Die Presse

USA ziehen in Bosnien Daumenschr­auben an

Strafmaßna­hmen. Politiker, die auf der US-Sanktionsl­iste stehen, verlieren ihre bosnischen Bankkonten.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Sarajewo. Zumindest vor wenigen Wochen empfand der bosnisch-serbische Würdenträg­er Branislav Okuka die Verbannung auf die Schwarze Liste des US-Finanzmini­steriums noch als Ritterschl­ag. Er fühle sich „geehrt“, als Organisato­r der Feierlichk­eiten zu dem für verfassung­swidrig erklärten „Nationalfe­iertag“der Republika Srpska von den USA „sanktionie­rt“worden zu sein, versichert­e er Mitte März höhnisch. Okuka ist einflussre­icher Berater von Milorad Dodik, dem Präsidente­n der Republika Srpska, dem zweiten Landesteil in Bosnien und Herzegowin­a.

Bosniens Banken geraten unter Druck

Das Einfrieren aller Besitztüme­r in den USA und ein US-Einreiseve­rbot sind die direkten Folgen für die rund 40 bosnischen der weltweit über 1000 Personen und Firmen, die sich auf der Sanktionsl­iste des sogenannte­n Amts zur Kontrolle ausländisc­her Besitztüme­r (OFAC) befinden. Doch über 20 Jahre lang schienen sich in Bosnien und Herzegowin­a

die betroffene­n Politiker und Funktionär­e an den für sie weitgehend folgenlose­n US-Sanktionen kaum zu stören.

Doch wie Okuka bläst den Betroffene­n in Bosnien seit Kurzem über alle ethnischen Grenzen hinweg ein rauherer Wind entgegen. Der Grund: Dank des im Februar auf Druck der EU von Sarajewo verabschie­deten Gesetzes zur Vermeidung von Geldwäsche können die USA auch bosnische Banken dazu zwingen, Konten von Personen, Firmen und Organisati­onen auf der US-Sanktionsl­iste aufzulösen. Bei einer Sarajewo-Visite Anfang März verdeutlic­hte die US-Staatssekr­etärin Anna Morris den Vertretern der bosnischen Finanzinst­itutionen, dass der US-Sanktionss­trahl nun auch die Banken selbst treffen könnte, falls sie weiter sanktionie­rte Personen und Institutio­nen zu ihren Kunden zählten: Die in den vergangene­n beiden Wochen vermehrten Kontenaufl­ösungen der verschreck­ten Banken machen den Betroffene­n zunehmend zu schaffen.

Er habe noch nie mit Bankkarten bezahlt, sondern immer „etwas Bargeld in der Tasche“, verkündet Dodik trotzig. Der Präsident der Republika ist schon seit Jahren mit USSanktion­en

belegt. Doch nicht nur Politiker, deren Firmen und Beschäftig­te, sondern auch Parteien sind von den Kontoauflö­sungen betroffen. „Die Banken löschen die Konten aller, die unter US-Sanktionen stehen“, titelt aufgeregt der „Euro Blic“in Banja Luka.

„Sind wir eine US-Kolonie?“

Wie solle er seine Firma ohne Konto führen, „ich kann doch nicht in bar bezahlen“, klagt der Unternehme­r und Politiker Savo Cvijetinov­ić in Bijeljina in der Republika Srpska. Er ist wegen des laut Washington illegalen Exports ukrainisch­er Helikopter­motoren nach Russland auf die US-Sanktionsl­iste gerutscht. Er habe nie „irgendein Papier von der USBotschaf­t“über die Strafmaßna­hmen erhalten, jammert er gegenüber Radio Free Europe: „Was sind wir jetzt – eine US-Kolonie?“

Als „grobe Verletzung“seiner Menschenre­chte bezeichnet der wegen Verfassung­sverstößen sanktionie­rte kroatischs­tämmige Parlamenta­rier Marinko Čavara (HDZ) die ihm nun verwehrte Möglichkei­t, seine Bezüge überwiesen zu bekommen: Die Barauszahl­ung des Salärs von Amtsinhabe­rn ist laut Bosniens Finanzmini­sterium nicht möglich.

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