Showdown hinter der Golf-Fassade
In Augusta sind alle Stars wieder bei einem Major-Turnier vereint. Doch zwischen Saudiarabien, US-Kongress und PGA-Tour tobt ein Machtkampf um die Zukunft des Sports.
Erst ließ er kein gutes Haar an ihr, dann ließ er sich von ihr kaufen. So das gängige Bild von Jon Rahm, 29-jähriger Spanier und einer der besten Golfer der vergangenen Jahre, der mit dieser Saison von der US-amerikanischen PGA-Tour zur neuen und von Saudiarabien finanzierten LIV-Tour gewechselt ist. Brisant dabei: Die Titelverteidigung beim Masters in Augusta, dem ersten der vier MajorTurnier des Jahres, das Rahm im Vorjahr noch als PGA-Profi gewonnen hat, nimmt er ab heute (15.15 Uhr MESZ, live, Sky) als neues LIVAushängeschild in Angriff.
Rahm mag bei seinem Seitenwechsel irgendwo auch die Wiedervereinigung der gespaltenen GolfWelt im Sinne gehabt haben, wie er für viele nicht sonderlich überzeugend erklärte. Fakt aber ist: Seit seinem Schachzug ist der Graben noch tiefer geworden. Es herrscht zwar kein offener Krieg mehr zwischen PGA und LIV, doch die Stars des Sports sind mehr denn je auf zwei Turnierserien verstreut und der offensichtliche Machtkampf hat sich zu einem nicht weniger unerbittlichen Match hinter den Kulissen entwickelt.
Geldgeber und Spielverderber
Nachdem die 2022 gegründete LIVSerie dank der Milliarden des saudiarabischen Public Investment Funds (PIF) rasch Boden gutgemacht und erste Stars angelockt hatte, war den PGA-Bossen klar geworden, dass die Saudis so schnell nicht wieder aus den Golfklubs (viele Turniere fanden auf Anlagen von Donald Trump statt) verschwinden würden. Also bat die PGA-Tour an den Verhandlungstisch und präsentierte eine erstaunlichen Übereinkunft, die beide Seiten zu Partnern hätte machen sollen: Der PIF sollte Teilhaber und Geldgeber einer neuen gemeinsamen PGA-Tour Enterprises werden. Nur schafften es PGA und LIV nicht, den Vertrag bis zur Frist am 31. Dezember 2023 abzuschließen.
Wohl auch, weil sich der amerikanische Kongress eingeschaltet hatte, Untersuchen einleitete und Ausschüsse tagen ließ. Die Senatoren sprachen von einem repressiven
Regime, das über seinen Staatsfond versuche, sich Einfluss im USSport und in einer US-Institution wie der PGA-Tour zu erkaufen. Einige stellten die Causa gar als eine Frage der nationalen Sicherheit dar. Und das US-Justizministerium äußerte kartellrechtliche Bedenken.
Die PGA-Tour sicherte sich in der Zwischenzeit ein Investment der Strategic Sports Group (SSG). Dahinter stehen die Fenway Sports Group von John Henry (u. a. FC Liverpool, Boston Red Sox, Pittsburgh Penguins) und weitere milliardenschwere Vertreter der amerikanischen Sport- und Entertainment-Branche. Drei Milliarden Dollar legen sie auf den Tisch, sie wollen die Spieler an der Tour beteiligen und wissen die sechs Players
Directors, die über die Mehrheit im elfköpfigen PGA-Board verfügen, hinter sich. Darunter auch Tiger Woods, einer der gewichtigsten LIV-Kritiker.
Die Saudis haben im Gegenzug Jon Rahm in ihr Team geholt und damit noch einmal spektakulär an ihre Finanzkraft erinnert. Das Fixum von 350 Mio. Dollar für den Spanier ist nicht mehr weit von jenen 460 Mio. Dollar Preisgeld entfernt, das die PGA-Tour im Vorjahr über alle ihre Turniere hinweg ausgeschüttet hat.
Noch ist ein Saudi-Einstieg nicht vom Tisch, schließlich hätte PIF-Gouverneur Yasir Al-Rumayyan im ursprünglichen Vertrag von PGA und LIV sogar als Chairman des neuen Zusammenschlusses fungieren sollen. Nun wird weiterverhandelt,
Tiger Woods und weitere Vertreter des PGA-Boards trafen sich noch vor dem Masters mit AlRumayyan. Die Amerikaner befinden sich mit ihren neuen Investoren im Rücken aber in einer weit besseren Position.
Lager-Duell
Während die Golf-Welt also bis auf Weiteres gespalten bleibt, ist sie zumindest ab heute für ein paar Tage wieder bei einem Major vereint. PGA-Topspieler wie der Weltranglistenerste Scottie Scheffler, Rory McIlroy, Jordan Spieth und auch Tiger Woods und die LIV-Stars um Masters-Titelverteidiger Jon Rahm, Brooks Koepka und Phil Mickelson werden allesamt das Green Jacket, also nach Langem wieder ein und denselben Preis, ins Visier nehmen. Und doch werden sie in Augusta auch für ihr jeweiliges Golf-Lager antreten.
‘‘ Wir können wieder alle gemeinsam spielen und zeigen, wozu wir fähig sind.
Jon Rahm