Weniger Aufträge, höhere Kosten
Mit Wachstum und langfristigen Verträgen will die Branche dem steigenden Kostendruck und dem Rückgang an Aufträgen begegnen.
Mit konkreten Zahlen zur Kostenentwicklung gehen die Unternehmen der Fertigfahrzeuglogistik (FVL) in Preisverhandlungen mit ihren Auftraggebern. Denn seit 2019 lässt die Association of European Vehicle Logistics (ECG) in Kooperation mit PwC Österreich einen Kostenindex erstellen. „Wir sind die unabhängige Drehscheibe, der sämtliche Zahlen zur Verfügung stehen“, so Thomas Windhager von PwC Österreich über dieses Projekt, das 80 Prozent des europäischen FVL-Markts abbildet.
Laut FVL-Kostenindex für das dritte und vierte Quartal 2023 bewegen sich die Gesamtkosten für den Fahrzeugtransport leicht gebremst weiter nach oben. „Von Januar 2019 bis Dezember 2023 stieg der Index der Gesamtkosten um 61,7 Prozent, vom zweiten auf das vierte Quartal 2023 beträgt der Anstieg drei Indexpunkte“, berichtet Nicole Hackl von PwC. Der höchste Kostenanstieg seit 2019 wurde wie in der gesamten Transportbranche im Segment Seefracht mit einem Plus von 149,1 Prozent verzeichnet, der niedrigste bei der Bahn (25,4 Prozent), beim Straßentransport waren es 26,7 Prozent.
Einer der großen Player auf dem FVLMarkt ist das österreichische Unternehmen Lagermax Autotransport. Rund 920.000 Fahrzeuge transportiert Lagermax europaweit pro Jahr. „Natürlich spüren wir den Kostendruck“, berichtet René Eisbrich, verantwortlich für das FVL-Segment. Eine große Herausforderung sei derzeit die Anschaffung von Transportern. Ursache sei die Pandemie, die mit einem massiven Einbruch bei der Neuwagenproduktion auch den FVL-Markt traf. Es kam zu einer deutlichen Verringerung des Transporterbestands. Als die Pkw-Produktion wieder anlief, fehlten die Kapazitäten. Deutliche Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen bei den Transportern waren die Folge. „Bei Lkw hat sich die Lage mittlerweile entspannt, aber nicht bei den speziellen Aufbauten. Hier gibt es aktuell Lieferzeiten von bis zu vier Jahren“, sagt Eisbrich.
Aktuell ist die Auftragslage für Fahrzeugtransporte rückläufig, berichtet der Lagermax-Manager. Sein Unternehmen sei durch langfristige Verträge mit seinen Kunden relativ gut abgesichert und der eigene Fuhrpark gut ausgelastet. „Aber wir beschäftigen weniger Subunternehmer“, so Eisbrich. Am wichtigsten für den Erfolg in diesem vom Einkäufer getriebenen Markt sei Kostenführerschaft. „Der einzige Weg, um die anteiligen Fixkosten pro Leistungseinheit zu reduzieren, ist Wachstum. Die variablen Kosten sind schließlich für alle gleich.“
Bei schweren Fertigfahrzeugen wie Lkw, Bussen oder Traktoren ist das Familienunternehmen Gartner mit seinem Tochterunternehmen Ziegler europaweit wichtiger Marktteilnehmer. Marcus Schwarzbauer, verantwortlich für den Fahrzeugtransport, ortet ebenfalls einen rauer werdenden Wettbewerb: „Es werden weniger Neufahrzeuge verkauft, also sind weniger Ladungen auf dem Markt.“Allerdings betont Schwarzbauer, dass die meisten Kunden die Situation nicht ausnützen, um die Preise weiter zu drücken. „Hier setzt ein Umdenken ein, für die Kunden zählen Zuverlässigkeit und die Sicherheit einer langfristigen Partnerschaft.“
Neben den Fahrzeuginvestitionen sieht er die Personalkosten als Faktor: „Gutes Personal ist knapp. Unsere Fahrer müssen besonders gut geschult sein.“Dazu kommen in Deutschland weitere Kostentreiber wie eine neue, strenge VDI-Richtlinie für die Transporter. „Das sind Kostentreiber, die nicht vollständig weitergegeben werden können.“Größe ist neben Qualität auch in diesem Marktsegment ein wichtiger Faktor für den Erfolg. „Die große Flotte sichert die notwendige Flexibilität“, sagt Schwarzbauer.
E-Autos bringen Herausforderungen
Herausforderungen für den FVL-Transport bringt die zunehmende Zahl von Elektrofahrzeugen. „Die Fahrzeuge sind schwerer, man verliert einen Ladeplatz, bei Transporten etwa nach Skandinavien kann nicht jede Fähre genommen werden“, erklärt Schwarzbauer. Auch die Fahrer müssen für den Transport von E-Fahrzeugen geschult sein. Wobei ELkw auch als Fahrzeugtransporter geplant sind. Lagermax will für den Einsatz auf einer Kurzstrecke vom Magna-Werk in Graz bis zur Verladestelle fünf E-Fahrzeuge in der Praxis testen. Eine große Investition: „Der E-Lkw ist dreimal so teuer“, so Eisbrich. Resultat wäre allerdings die umweltfreundlichste Lösung. Am Ende der Kurzstrecke erfolgt der Weitertransport der Neufahrzeuge großteils per Bahn – die übrigens nicht nur punkto Klimaschutz, sondern auch bei den Kosten am besten liegt.