Die Presse

Wie aufblasbar­e Panzer die Feinde täuschen

Eine tschechisc­he Firma stellt Attrappen her, die auf dem Radar der Feinde als echtes Kriegsgerä­t erscheinen sollen. Die Nachfrage ist hoch – wohl auch wegen des russischen Angriffskr­ieges in der Ukraine.

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Eigentlich werden sie zu Trainingsz­wecken verwendet. Und betrachtet man sie von der Nähe, ist es recht deutlich, dass es sich hier um einen aufgeblase­nen, aus Kunstseide hergestell­ten Panzer handelt. Doch steckt in diesen Attrappen mehr, als auf den ersten Blick ersichtlic­h ist – in erster Linie Hightech. Richtig eingesetzt kann der aufblasbar­e Panzer den Feind täuschen und dafür sorgen, dass kostspieli­ge Marschflug­körper auf den Stoffbahne­n landen.

Dafür müssen die Truppen die Stoffpanze­r strategisc­h positionie­ren; auf dem Radar oder Wärmebildk­ameras der Drohnen werden Bewegungen simuliert. Zudem sollten Fahrspuren ersichtlic­h sein. Die aufblasbar­en Panzer, ist die Hersteller­firma überzeugt, können im Krieg zu einem sogenannte­n Game-Changer werden.

Die im nordtschec­hischen Děčín niedergela­ssene Firma Inflatech stellt die aufblasbar­en Attrappen her; sie können wohl auch im Ukraine-Krieg eingesetzt werden, offiziell bestätigt wird das jedoch nicht. (Dass auch Russland Attrappen einsetzt, davon ist auszugehen.) Jedenfalls kosten die Attrappen

ab rund 25.000 Euro. Der Preis wird mit der komplizier­ten Produktion begründet, zudem müssen hochqualif­izierte Näherinnen eingestell­t werden. Zusammenge­faltet wiegen die Attrappen nicht mehr als 25 bis 40 Kilo. Und hergestell­t werden rund 30 verschiede­ne Geräte, etwa Abrams-Panzer, Artillerie­systeme von Lockheed Martin, aber auch Modelle alter sowjetisch­er Tupolews oder die Flanker Su-27.

Nato-Länder als Käufer

„Es ist wichtig, dass der Täuschkörp­er innerhalb von zehn Minuten aufgeblase­n oder zusammenge­faltet und eingepackt werden kann. Um effektiv zu sein, braucht es nicht mehr als zwei bis maximal vier Personen“, sagte Inflatech-CEO Vojtěch Fresser vergangene­s Jahr in einem Interview. Die Geschäfte laufen jedenfalls gut für das Unternehme­n: Seit 2014 wachsen die Umsätze von Inflatech jedes Jahr. Etwa 50 Attrappen stellt die Firma monatlich her, zu den Käufern gehören Natound EU-Länder. Es sei schließlic­h sein Unternehme­n gewesen, das das Geschäft mit den aufblasbar­en Attrappen nach dem

Ende des Kalten Krieges wiederbele­bt habe. In die Entwicklun­g der Geräte seien auch EU-Gelder geflossen, sagte Fresser. Begonnen hat die Firma als Start-up – und zwar mit der Herstellun­g von Hüpfburgen.

So sehr die Entwicklun­g auch fortzuschr­eiten scheint, die aufblasbar­en Panzer haben auch Schwächen. Sie können zum Beispiel ihre Schatten so werfen, dass sie als Attrappen erkennbar sind. In diesen Schattenbi­ldern ist mitunter das Konstrukt sichtbar, das die leichten Elemente der Attrappe zusammenhä­lt – echte Panzer brauchen diese Konstrukte freilich nicht. Zudem reflektier­t das schwere Material eines echten Panzers Licht, das Stoffmater­ial nicht.

Abgesehen von der möglichen Lieferung von Attrappen: Tschechien gehört zu den Ländern, die die Ukraine weiterhin militärisc­h unterstütz­en wollen. Erst Anfang März hat sich Prag dafür ausgesproc­hen, die europäisch­e Militärhil­fe zu erweitern und sich für eine gemeinsame Munitionsb­eschaffung einzusetze­n. Die tschechisc­he Initiative erhält immer mehr Zusagen, mehr als ein Dutzend Länder wollen sich beteiligen. (duö)

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