Migrationspakt nimmt letzte Hürde
Am gestrigen Abend stimmten die EU-Abgeordneten für die neuen europaweiten Asylregeln ab, deren oberstes Ziel die Eindämmung der illegalen Migration ist.
Laute Proteste unterbrachen am frühen Mittwochabend die mit Spannung erwartete Abstimmung zum Asyl- und Migrationspaket im Europaparlament. Es war eine Zitterpartie bis zum Schluss, aber mit einem Happy End: „Wir haben Geschichte geschrieben“, twitterte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola.
Die Abgeordneten stimmten für das Paket, über das Mitgliedstaaten und Europaparlament bereits im Dezember eine prinzipielle Einigung erzielt hatten. Der Ausgang der Abstimmung war unsicher gewesen, weil zwischen den Befürwortern und Gegnern der Reform viele Risse verliefen, und zwar auch innerhalb der Parlamentsfraktionen. Zudem war nicht klar, ob die polnischen Mitglieder der Europäischen Volkspartei die EVPLinie mittragen und für die Reform stimmen würden.
Was sind die Kernelemente des Migrations- und Asylpakets, dessen oberste Prämisse die Eindämmung der illegalen Migration ist? Das Paket sieht eine drastische Verschärfung der bisherigen Regeln in mehreren Bereichen vor. So sind für Migranten, deren Anerkennungsquote in der EU unter 20 Prozent liegt, und für jene, von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, verpflichtende Asylverfahren in Auffanglagern an der EU-Außengrenze vorgesehen, wo sie für die Dauer von bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden können.
Unmittelbare Abschiebung
Selbstredend dürfen sie während dieser Zeit nicht in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats einreisen. Diese Regelung gilt nicht für unbegleitete Minderjährige – es sei denn, sie stehen unter Terrorismusverdacht. Rückführungen sollen künftig schneller und effizienter durchgeführt werden: Für jene, die noch im Grenzlager einen negativen Bescheid erhalten, steht eine unmittelbare Abschiebung bevor.
Die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Länder – seit Jahren der größte Zankapfel unter den Mitgliedstaaten –wird mit einem „Solidaritätsmechanismus“geregelt : Für den Fall, dass ein Land sich mit einer besonders hohen Anzahl an Migranten konfrontiert sieht, können die übrigen Mitgliedstaaten dem betroffenen EU-Partnerland Asylwerber abnehmen oder Unterstützung in Form von Geldzahlungen leisten. Ein weiterer wichtiger Baustein des Pakts ist die Screening-Verordnung: Personenkontrollen an den Außengrenzen sollen verstärkt und biometrische Daten in der Migrationsdatenbank Eurodac vermerkt werden.
Hohe Belastung auf Kanaren
Die EU feilt seit der großen Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 an einer Reform der Asyl- und Migrationsregeln. Allein im vergangenen Jahr gab es EU-weit wieder deutlich über eine Million Anträge, in Österreich waren es 100.000. Während die Zahlen hierzulande zurückgehen, ist die Lage besonders auf den zu Spanien zählenden Kanaren angespannt, wo heuer bereits knapp 14.000 Menschen gestrandet sind – um über 500 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Insgesamt zählte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dieses Jahr knapp 45.000 Bootsflüchtlinge.