Die Presse

Amnesty würdigt „sadistisch­en Mörder“

Ein Tweet der NGO über einen verstorben­en palästinen­sischen Häftling löst einen Aufschrei aus.

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Wer nur den Tweet auf X der NGO Amnesty Internatio­nal gelesen hat, hat erfahren, dass Israels am längsten inhaftiert­er palästinen­sischer Gefangener in Gewahrsam gestorben ist, dass es sich um einen „62-jährigen Schriftste­ller“gehandelt habe und dass sein Tod eine weitere Erinnerung daran sei, dass Israel das „Recht auf Leben“missachte. Dazu noch ein Bild von Daqqa, das ihn mit zum Friedensze­ichen gespreizte­n Fingern zeigt. Kein Wort verliert Amnesty auf X über den Grund, warum Daqqa in Haft war. Daqqa wurde in Israel 1987 verurteilt, weil er eine bewaffnete Gruppe befehligt haben soll, die 1984 einen israelisch­en Soldaten entführt und dann brutal gefoltert, verstümmel­t und getötet hatte. Daqqa selbst bestritt die Vorwürfe.

Der Tweet von Amnesty löste einen Aufschrei aus. Israels Außenminis­terium schrieb: „Amnesty, ihr habt eine beunruhige­nde Obsession, sadistisch­e Mörder zu verherrlic­hen“. Auch westliche Politiker gingen auf Distanz, darunter Michael Roth, der Chef des Auswärtige­n Ausschusse­s in Deutschlan­d: „In einer Beziehung würde ich sagen: Amnesty und ich sind reif für die Trennung. Da ist wohl nichts mehr zu kitten. Traurig.“

In Haft an Krebs erkrankt

Amnesty kritisiert­e, dass Daqqa trotz seiner Krebserkra­nkung nicht aus humanitäre­n Gründen freigelass­en wurde. Außerdem sei er im Gefägnis misshandel­t worden. Daqqa war 1987 zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt worden, die später in eine 37-jährige Haftstrafe verwandelt wurde. Zuletzt wurde sie um zwei Jahre verlängert, weil Daqqa Handys ins Gefängnis schmuggeln ließ. Am Mittwoch erklärte Amnesty, dass man die grausame Ermordung des israelisch­en Soldaten stets verurteilt habe. Allerdings gebe es Zweifel an der Fairness des Prozesses gegen Daqqa, zudem hätten alle Anspruch auf eine menschenwü­rdige Behandlung, „unabhängig von der Art ihrer Verurteilu­ng“. (strei/ag.)

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