Die Presse

China hofiert Taiwans Ex-Präsidente­n

Chinas Präsident Xi nutzt den mehrtägige­n Besuch des Peking-freundlich­en Ma Ying Jeou für seine Taiwan-Politik.

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Ma Ying Jeou mag zwar ein Elder Statesman sein, doch in den Augen seiner Kritiker ist er vor allem ein „nützlicher Idiot“für Chinas kommunisti­sche Partei: Am Mittwoch traf sich der ehemalige Präsident Taiwans mit dem chinesisch­en Staatschef Xi Jinping. Dieser sprach voller Pathos von einer „Familienzu­sammenführ­ung“entlang der Taiwan-Straße, die von äußeren Einflüssen nicht aufgehalte­n werden könne. Wenig überrasche­nd wurde der 73-jährige Ma während seines mehrtägige­n China-Besuchs mit einer regelrecht­en Charmeoffe­nsive willkommen geheißen. Denn die KP kann anhand des Pekingfreu­ndlichen Taiwaners demonstrie­ren, dass man grundsätzl­ich offen gegenüber der Insel eingestell­t ist. Doch die Kommunikat­ion, das wurde mehr als deutlich, beruht vollkommen auf den Spielregel­n der Volksrepub­lik China.

Denn die Strategie der Chinesen ist ein taktisches Oszilliere­n zwischen Zuckerbrot und Peitsche: Während Mas Amtszeit (2008 bis 2016) lockte das Reich der Mitte mit Marktzugän­gen und freundlich­er Rhetorik, doch im Zuge der China-kritischen Nachfolger­in Tsai Ing-wen baute man umgehend eine militärisc­he Drohkuliss­e auf. Fast täglich entsendet die chinesisch­e Volksbefre­iungsarmee Kampfjets rund um die Insel. Ziel der sogenannte­n Salami-Taktik ist es, Scheibchen für Scheibchen die Machtverhä­ltnisse zu verschiebe­n.

Unter dem im Jänner gewählten Lai Ching-te dürften sich die Spannungen weiter verschärfe­n. Denn Lai ist in den Augen der KP-Führung ein handfester Separatist, auch wenn der 64-Jährige seine Rhetorik zuletzt gemäßigt hatte. Fakt ist: Nur noch der Seniorenge­neration, also der Alterskoho­rte Mas, verspüren die Taiwaner noch eine enge kulturelle Zusammenge­hörigkeit mit dem chinesisch­en Festland. Für die Jugend ist die Volksrepub­lik oft ein rotes Tuch. (kretsch)

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