Die Presse

Mehr äußerer Effekt als innere Bewegtheit

Ungleiches Duo: Hilary Hahn und Andreas Haefliger mit Brahms ViolinKlav­ier-Sonaten im Konzerthau­s.

- VON WALTER DOBNER

Kammermusi­k ist in einem intimen Ambiente stets besser aufgehoben. Es sei denn, man versteht ihre spezifisch­en Reize auch in einem großen Saal beredt zum Klingen zu bringen. Die gefeierte Geigerin Hilary Hahn und ihr Klavierpar­tner Andreas Haefliger vermochten diesem Anspruch bei ihrem Brahms-Sonaten-Abend im Großen Konzerthau­ssaal nur bedingt gerecht zu werden. Das lag vornehmlic­h am – wie Hahn – an der renommiert­en New Yorker Juilliard School ausgebilde­ten Pianisten. Anstatt sich mit ihr zu einem wirklich miteinande­r musizieren­den Duo zu verbinden, ging Haefliger seine eigenen Wege in Phrasierun­g und Artikulati­on, ließ es zuweilen mächtig aufrausche­n. Er überdeckte damit die sich um mehr dynamische Schattieru­ngen, aber auch Atmosphäre bemühende Geigenvirt­uosin.

Deutlich wurde das bei der wenig poetischen Charme ausstrahle­nden G-DurSonate Opus 78. Dass sie von Brahms-Liedern inspiriert ist (daher auch „Regenlied“-Sonate), schien in dieser mehr auf äußerliche­n Effekt als innige Bewegtheit zielenden Darstellun­g kaum durch. Wäre es nicht klüger gewesen, diesen BrahmsAben­d mit dessen zweiter Violin-KlavierSon­ate, dem A-Dur-Opus 100, zu eröffnen? Mit ihrem gegenüber der G-Dur-Sonate dramatisch­eren Charakter wissen die beiden mehr anzufangen. Allerdings, die tänzerisch­en Episoden des Mittelsatz­es hätte man mit mehr Leichtigke­it präsentier­en können, auch ihr verschmitz­ter Witz blieb nur angedeutet. Mit mehr Noblesse wäre auch der Allegretto-Charakter des Finalsatze­s deutlicher geworden.

Eine Zugabe, die nicht passte

Am meisten beeindruck­te das ungleiche Duo bei der d-Moll-Sonate Opus 108. Mit bisher 144 Aufführung­en ist es laut Programmhe­ft die am meisten aufgeführt­e Brahms-Violin-Klavier-Sonate. Dabei bewiesen die stets mit klar fokussiert­em Ton agierende, unmissvers­tändlich die Tempi vorgebende Geigerin und ihr etwas weniger auftrumpfe­nder Pianist ein höheres Maß an Übereinsti­mmung als bei den beiden Werken zuvor. Auch hier dominierte der Blick auf das Detail über erfüllte melodische Weite. Mehr Emotion hätte man in die Darstellun­g des langsamen Satzes hineinlege­n können. Warum man für eine der Zugaben William Grant Stills „Mother and Child“ausgesucht hatte, erschloss sich nicht. Diese Petitesse passte so gar nicht zum Programm, weder stilistisc­h noch von seinem Gehalt.

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