40 Tage Frieden für das Leben von 40 Geiseln?
Die Verhandlungen über eine Feuerpause zwischen Israel und der Hamas in Kairo gestalten sich schwierig. Die Terrororganisation lässt die Vermittler wieder zappeln. Die USA haben einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt.
Kurz vor Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan keimt Hoffnung auf eine Feuerpause im Gazastreifen auf. Der Vermittler Katar erklärte, in der ägyptischen Hauptstadt, Kairo, habe es Fortschritte bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas über eine Waffenruhe gegeben.
Angestrebt wird eine 40-tägige Kampfpause mit der Freilassung von 40 israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas und der Entlassung von Hunderten palästinensischen Häftlingen aus israelischer Haft. Entscheidend für die Bewegung bei den Gesprächen sechs Monate nach Kriegsausbruch ist offenbar der verstärkte Druck der USA auf die israelische Regierung.
Simon Waldman, Nahost-Experte am King’s College in London, sieht „eine reale Möglichkeit eines Durchbruchs“bei den Verhandlungen. „Da ist etwas im Busch. Die Details sind aber noch unklar – die Rede ist von einer 40-tägigen Kampfpause und der Freilassung von einer Geisel für jeden Tag der Waffenruhe“, sagte er der „Presse“.
Katar ist optimistisch
Ohne Feuerpause wächst die Gefahr, dass sich der Gaza-Krieg auf den Libanon ausweitet, wo sich Israel und die Hisbollah-Miliz bereits Gefechte liefern. Der Iran, der Hamas und Hisbollah unterstützt, hat zudem angekündigt, er werde sich für den Tod von iranischen Generälen bei einem israelischen Luftangriff in der syrischen Hauptstadt, Damaskus, vorige Woche rächen. Eine Feuerpause in Gaza könnte die regionale Eskalation stoppen.
Israel und die Hamas hatten am Wochenende hochrangige Emissäre nach Kairo geschickt: Aus Israel flog Mossad-Chef David Barnea nach Ägypten. Für die Hamas nahm Politbüromitglied Khalil alHayya an den Gesprächen teil, bei denen er indirekt über ägyptische und katarische Vermittler mit Barnea verhandelte. Die USA entsandten CIA-Chef William Burns. Eine erste Feuerpause im November hatte nur eine Woche gehalten.
Katars Außenamtssprecher Majed Mohammed al-Ansari sagte der britischen BBC, er sei nach neuen Vorschlägen bei den Gesprächen in Kairo optimistischer als noch vor wenigen Tagen.
Neue Verhandlungen in Kairo
Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender al-Qahera meldete, Unterhändler von Israel und der Hamas wollen am Mittwoch, dem ersten Festtag nach Ende des Ramadan, nach internen Beratungen nach Kairo zurückkehren, um abschließende Gespräche zu führen.
Der neue Vorschlag in Kairo kam laut Medienberichten von den USA. Das US-Nachrichtenportal Axios berichtete, der Entwurf verlange Kompromisse von Israel und der Hamas in Fragen der Geiselund Häftlingsfreilassung. Zudem solle Israel verpflichtet werden, die Rückkehr von Zivilisten in den Norden des Gazastreifens zu erleichtern. Dazu meldete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna, der neue Entwurf fordere von Israel den Rückzug seiner Truppen von der Hauptverbindungsstraße zwischen dem Süden und dem Norden des Küstenstreifens.
Washington war in den vergangenen Tagen von der bedingungslosen Unterstützung für Israel abgerückt. Besonders nach dem Tod von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen bei einem israelischen Luftangriff vorige Woche habe sich die Haltung der USA geändert, hat NahostExperte Waldman beobachtet. „Offenbar sind die USA in der Lage, Druck auf Israel zu machen“, sagte er. „Das ist eine drastische Wende“. Auch in Israel wachse der Druck auf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, fügte der Experte hinzu. „Die Frage ist jetzt : Kann Katar ähnlichen Druck auf die Hamas machen?“
Die Hamas zögert
Netanjahus Außenminister, Israel Katz, sagte, bei den Verhandlungen in Kairo seien sein Land und die Hamas so nah an einer Einigung, wie sie es seit der Feuerpause im November nicht mehr gewesen seien. Israels Streitkräfte haben in den vergangenen Tagen Teile ihrer Truppen aus dem Süden des Gazastreifens zurückgezogen. Premier Netanjahu bekräftigte aber, er halte an den Plänen für eine Offensive in Rafah fest.
Die Hamas äußerte sich zurückhaltend. Israel habe sich nicht bewegt, erklärte die Terrororganisation. Trotzdem wolle sie die jüngsten Vorschläge aus Kairo prüfen. Erfahrungsgemäß dauert es ein, zwei Tage, bis neue Vorschläge aus den Verhandlungen an die Chefs der Terrororganisation übermittelt werden können, die sich im Gazastreifen versteckt halten.
Israel will nur Kampfpause
Nach wie vor unvereinbar sind die grundsätzlichen Positionen von Israel und der Hamas: Israel will nur eine Pause im Krieg, Hamas eine permanente Waffenruhe. Die Hamas fordert den Abzug aller israelischen Soldaten aus Gaza, was Israel ablehnt. Selbst wenn es nach dem Ramadan eine Feuerpause geben sollte – der Konflikt wäre noch nicht beigelegt.