Die Presse

Schlägt der Iran zurück? USA geben Israel Rückendeck­ung

Premier Benjamin Netanjahu droht dem Regime in Teheran: „Wer uns angreift, den greifen wir an.“

- VON THOMAS SEIBERT UND THOMAS VIEREGGE

Istanbul/Jerusalem. Angesichts der Kriegsgefa­hr zwischen Israel und dem Iran greift Nervosität um sich. Die Lufthansa hat zumindest bis Samstag den Flugverkeh­r nach Teheran eingestell­t, vorerst aber nicht die AUA. Sie verweist auf eine kürzere Flugzeit und auf einen umgehenden Rückflug. Das russische Außenminis­terium warnte indessen seine Bürger vor Reisen nach Israel und in den Libanon.

Am Donnerstag gab sich Benjamin Netanjahu bei einer Stippvisit­e eines israelisch­en Luftwaffen­stützpunkt­s martialisc­h. Israel sei auf jedes Szenario vorbereite­t, offensiv wie defensiv. Vor Kampfpilot­en sprach der Premier von „herausford­ernden Zeiten“und drohte dem Regime in Teheran: „Wer uns angreift, den greifen wir an.“Es war ein demonstrat­iver Auftritt des Kriegsprem­iers. Nach dem Angriff auf das iranische Konsulat in Damaskus vorige Woche hatte bereits Verteidigu­ngsministe­r Joav Gallant die Armee in Alarmberei­tschaft versetzt und eine Urlaubsspe­rre verhängt.

Für Spekulatio­nen sorgte auch der Besuch des US-Generals Michael Erik Kurilla in Israel. Der Centcom-Chef, im US-Militär zuständig für den Nahen Osten, sucht die Kooperatio­n mit der israelisch­en Armeeführu­ng für den Bau eines provisoris­chen Piers an der Küste des Gazastreif­ens, das die Hilfsliefe­rungen für die Zivilbevöl­kerung erleichter­n soll. Doch die Gespräche des hochrangig­en US-Militärs fügen sich ein in eine Reihe von Konsultati­onen und Treueschwü­ren.

„Eiserne“Unterstütz­ung

US-Präsident Joe Biden hat Israel die „eiserne“Unterstütz­ung gegen den Iran und die pro-iranischen Milizen zugesicher­t. „Wir werden alles tun, was wir können, um die Sicherheit Israels zu schützen“, bekräftigt­e er nach den wochenlang­en Irritation­en zwischen Washington und Jerusalem um die Militärstr­ategie im Gazastreif­en. Außenminis­ter Antony Blinken bestärkte dies noch in einem Anruf bei Gallant. Schließlic­h forderte Sonderbots­chafter Brett McGurk Saudiarabi­en, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Katar und den Irak zu einem mäßigenden Einfluss auf den Iran auf.

Ayatollah Ali Khamenei, der oberste Führer des Mullah-Regimes, hatte zum Ende des Ramadan seine Drohungen gegen Israel erneuert. Die Bombardier­ung des iranischen Konsulats sei wie ein Angriff auf iranischen Boden. Zum al-Quds-Tag am vorigen Freitag hatten mehr als zwei Dutzend israelisch­e Botschafte­n aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n.

Israels Angriff auf die Söhne des Ismael Hanijeh, des Exil-Führers der Hamas, erhöht die Spannungen. Die Terrororga­nisation wirft Israel vor, drei Söhne und vier Enkel Hanijehs getötet zu haben, um die Verhandlun­gen über eine Feuerpause zu sabotieren. Sie werde die Verhandlun­gen aber nicht abbrechen, erklärte die Hamas.

Der Hanijeh-Clan

Israels Armee hatte am Mittwoch mit einer Drohne im Gazastreif­en das Auto der Hanijeh-Söhne Amir, Hazem und Mohammad beschossen; sie wurden nach israelisch­en Angaben angegriffe­n, weil sie Kämpfer der Hamas waren. Hanijeh sagte dem Sender Al Jazeera, seine Söhne seien zu einer Familienfe­ier zum Ende des islamische­n Fastenmona­ts unterwegs gewesen. Laut Al Jazeera kamen dabei auch vier Enkelkinde­r des 62Jährigen ums Leben. Innerhalb der Hamas stärkt das die Position des Exil-Führers, der in Katar lebt.

Als Reaktion auf den Tod von Hanijehs Familienmi­tgliedern warf der Iran der israelisch­en Regierung vor, sich an „keine menschlich­en oder moralische­n Prinzipien“zu halten. Laut israelisch­en Medien waren weder Netanjahu noch Gallant von dem Angriff informiert. Der Angriff auf Hanijehs Söhne sei möglicherw­eise ein Versuch Israels, die Hamas zu Zugeständn­issen in den Verhandlun­gen über eine Feuerpause in Gaza zu bewegen, sagt Pinar Akpinar, Expertin für die Golf-Region an der Universitä­t von Katar. Der jüdische Staat habe demonstrie­rt, dass er in der Lage sei, Anführer der Hamas ins Visier zu nehmen, sagte Akpinar der „Presse“.

Hanijeh ist als Chef des Politbüros neben dem Hamas-Anführer in Gaza, Yahya Sinwar, der wichtigste Entscheidu­ngsträger der Terrorgrup­pe in den Verhandlun­gen über eine Waffenruhe. In den Gesprächen, bei denen Katar, Ägypten und die USA zwischen der Hamas und Israel vermitteln, hatte es in den vergangene­n Tagen Fortschrit­te gegeben. Derzeit warten die Vermittler auf eine Antwort der Hamas auf Vorschläge der USA für eine 40-tägige Kampfpause, eine Freilassun­g von israelisch­en Geiseln der Hamas und eine Entlassung palästinen­sischer Häftlinge in Israel.

Israel hat bestätigt, dass von den 129 Geiseln 34 nicht mehr am Leben seien. Gegenüber dem „Wall Street Journal“gaben US-Beamte an, dass noch viel mehr Geiseln tot sein könnten. Das könnte die Schwierigk­eiten der Hamas erklären, 40 Geiseln für einen Austausch bereitzust­ellen.

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[Reuters ] Israels Verteidigu­ngsministe­r J. Gallant

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