Antizyklische Betrachtungen zur Bejagung von Feldhasen
Werden 100 Hasen erlegt, kann sich der Bleieintrag in die Umwelt auf 10 kg summieren. Von anderen Tieren aufgenommen, verursacht dies einen langsamen Vergiftungstod.
Weil das Abfeiern des Feldhasen zu Ostern den Blick verstellt, berichte ich hier – bewusst mit Verspätung – über die Not des Tieres hinter dem Schokosymbol des höchsten christlichen Festes. Mehr als andere Arten versinnbildlicht der Hase die Gefährdung der Natur durch ein zu intensives Wirtschaften. Dem ceterum censeo des Wildbiologen Klaus Hackländer ist zuzustimmen: Um nicht auszusterben, braucht der Hase verkrautete Feldraine und Brachen als Quelle für ungesättigte Fettsäuren zum Aufbau seiner rekordverdächtig sprintstarken Muskeln. Wie viele andere aussterbende Bewohner offener Landschaften auch brauchen Feldhasen daher eine Extensivierung der Landwirtschaft und Renaturierung.
Kaum etwas hört man aber über den eigenartigen und umweltschädigenden Jagdkult um den Hasen. Dazu ein paar Fakten, beigesteuert durch den Jagdexperten und -ethiker Rudolf Winkelmayer. Das ohnehin gefährdete Tier ereilt nämlich im Herbst die Jagd mittels Schrotflinte, Treiber und Hunden. Abgeschossen werden jährlich 90.000. Mitbejagt werden dabei Fasane, Enten und Füchse.
Feldhasen sterben nach Beschuss in der Regel durch den Schock beim Auftreffen mehrerer Schrotkügelchen, nicht aber an den Verletzungen. Daher darf eine Schussdistanz von maximal 35 m nicht überschritten werden. In der Regel verschießt man mit Gewehren Kaliber 12 eine Bleigarbe von rund 200 Kügelchen, Durchmesser je 3 mm, Gesamtgewicht 36 g. Mittels größerem Schrot will man zuweilen die maximale Schussentfernung auf 50 m ausdehnen.
Meistens verletzt man damit die Hasen erheblich, tötet sie aber nicht. Vor allem bei Trieben mit vielen Jägern werden sie auf viel zu große Entfernung beschossen – der Nachbarschütze könnte einem ja zuvorkommen. Dies führt zu Fehlschüssen, zu vielen verletzten Hasen und zu viel Gift in der Landschaft. Dreißig Schüsse verstreuen immerhin 1 kg Blei. Werden 100 Hasen erlegt, kann sich der Bleieintrag auf rund 10 kg summieren! Von Gänsen, Kranichen und vielen anderen Tieren aufgenommen, verursachen Bleikügelchen einen langsamen Vergiftungstod – „Kollateralschäden“, sozusagen.
Diese Jagd auf laufende Hasen (ein Beschießen des sitzenden Tieres wäre „unweidmännisch“) verursacht panische Todesangst und Schmerzen, zumal oft nur schlecht getroffen wird. Allenfalls kann ein guter Jagdhund den verletzten Hasen einholen und bringen, damit ihn dann Hundeführer oder Treiber mehr oder weniger professionell töten – wenn er nicht in qualvollem Todeskampf verendet. Verletzt entkommene Hasen sterben nach Stunden oder Tagen.
Natürlich: Grünbrachen zur jagdlichen Hasenhege kommen der Natur generell zugute. Aber jagdlich interessante Hasendichten gibt es grundsätzlich nur noch in Revieren mit ebenso intensiver „Niederwildhege“. Dies bedeutet, dass alles, was an fliegendem und laufendem Getier ebenfalls an Hasen interessiert ist, das Jahr über gnadenlos mittels Flinte und Falle vernichtet wird – was bestimmt nicht im Sinne der Biodiversität ist. Schließlich ist Hasenfleisch wenig gefragt und wird wegen der potenziellen Bleibelastung immer häufiger abgelehnt. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass man ganze Jagdstrecken gleich an Ort und Stelle verscharrte.
All das ist eine aus der Zeit gefallene Zumutung für den (Oster-) Hasen, für die Natur und letztlich für uns alle.