„Es gibt keine grüne Alleinregierung“
Lena Schilling, die Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl, ist nicht fundamental gegen die Zulassung neuer Gentechnologie in der Landwirtschaft.
Eine grüne Quereinsteigerin bekommt die Chance, eine grünes Leibthema (Pestizidreduktion) zum Gesetz zu machen – und scheitert frustriert am Njet der politischen Gegner: wieso sollte es Lena Schilling, der aktuellen Spitzenkandidatin der österreichischen Grünen für die Europawahl am 9. Juni, in dessen nächster Gesetzgebungsperiode besser ergehen als Sarah Wiener in der nun endenden? „Ich trete mit dem Bewusstsein an, dass ich eine Hand auf meinem Rücken habe. Die Hand einer Bewegung, die mich kontrolliert, die mich stützt, mit der ich mich austausche“, sagte Schilling am Mittwoch zur „Presse“, im Rahmen ihres ersten Brüssel-Besuchs seit ihrer Nominierung.
Was zählt für sie in der Politik mehr: totale Linientreue, oder Kompromissbereitschaft? „Zwischen totaler Linientreue und Kompromissbereitschaft liegt ein Anliegen. Ich gehe mit dem Herz und Willen herein, so viel wie möglich zu erreichen. Gleichzeitig gibt es im Parlament, Überraschung, keine grüne Alleinregierung. Klar werden wir Kompromisse machen – aber keine faulen Kompromisse.“
Vorsichtig Ja zu von der Leyen
Eines der nicht nur aus grüner Sicht heikelsten Dossiers, mit welchem sich das neue Parlament befassen wird müssen, ist die Schaffung eines Zulassungsverfahrens für Pflanzen, die im Wege der sogenannten neuen Gentechnologie (Stichwort: Genschere) geschaffen werden. Derzeit ist das in der EU nicht erlaubt. Schilling ist skeptisch, aber nicht in Fundamentalopposition: „Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass bei diesen Fragen vorab ganz genau geprüft wird, nach einer genauen wissenschaftlichen Überprüfung. Es ist klar, dass man über diese Dinge auch reden können muss.“
Mobilitätspolitik ist Schillings Domäne, der Verkehrsausschuss würde sie am meisten interessieren. Wieso geht beim Brenner-Basistunnel trotz Milliarden aus Brüssel nichts weiter? Sie bleibt vage: „Es wäre absurd, zu sagen, ich geh dort hin, und alles ändert sich von heute auf morgen. Man muss mit Vehemenz dranbleiben, dass der Tunnel fertiggestellt wird.“
Ursula von der Leyen kandidiert für die Europäische Volkspartei um ihre eigene Nachfolge als Kommissionspräsidentin. 2019 hatte sie nur eine hauchdünne Neun-Stimmen-Mehrheit, viele Grüne wählten sie – und sind nun enttäuscht. Hat von der Leyen Schillings Stimme im Sack? „Es kommt drauf an, welches Programm sie vorlegt. Wenn wir eines sehen, wo klar ist, dass Klimaschutz ernsthaft behandelt wird, kann ich mir vorstellen, sie zu wählen.“Wie ging es ihr, wenn von der Leyen vor allem dank der Stimmen von Rechtsaußen eine zweite Amtszeit bekommt, und dann nach rechts auslegt? „Wie es mir damit geht, ist keine politische Kategorie. Wenn es ein Programm gibt, das wir vertreten können, werde ich dafür stimmen. Wenn nicht, dann nicht.“