Eine Achterbahnfahrt mit Donald Trump
USA. Seit zwei Wochen notiert Truth Social an der Börse, die Kursschwankungen sind enorm. Für den herkömmlichen Anleger ist die Aktie nichts. Auch auf einen Kursverlust des Papiers zu wetten, ist wohl keine gute Idee.
New York. Von turbulenten zwei Wochen für die Aktie der „Trump Media & Technology Group“zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Seit dem Börsengang des Unternehmens, das die von Donald Trump gegründete Social-Media-Plattform Truth Social betreibt, sind zweistellige Tagesgewinne und -verluste die Norm. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es so weitergeht, wobei das Potenzial nach unten größer als jenes nach oben zu sein scheint. So wie einst bei Gamestop oder AMC sollten Anleger wissen, dass sie sich auf eine Achterbahnfahrt begeben – ohne Sicherheitsgurt.
Aus der Taufe gehoben wurde die Aktie mit dem Ticker DJT im März, nachdem die Aufsicht SEC der Verschmelzung eines Börsenmantels namens Digital World Acquisition Corporation (DWAC) mit Trumps Medienfirma grünes Licht gegeben hatte. Bei der DWAC handelte es sich um eine sogenannte Special Purpose Acquisition Company (SPAC). Ein solches Unternehmen geht mit dem Ziel an die Börse, sich mit einer anderen Firma zu verschmelzen. Das erspart dem zweiten Unternehmen Papierkram und Zeit, es bringt aber auch Unsicherheit für Investoren mit sich, weil der rigorose Prozess der Aufsicht für ein „Listing“an der Börse teilweise umgangen wird.
Unter gewissen Voraussetzungen kann dieser grundsätzlich völlig legitime Prozess durchaus Sinn machen, um unnötige Bürokratie zu vermeiden und den Gang an die Börse zu beschleunigen. Ein typischer Kleinanleger sollte trotzdem Vorsicht walten lassen, weil die Vorschriften
der SEC eben auch dem Schutz der Investoren dienen und prinzipiell durchaus Sinn haben. Ein Investment in einen Einzeltitel ist im Vergleich zum Kauf eines Indexfonds auf den Gesamtmarkt stets ein hohes Risiko, das im Falle eines SPACs nochmals ansteigt.
Politisches Projekt
Bei der Aktie von Trumps Truth Social kommt die Tatsache hinzu, dass es sich um ein politisches Projekt handelt. Der Ex-Präsident gründete die Plattform als Gegenpol zum damaligen Twitter, dem Trump wie viele andere eine linkslastige Voreingenommenheit unterstellte. Mittlerweile ist aus Twitter X geworden und Elon Musk hat es sich zum Ziel gemacht, der früheren Linkslastigkeit der Plattform den Kampf anzusagen. Aus X wurde in gewisser Weise ein Konkurrenzprodukt zu Truth Social, wobei es Musks Plattform im Monat auf 550 Millionen Besucher bringt und Trumps Truth Social gerade einmal auf fünf Millionen. Die Analysten sind sich einig, dass Truth Social bislang kein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen kann. Seit seiner Gründung 2021 erzielte die Firma einen Umsatz von etwa fünf Millionen und einen Verlust von 40 Millionen Dollar.
Das könnte sich natürlich ändern, auch andere Technologieunternehmen waren zu Beginn hochdefizitär, ehe sich der Erfolg einstellte. Klar ist, dass der Kursanstieg Ende März nur wenig mit den Geaussichten schäftsaussichten der Firma zu tun hatte. In drei Handelstagen stieg der Wert der Aktie von 36 Dollar auf mehr als 70 Dollar an. Der Onlinebroker Public verwies darauf, dass die Käufer zum größten Teil aus den Staaten Idaho, Wyoming, South Dakota, Oklahoma und Florida stammten – allesamt Staaten, in denen Trump klar vor Joe Biden liegt. Als Folge stieg der Börsenwert von Truth Social auf mehr als neun Milliarden Dollar. Trump hält etwa 60 Prozent an der Firma, sein Vermögen erhöhte sich zwischenzeitlich um fünf Milliarden Dollar.
Mittlerweile hat sich der Kurs wieder auf Talfahrt begeben, zu Beginn der Vorwoche verlor das Papier mehr als 20 Prozent. Wer den Kursrückgang nun zum Kauf nutzen will, darf sich bewusst sein, dass zweistellige Ausreißer wohl regelmäßig passieren werden.
Wer weiß: Sollte Trump tatsächlich die Präsidentschaftswahl gewinnen und gelingt es Truth Social, die Zahl der User massiv zu steigern, sind auch Gewinne nicht ausgeschlossen. Dabei handelt es sich jedoch um eine Risikowette und nicht um eine vernünftige Geldanlage.
Fundamentaldaten Nebensache
Eine Gefahr, auf die immer wieder verwiesen wird, ist die Möglichkeit, dass Trump seinen Anteil frühzeitig verkauft, um seine Gerichtsstrafen oder seinen Wahlkampf zu finanzieren. Theoretisch ist der ExPräsident an eine sechsmonatige Haltefrist gebunden, diese kann jedoch vom Vorstand, in dem unter anderem sein Sohn sitzt, aufgehoben werden. Präsidentschaftskandidaten können in den USA im Prinzip unbegrenzt eigene Geldmittel in den Wahlkampf investieren. Darauf angesprochen sagte Trump im März: „Mal schauen, es gibt auf jeden Fall die Option.“
Grundsätzlich handelt es sich bei Truth Social ebenso wie einst bei Gamestop und AMC um eine sogenannte „Meme-Aktie“. Deren Kurs hängt mehr von Kommentaren in Onlineforen und anderen Faktoren ab als von den Fundamentaldaten. Anfang 2021 stieg das Papier des Computerspiel-Verkäufers Gamestop von einem einstelligen Wert auf mehr als 80 Dollar an, ein ähnliches Spiel ereignete sich beim kurz vor dem Konkurs stehenden Kinobetreiber AMC. Damit lösten die Kleinanleger, die sich im Internet abstimmten, einen „short squeeze“aus.
Davon spricht man, wenn Leerverkäufer, die auf fallende Kurse wetten, plötzlich Aktien kaufen müssen, um ihrer Verpflichtung, das Papier zu liefern, nachzukommen. Das ist freilich auch bei Truth Social nicht ausgeschlossen. Die Wetten auf fallende Kurse gehen durch die Decke, laut den Finanzanalysten von S3 Partners beträgt das Volumen mehr als zehn Prozent aller ausstehenden Aktien. Zum Vergleich: Selbst bei Tesla, einer Aktie, die überdurchschnittlich oft leer verkauft wird, liegt der Vergleichswert bei nur drei Prozent. Soll heißen: Ein Leerverkauf von Truth Social ist sehr teuer und mit großem Risiko verbunden. Kleinanleger dürfen von Leerverkäufen generell die Finger lassen, in diesem Fall jedoch ganz besonders.