Was tun, wenn man plötzlich zwei Aktienpositionen hat?
Nach einem Spin-off, also der Abspaltung einer Unternehmenstochter, dauert es mitunter eine Weile, bis sich ein klarer Preistrend abzeichnet.
Aktionäre von General Electric und 3M haben seit Kurzem je eine neue Position auf dem Depot (oder sie wird ihnen erst gutgeschrieben): General Electric hat seine Energiesparte unter dem Namen GE Vernova abgespalten, 3M seine Gesundheitssparte Solventum. Oft heißt es im Zuge einer Abspaltung, im Börsenjargon Spin-off genannt, die neuen Positionen wären den Aktionären „geschenkt“worden. Doch das stimmt nicht, denn sie haben ihnen bereits vorher gehört, nur waren sie da noch Teil der Muttergesellschaft.
Häufig ist die abgespaltene Position vergleichsweise klein, was viele Anleger stört. Sie ziehen es vor, aufzustocken oder zu verkaufen. Doch was ist ratsamer? Vergleicht man einschlägige Indizes mit dem S&P 500, kommt man zu keinem eindeutigen Schluss. Der Bloomberg US Spin-off Index übertraf den Gesamtmarkt in den vergangenen Jahren, der etwas anders zusammengesetzte S&P US Spin-off Index tat das nicht.
Im Übrigen ist die Spreizung groß: So ist Constellation Energy, eine im Februar 2022 von Exelon abgespaltene und auf erneuerbare Energien spezialisierte Firma, seit damals fast kontinuierlich gestiegen und hat sich inzwischen vervierfacht. Heuer gibt es schon wieder ein Plus von 57 Prozent.
Meist läuft es aber nicht so glatt. Spin-offs sind anders als Börsengänge. Bei Börsengängen versuchen die begleitenden Investmentbanken bereits im Vorfeld zu eruieren, welchen Preis die Investoren wohl akzeptieren, und im Zuge des Bookbuilding-Verfahrens kommt es dann noch einmal zu einem Feinschliff. Wenn die Aktie erstmals an der Börse gehandelt wird, gibt es bereits eine Art Richtwert. Bei Spinoffs gibt es all das nicht, weswegen die
Preisfindung am Anfang mitunter erratisch verläuft. Manchmal stürzt das Papier in den ersten Tagen regelrecht ab, um sich danach zu erholen – oder umgekehrt.
Als das Medizintechnikunternehmen Enovis im April 2022 seine Tochter Esab, einen Hersteller von Schweiß- und Schneidgeräten, abspaltete, rutschte die Esab-Aktie bis Oktober um ein Drittel ab. Erst dann erfing sie sich, kletterte über den Ausgabepreis und liegt allein heuer 28 Prozent im Plus.
Ähnlich erging es WK Kellogg, der im September des Vorjahres abgetrennten ZerealienTochter der Lebensmittelkonzerns Kellogg. Das Papier gab binnen weniger Wochen um ein Drittel nach, um sich dann zu erholen. Inzwischen kostet es mehr als bei der Abspaltung, heuer beläuft sich das Plus auf 47 Prozent. Kyndryl, die IT-InfrastrukturTochter von IBM, rutschte nach dem
Börsengang im November 2021 ebenfalls ab und sollte erst ein Jahr danach ein Tief erreichen. Seitdem geht es aber rasant bergauf. Ein paar Monate abzuwarten und dann aufzustocken, wäre in all diesen Fällen die beste Strategie gewesen.
Doch es geht auch umgekehrt: Als das Modeunternehmen L Brands im Juli 2021 seine Dessous-Tochter Victoria’s Secret an die Börse brachte, schnellte die Aktie binnen kurzer Zeit um 77 Prozent in die Höhe. Wer da von Angst erfasst wurde, etwas zu versäumen, war zu früh dran. Die Aktie stürzte ab und kostete zuletzt weniger als die Hälfte des Preises, den man unmittelbar nach der Abspaltung erhalten hatte.
Abwarten wäre auch hier nicht die schlechteste Strategie gewesen: Mehr als ein Jahr lang hatten Anleger, die von Anfang an dabei waren, die Chance, im Plus auszusteigen.
Als das Modeunternehmen L Brands im Juli 2021 seine Dessous-Tochter Victoria’s Secret an die Börse brachte, schnellte die Aktie binnen kurzer Zeit um 77 Prozent in die Höhe. Doch dann stürzte sie tief ab.