Warum der Ölpreis so stark gestiegen ist
Öl ist ein gutes Stück teurer als noch zu Jahresbeginn. Welche Rolle der Iran dabei spielt und was China und die USA mit dem Preisauftrieb zu tun haben.
Dem einen oder anderen Autofahrer wird es vermutlich bereits aufgefallen sein. Sprit ist in den vergangenen Wochen empfindlich teurer geworden. Kein Wunder, denn auch der Ölpreis hat sich seit Jahresbeginn deutlich nach oben bewegt. Die für Europa maßgebliche Sorte Brent verteuerte sich seit Jahresbeginn bis zum Ende der Vorwoche um rund 18 Prozent, also um fast ein Fünftel. Mit rund 91 Dollar pro Fass kostete Öl so viel wie seit dem Herbst des Vorjahres nicht mehr, als der Terrorangriff der Hamas auf Israel stattfand. Und auch diese Woche ist noch keine deutliche Erholung in Sicht, Brent scheint sich in etwa bei rund 90 Dollar einzupendeln.
Doch was sind die Gründe für den starken Ölpreisanstieg? Bei Öl treffen wie immer zahlreiche kommunizierende Gefäße aufeinander, die auf dem äußerst sensiblen Markt die Richtung vorgeben. Derzeit sind es vor allem zwei Dinge, die die Händler bewegen: die geopolitischen Krisen und die Konjunktur.
Die Rolle des Iran
Bei Ersterem spielt derzeit vor allem der Iran eine Rolle. Nach dem Beschuss des iranischen Botschaftsgebäudes in der syrischen Hauptstadt Damaskus in der Vorwoche, bei dem nach iranischen Angaben sieben Menschen ums Leben kamen, drohen der Iran und Israel einander mit Angriffen. Israel hat sich zwar nicht zu dem Anschlag bekannt, die Führung des Landes erklärte aber ganz allgemein, dass sie gegen den Iran vorgehe. Experten befürchten, dass eine Eskalation des Konflikts zu einem Flächenbrand im Nahen Osten führen könnte.
Der Iran ist Mitglied des Ölkartells Opec und hat seine Ölexporte in den vergangenen Jahren ausgeweitet – trotz aufrechter US-Sanktionen gegen das Land. Doch liegt die Vermutung nahe, dass die Vereinigten Staaten bei den iranischen Ölexporten ein Auge zudrückten,
da ein niedriger Ölpreis auch in ihrem Interesse ist. Nicht nur vor dem Hintergrund höherer Inflationsraten, sondern auch ganz besonders in Wahljahren. Verschärft sich die Lage nun, könnten die USA ihr Sanktionsregime wieder nachschärfen, und wichtige Ölmengen fielen weg. Laut Angaben der Internationalen Energieagentur kamen im vergangenen Jahr zusätzliche Ölmengen auf dem Weltmarkt nämlich überwiegend aus den Vereinigten Staaten, aber auch aus dem Iran.
US-Konjunktur läuft gut
Auch die Nachfrage spielt derzeit eine nicht unerhebliche Rolle. Nicht nur China, das ein wesentlicher Treiber der globalen Ölnachfrage ist, ließ zuletzt mit etwas verbesserten Konjunkturdaten aufhorchen. Auch die USA machen wieder einmal von sich reden.
Die Vereinigten Staaten sind nicht nur der wichtigste Ölverbraucher, sondern auch die global größte Volkswirtschaft. Hatte man lange Zeit geglaubt, dass das Land aufgrund der starken Zinserhöhungen in eine Rezession rutschen oder knapp an einer solchen vorbeischrammen wird, hat sich das
Bild inzwischen deutlich gewandelt. Die US-Notenbank hat ihre Konjunkturprognose für die USA erst vor wenigen Wochen deutlich nach oben geschraubt. Statt um 1,4 Prozent soll die Wirtschaft im heurigen Jahr um 2,1 Prozent wachsen. Und das bedingt auch einen höheren Ölverbrauch.
Zusätzlich beginnt in den USA bald auch die Driving Season, also die Zeit, in der sich die Amerikaner häufiger in ihre Autos setzen oder vermehrt ins Flugzeug steigen. „Die nächsten beiden Quartale wird viel Öl verbraucht, und wir kommen auch von niedrigen Lagerbeständen“, sagt Alexander Toth von der Raiffeisen KAG. Auf Fünf-JahresSicht befinden sich die Lagerbestände – global betrachtet – unterhalb der üblichen Werte.
All das trifft auf die bereits bestehenden Produktionskürzungen des Ölförderkartells Opec+. Sowohl die Opec als auch die IEA rechnen von April bis Juni mit einem Angebotsdefizit auf dem Ölmarkt.
Saudiarabien und Russland haben sich erst im März erneut darauf verständigt, bis zur Jahresmitte weniger Öl aus dem Boden zu holen. Während die Saudis jedoch ankündigten, die Kürzungen ab Juni schrittweise zurückzunehmen, glaubt die Internationale Energieagentur (IEA), dass die Beschränkungen bis zum Jahresende weitergeführt werden.
Ob die Saudis weiter auf die Förderbremse treten, wird laut Thu Lan Nguyen, Rohstoffanalystin der Commerzbank, maßgeblich von der weiteren Entwicklung des Ölpreises abhängen. „Ist der Preisanstieg bei Öl nachhaltig, weil er von der Nachfrage gestützt wird, könnte es durchaus sein, dass die Saudis ihre Förderkürzungen stückweise zurücknehmen.“