Auf dem Weg zur „Räterepublik“
Bürgerräte sind vieles. Aber sicher nicht repräsentativ für das Wahlvolk.
Also ratlos ist dieses Land nicht: Wir haben einen Nationalrat, einen Bundesrat, einen Fiskalrat, einen Produktivitätsrat und neuerdings immer mehr Bürgerräte. Etwa einen „Klimarat“.
Und es ist keineswegs ein österreichisches Phänomen: Deutschland hat nicht nur einen Klimarat, sondern auch einen „Bürgerrat zur Ernährungssicherheit“, in Frankreich hat ein Bürgerrat über Sterbehilfe beraten. Und so weiter.
Die Idee dahinter klingt auf den ersten Blick wirklich bestechend: Ein repräsentativ zusammengesetztes Gremium aus einer zufällig ausgewählten Stichprobe von Bürgern berät ein Thema, das der Politik unter den Nägeln brennt, und hilft so, Volkes Stimme in der Politik mehr Gehör zu verschaffen. Die Bürgerräte repräsentieren also die Gesamtheit der Bevölkerung.
Kommt Ihnen bekannt vor, oder? Das Prinzip nennt sich repräsentative Demokratie – und einen so ermittelten Bürgerrat haben wir im Prinzip eigentlich schon. Nennt sich Nationalrat.
Jetzt spricht natürlich nichts dagegen, dass der Nationalrat sich noch ein repräsentativ zusammengesetztes Beratungsgremium bastelt. Nur: Repräsentativ für die Bevölkerung sind die bisher eingesetzten Bürgerräte auch nicht. Zumindest in der Praxis. Da werden die Räte aus einer größeren repräsentativen Stichprobe handverlesen. Und dann wird dem so gewählten Rat noch ein von der Regierung eingesetztes Expertengremium drübergestülpt, das dafür sorgt, dass die Räte in die richtige Richtung gecoacht werden.
Die Einsetzung solcher Räte, die zwar nicht repräsentativ sind, aber auch keine Entscheidungsgewalt haben (sie dienen ja nur als beratendes Feigenblatt), könnte man noch immer argumentieren, wenn, ja wenn sie nicht immer häufiger für Aktivismus missbraucht würden. Die Hauptforderung der Letzten Generation an die Regierung lautet nach jeder Klebeaktion: „Setzt die Vorschläge des Klimarats um.“Ist ja Volkes Wille, oder?
Und damit begeben wir uns auf ziemliches Glatteis: Das wäre eine Aushebelung des dafür eigentlich gewählten Parlaments. Eine Art Räterepublik durch die Hintertür. Und das ist wirklich das Letzte, was wir in dieser schwierigen Zeit brauchen.