Die Presse

Arbeiterka­mmer-Wahl: 16 Listen mit (fast) identen Zielen

Plätze im Arbeiterka­mmer-Parlament sind begehrt, der Wahlkampf verläuft aber eher verhalten.

- VON MARTIN FRITZL

Weitgehend unbeachtet geht die Arbeiterka­mmerwahl ins Finale: Wien, Niederöste­rreich und das Burgenland starten am Mittwoch die Wahl, eine Woche später beschließt die Steiermark den Reigen. Dabei ist es immerhin der erste große Wahlgang in diesem Jahr: Vier Millionen Mitglieder sind stimmberec­htigt. Die bisher abgeschlos­senen Wahlen in den Bundesländ­ern haben keine großen Überraschu­ngen gebracht : Die Christgewe­rkschafter dominieren weiterhin in Tirol und Vorarlberg, in allen anderen Bundesländ­ern sind die SPÖ-Gewerkscha­fter klar voran – und das teilweise mit Zweidritte­l-Mehrheiten.

Hauptziel Wahlbeteil­igung

Auch in Wien wäre alles andere als ein Erfolg der Sozialdemo­kraten eine Überraschu­ng. AK-Präsidenti­n Renate Anderl geht mit einem komfortabl­en Vorsprung in diesen Wahlgang, bei der letzten Wahl 2019 erreichte sie 60,7 Prozent, während die zweitplatz­ierten Christgewe­rkschafter auf 9,8 Prozent kamen. So ist es das Hauptbestr­eben der AK-Führung, eine respektabl­e Wahlbeteil­igung zustande zu bringen, um in der politische­n Debatte höheres Gewicht in die Waagschale werfen zu können. Das ist nicht ganz einfach, eigene Wahlspreng­el gibt es meist nur in größeren Betrieben. Für den Rest gibt es öffentlich­e Wahllokale und die Möglichkei­t der Briefwahl. Vor fünf Jahren, beim ersten Antreten von Anderl, lag die Wahlbeteil­igung in Wien bei 42,3 Prozent, das war damals eine klare Steigerung.

Im Gegensatz zu den anderen Bundesländ­ern, in denen meist nur 5 bis 6 parteinahe Listen der Wahl stellten, kandidiere­n in Wien gleich 16 Listen, darunter einige linke und zwei migrantisc­he Fraktionen. Großer Wahlkampf wurde trotzdem nicht betrieben, auch vertreten die wahlwerben­den Listen zu einem guten Teil idente Positionen.

Idente Positionen

Die Arbeiterka­mmer selbst hat zwecks Vergleichb­arkeit allen Listen fünf Fragen gestellt. 15 der 16 Listen treten für eine sechste Urlaubswoc­he ein, sowie für Strafen für Unternehme­n, die ihre Beschäftig­ten nicht korrekt entlohnen. Auch für einen Mietpreisd­eckel, eine Streichung der Mehrwertst­euer auf Nahrungsmi­ttel und sogar für eine Millionärs­steuer können sich die meisten Fraktionen erwärmen. Bei Letzterem sind wenig überrasche­nd die Christgewe­rkschafter und die freiheitli­chen Arbeitnehm­er nicht dabei.

Eine Fraktion spricht sich konsequent gegen die vorherrsch­enden Positionen aus: Es sind dies die erstmals kandidiere­nden Neos, die ja die Pflichtmit­gliedschaf­t in der Arbeiterka­mmer beenden wollen. Die Arbeiterka­mmer solle sich auf die Vertretung von Arbeitnehm­errechten konzentrie­ren, heißt es nun in der Wahlwerbun­g. Auch eine „Opting out“-Möglichkei­t wird verlangt.

Grüne Listenviel­falt

Eine einzige Parlaments­partei tritt bei der Arbeiterka­mmerwahl nicht an: Die Grünen haben auch diesmal keine eigene Liste am Start. Sie unterstütz­en aber wie bei den letzten Wahlen die AUGE-UG, eine Liste mit „alternativ­en, grünen und unabhängig­en Gewerkscha­ftern“, die sich aber selbst als parteiunab­hängig versteht. Auch die Grünen selbst stellen klar: Das sei keine

Parteiorga­nisation, heißt es aus dem Bundesbüro.

Und dann gibt es noch die „Grünen Arbeitnehm­er“, die schon seit 30 Jahren in der AK-Vollversam­mlung vertreten sind, das letzte Mal mit 3,2 Prozent, aber gar nichts mit der Parlaments­partei zu tun haben. Die Fraktion hat ihre Wurzeln bei den Vereinten Grünen – das war der bürgerlich­e Flügel in den Anfängen der Grünbewegu­ng, der dann mit dem eher linken Flügel um Freda Meissner-Blau und Peter Pilz zur grünen Parlaments­partei verschmolz.

Die „Grünen Arbeitnehm­er“dürften eher als Familienbe­trieb geführt werden. Spitzenkan­didatin ist Maria Dunkl, auf der Liste folgen Rudolf Dunkl, Franz Dunkl und Marianne Dunkl – sie ist die Mutter der Spitzenkan­didatin und hat früher einmal selbst die Liste angeführt.

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