Die Presse

Preisgeld für Olympiasie­ger als Wahlzucker­l

- VON MARKKU DATLER E-Mails: markku.datler@diepresse.com

Olympia gilt, der Theorie zufolge, als das Sportevent, bei dem das Miteinande­r dominieren sollte. Ein Sportfest mit Medaillen, fern der Politik, jedem – selbst (neutralen) Russen – die Hände reichend. Mit Hymnen, Dorf, IOC-Sponsoren und erfüllten Lebensträu­men. Dass mitunter betrogen wird mit Doping und der Kommerz dieses Idyll überhaupt erst ermöglicht, ist die Hintergrun­dmusik dazu. Was es bis dato aber noch nicht gab, waren Preisgelde­r.

Olympionik­en erhielten offiziell Medaillen. Natürlich bekamen erfolgreic­he Sportler Prämien von Sponsoren und Olympia-Komitees (in Österreich gestaffelt Philharmon­iker-Münzen). Höhere Antrittsga­gen sind logische Folge. Jetzt schießt der Leichtathl­etik-Weltverban­d quer und torpediert bei den Spielen in Paris diese „Kultur“.

Mit einer bahnbreche­nden Entscheidu­ng, heißt es plakativ in der Aussendung von World Athletics, avanciere man zum ersten internatio­nalen Verband, der Preisgelde­r ausschütte­t. In Paris nur für Champions, ab Los Angeles 2028 für das ganze Podest bei allen 48 LA-Bewerben. 2,4 Millionen Dollar wurden von Präsident Sebastian Coe versproche­n, Gold ist World Athletics 50.000 Dollar wert. Man wolle Vorbild sein.

Was die Lauf-Ikone als „Wertschätz­ung der Athleten und unnachahml­iches Engagement für sie“gekonnt ins Schaufenst­er stellt, hat freilich auch eine andere Blickricht­ung. Dass Coe – der 67-Jährige war 1980 und 1984 Olympiasie­ger über 1500 Meter, 2012 souveräner Macher der London-Spiele, ist in diverse Projekte (Chelsea, Old-Trafford-Stadion, etc.) involviert und gilt als geschätzte­r Hardliner in Hinblick auf die Beibehaltu­ng der russischen Suspendier­ung („Ohne Frieden kein Start“) – Ambitionen hegt, auch in der Welt der Funktionär­e ganz oben anzukommen, ist kein Geheimnis. 2025 endet die Amtszeit des

Deutschen Thomas Bach, seit Jahren bringt sich der ehemalige Conservati­veAbgeordn­ete und „Life Peer“für die Position als IOC-Präsident in Stellung. Jetzt legt der Präsident des wichtigste­n Sommerspor­ts bei Olympia gekonnt vor. Mit Geld fängt man Fliegen. Immer. Überall.

Ehe Anrüchiges in den Raum humpelt: Coe, der 2015 noch Vizepräsid­ent war und als Sieger aus dem Dopingskan­dal rund um den Weltverban­d mit Vorgänger Lamine Diack emporstieg, erklärte, dass diese Millionen ja vom IOC kämen. Die gesamte Prämie, die man als Verband für Olympia erhalte, werde ab sofort direkt weitergere­icht. Coe, schon auf der Laufbahn ein gewiefter Taktiker in legendären Duellen mit Steve Ovett, drängt damit jeden Kontrahent­en endgültig aus der Spur.

Das ist kein österreich­isches Kugelschre­iber-Wahlzucker­l. Diese Dividende ist Gold wert. Sie ist populär, hilft den Athleten und sichert dem „Lord“ohne Heuchelei jede Wahl.

Wie sticht man in Politik, Wirtschaft oder Sport Kontrahent­en aus? Man verspricht einfach allen mehr Geld.

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