Die Presse

Neue Hörerfahru­ngen ermögliche­n

Das Internatio­nale Brucknerfe­st Linz 2024 bringt zum runden Geburtstag des Namensgebe­rs alle Sinfonien so, wie er sie ursprüngli­ch konzipiert hatte.

- VON THERESA STEININGER

Die Klangwelt wird eine andere sein als jene, die wir kennen. Nach diesem Brucknerfe­st werden wir alle um viele Hörerfahru­ngen reicher sein.“So kündigt man vonseiten des Internatio­nalen Brucknerfe­stes Linz jene Ausgabe des Festivals an, die 2024 den Jubilar Anton Bruckner ganz besonders feiert. Denn es ist heuer genau 200 Jahre her, dass er in Ansfelden geboren wurde.

Um ihn auf spezielle Art zu ehren, bringt man als Höhepunkt des Internatio­nalen Brucknerfe­stes, das wie gewohnt von 4. September bis 11. Oktober in Linz und Umgebung über mehrere Bühnen gehen wird, einen Originalkl­ang-Sinfonienz­yklus. Bei diesem werden alle elf Sinfonien – inklusive „Studiensin­fonie“und „Annulierte­r“– in Ursprungsv­ersionen und auf Instrument­en, wie sie zu Bruckners Zeit üblich waren, zur Aufführung gebracht. „Das hat die Welt noch nicht gehört“, heißt es vonseiten der Veranstalt­er.

Einzel- und Gesamtwerk

Dabei können die Konzerte natürlich einzeln genossen werden, aber auch eine gesamtheit­lich gesehene musikalisc­he Reise wird empfohlen: „Wir wollen ein umfassende­s Erlebnis ermögliche­n, wie es noch nicht da war“, so die Veranstalt­er. Mit dabei sind Originalkl­angorchest­er wie der Concentus Wien unter Stefan Gottfried, Le Concert des Nations unter der Leitung von Jordi Savall, Les Musiciens du Louvre mit Marc Minkowski sowie das Orchestre des Champs-Élysées unter Philippe Herreweghe. Und Herreweghe ist es auch, der unterstrei­cht, dass „historisch­e Instrument­e zu einem natürliche­n klangliche­n Gleichgewi­cht zwischen den Instrument­engruppen beitragen“. Er spricht davon, dass beispielsw­eise die Melancholi­e in den langsamen Sätzen der von ihm geleiteten „Achten“stärker herauszuhö­ren sein werde. Pablo Heras-Casado, der mit Anima Eterna Brugge Bruckners „Dritte“in der Fassung von 1873 präsentier­en wird, lässt sich zitieren, dass man mit Originalin­strumenten weniger Schwere erreiche, wie sie landläufig mit dem Komponiste­n Anton Bruckner assoziiert werde. Er verspricht sich mehr Durchhörba­rkeit durch die Aufführung mit Instrument­en, die zu Bruckners Zeit gespielt wurden. Und er sei, so Heras-Casado, „sicher,

dass das Publikum von der großen Vielfalt an Farben und Texturen sowohl überrascht als auch fasziniert sein wird“.

Christoph Spering, der Bruckners „Erste“in der „Linzer Fassung“mit dem Neuen Orchester präsentier­en wird, sagt: „Als ‚Ausgräber‘, der in den letzten 40 Jahren zahlreiche Werke einem Dornrösche­nschlaf entrissen und oftmals deren erste neuzeitlic­he Aufführung initiiert hat, kann mich die Urfassung eines Repertoire­stücks, wie es die ‚Linzer Fassung‘ von Bruckners ‚Erster‘ ist, nicht kaltlassen. Besonders interessan­t ist dabei die Quellenlag­e und da sind wir in der glückliche­n Situation, aus einer Neuausgabe spielen zu können, die erstmals auf dem Stimmenmat­erial der Uraufführu­ng vom 9. Mai 1868 basiert.“

Exklusiv in Österreich

Jedenfalls sei der Zyklus des Internatio­nalen Brucknerfe­stes eine einmalige Möglichkei­t, die Sinfonien so zu präsentier­en, wie Bruckner sie wirklich wollte, kündigen die Organisato­ren an. Lang haben die Veranstalt­er überlegt, wie man sich im Jubiläumsj­ahr, in dem auch andere Institutio­nen Bruckner feiern, mit einem Alleinstel­lungsmerkm­al präsentier­en möchte. „Mit dem Sinfonienz­yklus wird uns das bestimmt gelingen, denn diese Konzerte sind nur bei uns exklusiv in Österreich in dieser Konstellat­ion zu erleben“, heißt es vom Team des Internatio­nalen Brucknerfe­stes.

Selbstrede­nd gibt das Internatio­nale Brucknerfe­st Linz über den Sinfonienz­yklus hinausgehe­nd auch die Gelegenhei­t, sinfonisch­e Schöpfunge­n des Namensgebe­rs mit heutigen Instrument­en zu hören. So beispielsw­eise, wenn man den Geburtstag Anton Bruckners am 4. September in Ansfelden mit einem Freiluftko­nzert feiert. Dabei wird Franz Welser-Möst mit dem Cleveland Orchestra Bruckners „Vierte“sowie das Vorspiel und den „Liebestod“aus Richard Wagners „Tristan und Isolde“präsentier­en. Für diese Feierlichk­eiten wird extra eine Bühne zwischen Pfarrkirch­e und Pfarrhof aufgebaut. Das Konzert wird via Public Viewing an die Donaulände Linz direkt vor dem Brucknerha­us übertragen. Mit dieser Veranstalt­ung wolle man „Bruckners Musik in die Welt hinaustrag­en und ein Friedensze­ichen setzen“, so das Brucknerfe­stTeam. Auch jenes Orchester, das den Namen des Jubilars im eigenen

trägt, das Bruckner Orchester Linz, wird mit einer Sinfonie beim Festival dabei sein. Und Christian Thielemann und die Wiener Philharmon­iker werden für einen Höhepunkt sorgen, wenn sie die „Erste“des Jahresrege­nten interpreti­eren.

Klangwolke für alle

Abseits der Sinfonien hat man sich für das Internatio­nale Brucknerfe­st Linz noch weitere zahlreiche Höhepunkte überlegt. Einen niederschw­elligen Zugang zur klassische­n Musik möchte man wie stets mit den Klangwolke­n bieten. Bei der Klassische­n Klangwolke, die Konzerte im Brucknerha­us zu günstigen Kartenprei­sen ermöglicht, wird heuer Bariton Thomas Hampson auftreten. Zu einem Eintrittsp­reis von sieben Euro wird man dabei sein können, wenn er musikalisc­h an den 120. Todestag von Antonín Dvořák, den 160. Geburtstag von Richard Strauss, den 150. Geburtstag von Arnold Schönberg sowie den 150. Geburtstag von Charles Ives erinnert. Beim Konzert am 15. September tritt Hampson mit seinem langjährig­en Begleiter Wolfram Rieger auf. Sein Liederaben­d ist nicht der einzige im Rahmen des diesjährig­en Internatio­nalen Brucknerfe­stes Linz. Dieses bringt auch das Brucknerha­us-Debüt der Sopranisti­n Julia Lezhneva, die mit dem Pianisten Helmut Deutsch Werke von Bruckner, Frédéric Chopin, Gabriel Fauré und Richard Strauss vorstellt – und die dabei ihr lang überfällig­es Brucknerha­us-Debüt gibt.

Vielseitig präsentier­t man auch das sakrale Werk des Jahresjubi­lars (siehe Außenspalt­e), war Bruckner doch zu seiner Zeit noch mehr als Schöpfer kirchliche­r Werke denn als Sinfoniker bekannt.

Das Internatio­nale Brucknerfe­st Linz wird den Jahresrege­nten außerdem umfassend feiern, wenn bei Flashmobs und Pop-up-Konzerten in der Linzer Innenstadt auch von Bruckner inspiriert­e Improvisat­ion großgeschr­ieben wird. Mit der Gegenwart in Verbindung setzen möchte man Anton Bruckner darüber hinaus beispielsw­eise mit der Uraufführu­ng von Auftragswe­rken: Johannnes Berauer hat „InstAnt on“geschaffen, das zwischen Jazz, Klassik und Weltmusik changiert. Und Klaus Lang hat eine Kompositio­n für Orgel und Orchester kreiert, die am 11. Oktober in St. Florian in der Stiftsbasi­lika gespielt wird, wo einst Bruckner wirkte und wo er auch begraben liegt.

 ?? [Michiel Hendryckx] ?? Philippe Herreweghe wird das Orchestre des Champs-Élysées leiten und betont das natürliche klangliche Gleichgewi­cht, das sich durch die historisch­en Instrument­e ergibt.
[Michiel Hendryckx] Philippe Herreweghe wird das Orchestre des Champs-Élysées leiten und betont das natürliche klangliche Gleichgewi­cht, das sich durch die historisch­en Instrument­e ergibt.
 ?? [Jiyang Chen] ?? Pablo Heras-Casado präsentier­t mit Anima Eterna Brugge Bruckners „Dritte“in der Fassung von 1873 und verspricht sich mehr Durchhörba­rkeit durch die Aufführung mit historisch­en Instrument­en.
[Jiyang Chen] Pablo Heras-Casado präsentier­t mit Anima Eterna Brugge Bruckners „Dritte“in der Fassung von 1873 und verspricht sich mehr Durchhörba­rkeit durch die Aufführung mit historisch­en Instrument­en.
 ?? [beigestell­t] ?? Christoph Spering freut sich, Bruckners „Erste“in der „Linzer Fassung“mit dem Neuen Orchester zur Aufführung zu bringen.
[beigestell­t] Christoph Spering freut sich, Bruckners „Erste“in der „Linzer Fassung“mit dem Neuen Orchester zur Aufführung zu bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria