Die Presse

WKStA ermittelt nach Sicherstel­lungen im Fall Pilnacek

Dass Polizisten die persönlich­en Gegenständ­e von Christian Pilnacek sichergest­ellt haben, könnte rechtswidr­ig gewesen sein.

- VON GERNOT ROHRHOFER

„Die Ermittlung­en richten sich gegen einen namentlich bekannten und einen oder mehrere unbekannte Täter“, sagt ein Sprecher der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft zur „Presse“. Auf dem Prüfstand steht das Vorgehen der Polizei, nachdem am 20. Oktober der Leichnam des ehemaligen Sektionsle­iters im Justizmini­sterium in einem Seitenarm der Donau gefunden worden war – konkret geht es um die Sicherstel­lung von Christian Pilnaceks persönlich­en Gegenständ­en: Handy, Wohnungssc­hlüssel, Autoschlüs­sel und Brieftasch­e.

„Putztrupp der ÖVP“

Ermittler des Landeskrim­inalamtes Niederöste­rreich nahmen die Gegenständ­e an sich, um sie wenig später dem Anwalt von Pilnaceks hinterblie­bener Ehefrau zu übergeben. Diese bestätigte gegenüber der „Presse“, die Sachen zeitnah noch am selben Tag erhalten zu haben. Dass das Handy des ehemaligen Spitzenbea­mten einer Auswertung unterzogen worden sei, wies ein Sprecher der Polizei zurück. Der frühere Grüne und Gründer der Liste Pilz, Peter Pilz, hingegen behauptet seit Wochen das Gegenteil. Er unterstell­t den Beamtinnen und Beamten des Landeskrim­inalamtes Amtsmissbr­auch und sprach in seinem Onlinemedi­um ZackZack von einem „Putztrupp der ÖVP“.

Die Theorie von Pilz besagt, dass Polizisten den Auftrag erhalten hätten, Material, das der ÖVP schaden könnte, zu beseitigen. „In wessen Auftrag stellen die Beamten Pilnaceks Schlüssel zu Wohnung, Autos und Daten sicher? Haben die Beamten eine staatsanwa­ltschaftli­che Anordnung oder sind sie in anderem Auftrag unterwegs?“, schreibt Pilz und nennt in seinen Berichten immer wieder auch den Namen von Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka.

Behörde wusste von nichts

Tatsächlic­h ordnete die Staatsanwa­ltschaft Krems, die die Umstände von Pilnaceks Tod untersucht und in diesem Zusammenha­ng kein Fremdversc­hulden festgestel­lt hatte, keine Sicherstel­lung an und wusste auch nichts von einer solchen. „Wenn die Polizei allerdings nach anderen Rechtsgrun­dlagen vorgeht, ist das ihre Sache“, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, Franz Hütter, erst vor wenigen Tagen im Gespräch mit der „Presse“.

Bei der Polizei argumentie­rte man mit dem Sicherheit­spolizeige­setz, das die gegenständ­liche Sicherstel­lung ermöglicht hätte. Martin Kreutner, der die Pilnacek-Kommission leitet – diese soll klären, ob es in der Amtszeit von Christian Pilnacek Interventi­onen zugunsten bestimmter Parteien gegeben hat –, hegte als einer von mehreren Juristen allerdings Zweifel an dieser Darstellun­g und sah sich „letztlich auch aufgrund anderer Hinweise aus der Bevölkerun­g gezwungen“, Anzeige zu erstatten. Darüber hinaus verfasste der ehemalige Staatsanwa­lt und nunmehrige Rechtsanwa­lt Volkert Sackmann eine Sachverhal­tsdarstell­ung für Karin W., mit der Pilnacek zuletzt liiert war. Und auch das Bundesamt zur Korruption­sbekämpfun­g (BAK) übermittel­te einen Anfallsber­icht an die WKStA.

Anzeige gegen Mordermitt­ler

Nach der Anfangsver­dachtsprüf­ung leitete diese nun ein Ermittlung­sverfahren ein, bestätigt der Sprecher. Die Delikte, um die es geht: Missbrauch der Amtsgewalt bzw. Anstiftung zum Amtsmissbr­auch, Strafdrohu­ng: sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Angaben, um wen es sich bei dem Beschuldig­ten, der namentlich bekannt ist, handelt, durfte der Sprecher unter Verweis auf den Schutz der Persönlich­keitsrecht­e nicht machen. Allerdings: Eine der in diesem Fall eingebrach­ten Anzeigen richtet sich gegen den Leiter der Mordgruppe im Landeskrim­inalamt.

 ?? [Clemens Fabry] ?? Christian Pilnacek 1963–2023.
[Clemens Fabry] Christian Pilnacek 1963–2023.

Newspapers in German

Newspapers from Austria