Florianigasse: Wenn eine Steinsäule auf Reisen geht
Geschlechterfluidität im 16. Jahrhundert? Das Bäckerkreuz und seine Merkwürdigkeiten.
Die Ewigkeit ist ja auch nicht mehr das, was sie einmal war. Wo sind die Tage, da man „in Stein gemeißelt“gesagt hat und damit so viel wie „unveränderlich“, und zwar auf Zeit und – je nun – Ewigkeit meinen konnte? Nix da, aus und vorbei: Was soll „in Stein gemeißelt“schon groß bedeuten, wenn in Stein Gemeißeltes bloß ein halbes Jahrtausend nach der Meißelung wahlweise „heilige Maria“oder die nicht näher bestimmbare „Darstellung eines Bischofs“sein kann?
Zugegeben, im Zeitalter weithin konstatiert zunehmender Fluidität der Geschlechter mag derlei gar nicht so erstaunlich sein; aber an einer Steinsäule des frühen 16. Jahrhunderts? Die Rede ist vom sogenannten Bäckerkreuz, wiengeschichtlichem Dafürhalten nach ältestes plastisches Denkmal der Josefstadt und also heute auch daselbst, im Hof des Hauses Florianigasse 13, zu finden. Und dass es bis an seinen aktuellen Platz, direkt vor dem Gebäude der Bäckerinnung, eine für ein in jeder Hinsicht gewichtiges Objekt ungewöhnlich weite Reise hinter sich gebracht hat, kann angesichts obgenannter und akademisch verifizierter Uneindeutigkeit dessen, was darauf dargestellt ist, nicht mehr verwundern.
Ursprünglich habe sich das Bäckerkreuz auf dem „Schottengrundt auf der Laimstette“befunden, später vor dem „Bäckerhäusel“(heute Ecke Währinger Straße/Boltzmanngasse). 1907 wiederum, anlässlich der Errichtung des Chemischen Instituts der Universität Wien an nämlichem Ort, sei das Bäckerkreuz in einem städtischen Materialdepot an der Rossauer Lände verschwunden, ehe es letztlich 1933, als Dauerleihgabe der Stadt, seinen gegenwärtigen Standort erreichte. Das nennt man dann wohl bewegte Vergangenheit.
Näheres auf der Website der Akademie der Wissenschaften unter www.oeaw.ac.at/tuerkengedaechtnis/ denkmaeler/ort/florianigasse-baeckerkreuz.