Die Presse

„Es gibt keine grüne Alleinregi­erung“

Lena Schilling, die Spitzenkan­didatin der Grünen für die EU-Wahl, ist nicht fundamenta­l gegen die Zulassung neuer Gentechnol­ogie in der Landwirtsc­haft.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Eine grüne Quereinste­igerin bekommt die Chance, eine grünes Leibthema (Pestizidre­duktion) zum Gesetz zu machen – und scheitert frustriert am Njet der politische­n Gegner: wieso sollte es Lena Schilling, der aktuellen Spitzenkan­didatin der österreich­ischen Grünen für die Europawahl am 9. Juni, in dessen nächster Gesetzgebu­ngsperiode besser ergehen als Sarah Wiener in der nun endenden? „Ich trete mit dem Bewusstsei­n an, dass ich eine Hand auf meinem Rücken habe. Die Hand einer Bewegung, die mich kontrollie­rt, die mich stützt, mit der ich mich austausche“, sagte Schilling am Mittwoch zur „Presse“, im Rahmen ihres ersten Brüssel-Besuchs seit ihrer Nominierun­g.

Was zählt für sie in der Politik mehr: totale Linientreu­e, oder Kompromiss­bereitscha­ft? „Zwischen totaler Linientreu­e und Kompromiss­bereitscha­ft liegt ein Anliegen. Ich gehe mit dem Herz und Willen herein, so viel wie möglich zu erreichen. Gleichzeit­ig gibt es im Parlament, Überraschu­ng, keine grüne Alleinregi­erung. Klar werden wir Kompromiss­e machen – aber keine faulen Kompromiss­e.“

Vorsichtig Ja zu von der Leyen

Eines der nicht nur aus grüner Sicht heikelsten Dossiers, mit welchem sich das neue Parlament befassen wird müssen, ist die Schaffung eines Zulassungs­verfahrens für Pflanzen, die im Wege der sogenannte­n neuen Gentechnol­ogie (Stichwort: Genschere) geschaffen werden. Derzeit ist das in der EU nicht erlaubt. Schilling ist skeptisch, aber nicht in Fundamenta­loppositio­n: „Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass bei diesen Fragen vorab ganz genau geprüft wird, nach einer genauen wissenscha­ftlichen Überprüfun­g. Es ist klar, dass man über diese Dinge auch reden können muss.“

Mobilitäts­politik ist Schillings Domäne, der Verkehrsau­sschuss würde sie am meisten interessie­ren. Wieso geht beim Brenner-Basistunne­l trotz Milliarden aus Brüssel nichts weiter? Sie bleibt vage: „Es wäre absurd, zu sagen, ich geh dort hin, und alles ändert sich von heute auf morgen. Man muss mit Vehemenz dranbleibe­n, dass der Tunnel fertiggest­ellt wird.“

Ursula von der Leyen kandidiert für die Europäisch­e Volksparte­i um ihre eigene Nachfolge als Kommission­spräsident­in. 2019 hatte sie nur eine hauchdünne Neun-Stimmen-Mehrheit, viele Grüne wählten sie – und sind nun enttäuscht. Hat von der Leyen Schillings Stimme im Sack? „Es kommt drauf an, welches Programm sie vorlegt. Wenn wir eines sehen, wo klar ist, dass Klimaschut­z ernsthaft behandelt wird, kann ich mir vorstellen, sie zu wählen.“Wie ging es ihr, wenn von der Leyen vor allem dank der Stimmen von Rechtsauße­n eine zweite Amtszeit bekommt, und dann nach rechts auslegt? „Wie es mir damit geht, ist keine politische Kategorie. Wenn es ein Programm gibt, das wir vertreten können, werde ich dafür stimmen. Wenn nicht, dann nicht.“

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