Die Presse

Spanien schafft „Goldvisa“für Investoren ab

Wer mindestens eine halbe Million Euro in spanischen Grundbesit­z investiert, wurde bisher mit einem „goldenen Visum“belohnt. Besonders reiche Russen und Chinesen erkauften sich bisher so spanische Aufenthalt­stitel.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Immer mehr Ausländer kaufen in Spanien Wohnungen und Häuser. Auf Mallorca ging 2023 jede dritte angebotene Immobilie an fremdländi­sche Investoren, in ganz Spanien waren es 15 Prozent aller Immobilien. Laut Grundbuchr­egister wurden 2023 insgesamt 87.000 Objekte an Ausländer verkauft – ein Rekord. Besonders begehrt ist Eigentum auf Mallorca, den Kanaren, an der Festlandkü­ste sowie in den Großstädte­n Madrid und Barcelona. Kritiker beklagen bereits einen „Ausverkauf“, der Spaniens Wohnraumkr­ise verschärfe.

Spaniens sozialdemo­kratischer Regierungs­chef, Pedro Sánchez, will daher nun die „Goldvisa“für Immobilien­käufer aus Nicht-EULändern abschaffen. Diese werden seit 2013 mit einem „Goldenen Visum“belohnt, wenn sie mehr als 500.000 Euro aus Eigenkapit­al in spanischen Grundbesit­z investiere­n. Vor allem reiche Chinesen und Russen kauften sich so in Spanien ein. Sie bekamen als Geschenk eine Aufenthalt­serlaubnis, die ihnen und ihren Familienan­gehörigen zudem als Nebeneffek­t die Reisefreih­eit ohne Visum im europäisch­en Schengen-Raum brachte.

Mieten stark gestiegen

Nun muss Sánchez Vorhaben noch durchs Parlament gewunken werden. Das dürfte angesichts der absoluten Mehrheit, die Sánchez’ Minderheit­sregierung im Abgeordnet­enhaus

stützt, kein Problem sein. Spätestens 2025 dürfte damit das Ende der Visa für Immobilien­käufer kommen.

Sánchez machte diese Ankündigun­g beim Besuch einer neuen Siedlung mit Sozialwohn­ungen in der südspanisc­hen Stadt Dos Hermanas. Die öffentlich geförderte­n Wohnungen sollen deutlich unter dem Marktpreis an Menschen mit niedrigen Einkommen vermietet werden. Sánchez bedauerte, dass es vielerorts heute für Niedrigver­diener schwierig geworden sei, bezahlbare­n Wohnraum zu finden. Spaniens Mietpreise sind in den

letzten Jahren weit mehr als die Einkommen gestiegen. Auch weil immer mehr Investoren Wohnraum in Ferienapar­tments oder Luxuswohnu­ngen umwandeln.

„Das ist nicht das Spanien, das wir wollen“, sagte Sánchez der Immo-Spekulatio­n den Kampf an: „Die spekulativ­en Investitio­nen in Wohnraum führen uns in die Katastroph­e. Und zu einer schmerzhaf­ten Ungleichhe­it, weil dann viele junge Menschen und Familien keinen Zugang mehr zu Wohnungen haben.“Und: „Eine würdige Unterkunft darf nicht nur von den Regeln des Marktes abhängen.“Die Regierung

werde die notwendige­n Schritte ergreifen, um das in Spaniens Verfassung verankerte Recht auf einen angemessen­en Wohnraum sicherzust­ellen.

Spanien brauchte Geld

Die Goldvisa hatte 2013 die damalige konservati­ve Regierung eingeführt. Das Land brauchte Geld. Spanien hatte gerade eine schwere Banken- und Immobilien­krise hinter sich gebracht und war auf der Suche nach ausländisc­hem Kapital. Mit den Visa sollten Anleger gelockt werden, die mindestens 500.000 Euro in Immobilien, eine

Mio. in Firmen oder zwei Mio. in Staatsanle­ihen investiere­n. Ähnliche Visaprogra­mme wurden während der Euro-Krise auch in anderen EU-Ländern beschlosse­n.

Nun die Wende. Zumindest auf dem Immobilien­markt, wo vermögende Investoren nicht mehr automatisc­h mit einer Aufenthalt­sgenehmigu­ng belohnt werden sollen. Mehr als 90 Prozent aller spanischen Visagesche­nke gingen bisher an Immobilien­investoren. Industriel­le Anleger sind hingegen weiter erwünscht und können auch wie bisher ein „Goldvisum“bekommen. Oder in Sánchez’ Worten: „Ein roter Teppich für diejenigen, die nach Spanien kommen, um Arbeitsplä­tze zu schaffen und um in Innovation zu investiere­n. Aber nicht für diejenigen, die mit dem Wohnraum spekuliere­n.“

Druck aus Brüssel

Andere EU-Staaten wie etwa die Niederland­e, Irland oder Portugal haben ihre „Goldvisa“-Programme inzwischen ebenfalls abgeschaff­t. Genauso wie der Brexitstaa­t Großbritan­nien. Italien, Griechenla­nd und Malta halten bisher an ihren Visaprogra­mmen für ausländisc­he Investoren fest. Die EU-Kommission in Brüssel drängt seit Längerem auf die Abschaffun­g derartiger Visagesche­nke für Investoren aus nicht europäisch­en Ländern. Auch, weil es Hinweise darauf gibt, dass internatio­nale Geldwäsche­r, Steuerhint­erzieher, Mafiosi und russische Oligarchen dies nutzen, um innerhalb der EU Fuß zu fassen.

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[Reuters/Enrique Calvo] Spanien hat lieber industriel­le Investoren als Immobilien­käufer aus Nicht-EU-Staaten.

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