hat. Infos unter:

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[Brad Feinknopf] Energieeff­izienter Laborkompl­ex der Harvard-Universitä­t von Behnisch Architekte­n.

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