Cannabis: Fantasie durch Legalisierung
Kanadischer Produzent erwartet immenses Marktwachstum in Deutschland. Das sollte die Aktie beflügeln.
Es ist so wie bei vielen umstrittenen Konsumgütern. Man muss Cannabis nicht konsumieren, aber ein Blick auf die Aktien der Unternehmen in diesem Sektor – allen voran die beiden kanadischen Firmen Canopy Growth und Aurora Cannabis – lohnt. Vor allem, seit in Deutschland mit 1. April der Besitz und Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum legalisiert sind und es nun als verschreibungspflichtiges Medikament behandelt wird.
Auch in einigen US-Staaten gibt es Liberalisierungstendenzen, so erlaubte der Oberste Gerichtshof in Florida ein Referendum über den Freizeitgebrauch von Marihuana. Die in Toronto und an der Nasdaq gehandelte Aktie von Canopy Growth sprang nach einer anfänglichen „Sellthe-News“-Phase um fast 70 Prozent nach oben, um dann wieder zurückzufallen. Am vergangenen Mittwoch ging es wieder um 30 Prozent nach oben, das Papier des Konkurrenten Aurora legte binnen drei Tagen mehr als 100 Prozent zu.
Mittelfristig sollte die Liberalisierung den Unternehmen den lang erhofften nachhaltigen Auftrieb geben. „Wir glauben, dass der Markt (in Deutschland) in den nächsten Jahren das Potenzial hat, sich um das Zehnfache zu vergrößern“, sagte Canopy-CEO David Klein nach der Entscheidung der deutschen Regierung. Allein in den nächsten fünf Jahren sollte der Markt von 500 Millionen auf 2,5 Milliarden Euro zulegen.
Anleger, die bei dem hochspekulativen Wert schon engagiert sind, mussten sich an heftige Kursausschläge gewöhnen. So kostete eine Canopy-Aktie 2021 mehr als 400 Dollar. Danach gab es einen langen Sinkflug. Inzwischen hat sich die Aktie von ihrem Jahrestief, das Mitte März mit 2,76 Dollar erreicht worden war, entfernt. Sie kostet nun rund 9,9 Dollar. Im Jahresabstand bleibt ein Kursrückgang von 38 Prozent.
Weshalb von einem Befreiungsschlag noch nicht die Rede sein könne, so Experten. Sie setzen die Marke, bei der es wieder interessant werden könnte, beim Hoch vom August von 19,20 Dollar an. Schließlich schreibt Canopy – das 2013 gegründet wurde und Cannabisprodukte sowohl für den medizinischen als auch den Freizeitgebrauch anbietet – noch saftige Verluste. In den drei Quartalen des Geschäftsjahres 2023/24 bis Ende Dezember lag der Umsatz bei 260,8 Mio. kanadischen Dollar (damals: 193 Mio. US-Dollar) und der Nettoverlust bei 584 Mio. Dollar.
Neue Kategorie von Aktien
Ebenso wichtig wie die Marktöffnung ist für die Kursentwicklung ein Vorhaben, über das bei einer außerordentlichen Aktionärsversammlung am 12. April entschieden werden soll. Es soll eine neue Kategorie von Canopy-Aktien geben: stimmrechtslose Aktien. Der wichtigste und einflussreiche Stimmrechtsberater ISS befürwortet das Vorhaben. Dahinter stehen die Wachstumspläne im US-Markt. Canopy will eine neue Holding mit Sitz in den USA gründen, womit die Übernahme von Acreage Holdings erleichtert werden soll. Zudem würde Canopy bei einer Zulassung von Cannabis auf US-Bundesebene in den Startlöchern stehen.
Die Analysten beobachten das Geschehen von der Seitenlinie: Acht von 14 Experten empfehlen, die Aktie zu halten, einer zum Aufstocken. Drei raten zum Verkauf, zwei zur Reduktion.