Die Presse

Kaczyńskis Populisten schlagen bei Regionalwa­hlen zurück

Viele Wähler der Mitte-links-Koalition von Premier Donald Tusk blieben diesmal zu Hause. Die Kluft zwischen Stadt und Land vertieft sich.

- Von unserem Korrespond­enten PAUL FLÜCKIGER

Sechs Monate nach den historisch­en Parlaments­wahlen in Polen gab es bei den Regionalwa­hlen in der Wahlnacht am Montag erneut nur Sieger. „Wir haben klar gesiegt!“, freute sich der neue Opposition­sführer Jaroslaw Kaczyński, nachdem die Nachwahlbe­fragung (Exit Poll) des als seriös bekannten Meinungsfo­rschungsin­stituts Ipsos seine Partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) fast zwei Prozentpun­kte vor dem Erzfeind, Donald Tusks „Bürgerkoal­ition“(KO), gesehen hatte. Der neue Regierungs­chef Tusk wiederum frohlockte in seinem Wahlstab: „Es wiederholt sich das Szenario vom Herbst: Am Ende stehen wir als Sieger da“. Tusk spielte dabei auf die mangelnde Koalitions­fähigkeit der PiS in den Landtagen an. PiS bleibt dort als Koalitions­partner nur die rechtsextr­eme „Konföderat­ion“, die mit 7,5 Prozent der Stimmen landesweit eher schwach abschnitt.

Laut Ipsos erreichte PiS landesweit 33,7 Prozent der Stimmen, während Tusks KO auf 31,9 Prozent kam. Dritter wurde mit guten 13,5 Prozent die zentristis­che Partei „Dritter Weg“bestehend aus Parlaments­präsident Szymon Holownias „Polen2050“und der Bauernpart­ei PSL. Abgeschlag­en auf dem vierten und fünften Rang platzierte­n sich mit 7,5 Prozent die rechts-extreme „Konföderat­ion“und die Vereinigte Linke (schwache 6,8 %). Die teils mit PiS lokal verbündete Partei „Parteilose Kommunalpo­litiker“kam nur auf 2,7 Prozent.

Warschau bleibt liberal

Das offizielle Endergebni­s wird frühestens am Mittwoch bekannt sein; immerhin gab es am Samstag über 50.000 Bürgermeis­ter und Lokalabgeo­rdnete zu wählen. Doch erste Simulation­en zeigten in der Nacht zum Montag, dass Kaczyńskis PiS weiterhin in sechs von 16 Landtagen – zusammen mit der rechts-extremen „Konföderat­ion“– regieren könnte. Dies wären mehr als von der Mitte-Links-Regierung erhofft. Donald Tusks KO konnte gegenüber 2019 nur in drei weiteren Landtagen (Sejmikis) oben auf schwingen.

Die Regionalwa­hlen zeigten erneut die großen Unterschie­de zwischen Stadt und Land in Polen. Auch die alte Teilung in den konservati­ven Osten und Süden und das liberale Westpolen manifestie­rgewählte te sich erneut. PiS siegte in ihren Hochburgen Podlasien, Podkarpati­en und der Region Lublin, in Kleinpolen und Heiligkreu­z, und konnte sich selbst in der städtisch geprägten Region Lodz durchsetze­n. 57 Prozent der Im Moment bei landesweit­en Bauernprot­esten und Grenzblock­aden aktiven Landwirte stimmten für die PiS, nur zehn Prozent für die größte Regierungs­partei KO.

Donald Tusks „Bürgerkoal­ition“(KO) eroberte auf der anderen Seite bereits in der ersten Runde die Großstädte Warschau und Danzig, in denen die links-liberalen Spitzenpol­itiker Rafal Trzaskowsk­i und Alexandra Dulkiewicz auf je rund 60 Prozent kamen. In vielen Städten müssen die liberalen Bürgermeis­terkandida­ten am 21. April in die Stichwahl, darunter in Wroclaw (Breslau), Krakau, Rzeszow und Gliwice (Gleiwitz).

„Wir verdanken diesen großen Erfolg den vielen Warschauer­n, die sich mobilisier­en ließen und zu den Wahlen gingen“, lobte der wiederWars­chauer Oberbürger­meister Rafal Trzaskowsk­i die Hauptstädt­er. Landesweit allerdings blieben viele liberale und linke Stimmberec­htigte wie bei den für Kaczyński siegreiche­n Parlaments­wahlen von 2015 und 2019 zu Hause. Die Wahlbeteil­igung lag mit 51,5 Prozent über 20 Prozent niedriger als bei den Parlaments­wahlen. Davon profitiert­e vor allem Kaczyńskis PiS.

Linke schneiden schwach ab

Bedenklich müsste Donald Tusk auch das schwache Resultat der „Vereinigte­n Linken“, seines dritten Juniorregi­erungspart­ners, stimmen. Linke Wähler verzeihen der Regierung die von Tusk (KO) und Holownia („Dritter Weg“) gebrochene­n Wahlverspr­echen von einer schnellen Liberalisi­erung des Abtreibung­srechts nicht. Für die in nur zwei Monaten anstehende­n EU-Parlaments­wahlen muss die neue Regierung weit besser als bisher mobilisier­en, wenn sie nicht gegen PiS verlieren will.

 ?? [Reuters] ?? Opposition­schef Jaroslaw Kaczyński ließ sich feiern.
[Reuters] Opposition­schef Jaroslaw Kaczyński ließ sich feiern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria