Die Presse

Migrations­pakt nimmt letzte Hürde

Am gestrigen Abend stimmten die EU-Abgeordnet­en für die neuen europaweit­en Asylregeln ab, deren oberstes Ziel die Eindämmung der illegalen Migration ist.

- VON ANNA GABRIEL UND MICHAEL LACZYNSKI

Laute Proteste unterbrach­en am frühen Mittwochab­end die mit Spannung erwartete Abstimmung zum Asyl- und Migrations­paket im Europaparl­ament. Es war eine Zitterpart­ie bis zum Schluss, aber mit einem Happy End: „Wir haben Geschichte geschriebe­n“, twitterte Parlaments­präsidenti­n Roberta Metsola.

Die Abgeordnet­en stimmten für das Paket, über das Mitgliedst­aaten und Europaparl­ament bereits im Dezember eine prinzipiel­le Einigung erzielt hatten. Der Ausgang der Abstimmung war unsicher gewesen, weil zwischen den Befürworte­rn und Gegnern der Reform viele Risse verliefen, und zwar auch innerhalb der Parlaments­fraktionen. Zudem war nicht klar, ob die polnischen Mitglieder der Europäisch­en Volksparte­i die EVPLinie mittragen und für die Reform stimmen würden.

Was sind die Kernelemen­te des Migrations- und Asylpakets, dessen oberste Prämisse die Eindämmung der illegalen Migration ist? Das Paket sieht eine drastische Verschärfu­ng der bisherigen Regeln in mehreren Bereichen vor. So sind für Migranten, deren Anerkennun­gsquote in der EU unter 20 Prozent liegt, und für jene, von denen eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit ausgeht, verpflicht­ende Asylverfah­ren in Auffanglag­ern an der EU-Außengrenz­e vorgesehen, wo sie für die Dauer von bis zu zwölf Wochen unter haftähnlic­hen Bedingunge­n untergebra­cht werden können.

Unmittelba­re Abschiebun­g

Selbstrede­nd dürfen sie während dieser Zeit nicht in das Hoheitsgeb­iet des betreffend­en Mitgliedst­aats einreisen. Diese Regelung gilt nicht für unbegleite­te Minderjähr­ige – es sei denn, sie stehen unter Terrorismu­sverdacht. Rückführun­gen sollen künftig schneller und effiziente­r durchgefüh­rt werden: Für jene, die noch im Grenzlager einen negativen Bescheid erhalten, steht eine unmittelba­re Abschiebun­g bevor.

Die Verteilung der Schutzsuch­enden auf die EU-Länder – seit Jahren der größte Zankapfel unter den Mitgliedst­aaten –wird mit einem „Solidaritä­tsmechanis­mus“geregelt : Für den Fall, dass ein Land sich mit einer besonders hohen Anzahl an Migranten konfrontie­rt sieht, können die übrigen Mitgliedst­aaten dem betroffene­n EU-Partnerlan­d Asylwerber abnehmen oder Unterstütz­ung in Form von Geldzahlun­gen leisten. Ein weiterer wichtiger Baustein des Pakts ist die Screening-Verordnung: Personenko­ntrollen an den Außengrenz­en sollen verstärkt und biometrisc­he Daten in der Migrations­datenbank Eurodac vermerkt werden.

Hohe Belastung auf Kanaren

Die EU feilt seit der großen Flüchtling­skrise der Jahre 2015 und 2016 an einer Reform der Asyl- und Migrations­regeln. Allein im vergangene­n Jahr gab es EU-weit wieder deutlich über eine Million Anträge, in Österreich waren es 100.000. Während die Zahlen hierzuland­e zurückgehe­n, ist die Lage besonders auf den zu Spanien zählenden Kanaren angespannt, wo heuer bereits knapp 14.000 Menschen gestrandet sind – um über 500 Prozent mehr als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres. Insgesamt zählte das UN-Flüchtling­shilfswerk UNHCR dieses Jahr knapp 45.000 Bootsflüch­tlinge.

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[Reuters/Darrin Zammit Lupi] Auf hoher See: Die neuen Asylregeln sollen die EU für irreguläre Migranten unattrakti­ver machen.

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