Süße Grüße aus Kiew
In ihrer neuen Konditorei Kashtan servieren Alexey Shkliaruk und Tetiana Kudatska neben Matcha-Cake und Snickers-Torte auch ukrainische Klassiker.
Sie ist so etwas wie ein kulinarisches Symbol der ukrainischen Hauptstadt: die Kiewer Torte oder Kyiv-Torte. Eine süße Bombe aus Baiser und Buttercreme, Schokolade und Nuss, die 1956 in der Karl-Marx-Süßwarenfabrik in Kiew erfunden wurde – der Legende nach wegen eines Missgeschicks – und von dort aus rasch in der gesamten Sowjetunion beliebt wurde.
Die Kyiv-Torte ist der Bestseller in der Konditorei, die Alexey Shkliaruk (23) gemeinsam mit seiner Partnerin Tetiana Kudatska (32) vor einem Monat in der Landstraßer Hauptstraße aufgesperrt hat. Sie heißt Kashtan, zu Deutsch: Kastanie, auch das eine Reminiszenz an die Heimat. Denn das Kastanienblatt ist nicht nur das Logo des Tortenklassikers – der im großen Stil mittlerweile von der Firma des ukrainischen Ex-Präsidenten Petro Poroschenko produziert wird –, es ist auch das Symbol Kiews, dessen Prachtallee Khreschatyk voller Kastanienbäume steht.
„Ich bin eines Tages aufgewacht und habe mir gedacht, wir könnten unsere Konditorei Kashtan nennen“, erzählt Shkliaruk, dichter Vollbart, Trainingsjacke, Kapperl. Sowohl er als auch Kudatska stammen aus Kiew. Während sie erst mit dem Start des Krieges nach Österreich floh, kam der 23-Jährige vor gut fünf Jahren zum Studium an die Wirtschaftsuniversität – und wurde rasch zum Unternehmer. Seine Onlinemodeboutique hat er zugunsten von Kashtan allerdings jetzt stillgelegt. „Ich war immer so, sehr ambitioniert.“
Sechs Konditoren backen
In der Vitrine des kleinen Cafés leuchten einem denn auch zahlreiche Torten entgegen: Neben der Kyiv-Torte sind da mit dem etwas herberen geschichteten Honigkuchen und der Napoleon-Torte zwei weitere Spezialitäten aus der Heimat vertreten, außerdem aber auch zahlreiche selbst kreierte Torten: eine Snickerstorte, ein Matcha-Cheesecake oder eine vegane Erdbeertorte zum Beispiel. Und – auf die ist Shkliaruk besonders stolz – feine Moussekreationen, etwa in Limettenform, mit knackig-dünner Schokohülle und süß-saurem Geleekern, die von Chefkonditorin Daria persönlich umgesetzt werden.
Ihr Team hat Shkliaruk bald nach dem Start kräftig aufgestockt: Inzwischen backen sechs Konditoren – alle aus der Ukraine –, in einer eigenen Produktionsstätte in der Herbststraße in Wien-Ottakring für Kashtan. Die Torten werden hier nicht nur für das Café hergestellt. Per Instagram wird zahlreich bestellt, durchaus auch von der ukrainischen Community, die sich über süße Heimatgefühle freut. Die Kyiv-Torte gilt als besonders beliebter Geburtstagskuchen – ist den meisten zum Selbermachen aber dann doch zu kompliziert.
Außerdem denkt Shkliaruk – Stichwort ambitioniert – schon deutlich größer: Er hat schon jetzt Pläne für die Expansion in den ersten Bezirk. Und nach der stilisierten Wien-Karte gefragt, die die Wand des Cafés ziert und auf der der aktuelle Standort mit einer roten Nadel markiert ist, erzählt er: Ein Kunde habe gemeint, das sei wohl die Karte der Eroberung von Wien. Zunächst soll jedenfalls einmal der salzige Teil der Karte ausgebaut werden – etwa mit Salaten und vielleicht Quiches von Joëlle Raverdy, die das Lokal zuvor betrieben hat, von Klosterneuburg aus aber weiterhin ihr französisches Catering betreibt.
Kastanienbäume pflanzen
Passend zu den warmen Temperaturen soll zudem der Schanigarten vor dem Lokal entsprechend gestaltet werden. „Ich würde gern noch Kastanienbäume pflanzen“, scherzt Alexey Shkliaruk. Dafür kennt er die österreichischen Behörden mittlerweile aber doch zu gut. Auch ohne Bäume zu pflanzen, zieht es den jungen Unternehmer allerdings nicht mehr so bald weg von Wien, wie er sagt: „Mit der Eröffnung von Kashtan verbinde ich mich mit diesem Ort.“