In Westafrika vermittelt neue Generation Aufbruchsstimmung
Interview mit Oppositionsführer Baciro Djá über die Krise im Land und die Hoffnung, die der Machtwechsel in Senegal signalisiert.
Ende November weilte Präsident Umaro Sissoco Embaló bei der Klimakonferenz in Dubai, als in Guinea-Bissau Putschalarm herrschte. Sicherheitskräfte nahmen den Finanzminister und seinen Stellvertreter in einer Polizeistation in der Hauptstadt Bissau fest. Doch der Staatsstreich richtete sich ausnahmsweise nicht gegen den Staatschef, sondern gegen die Regierung, in der die Opposition seit dem Wahlsieg bei den Parlamentswahlen wenige Monate zuvor das Sagen hatte.
Embaló eilte vom Persischen Golf in die westafrikanische Heimat zurück und löste das Parlament auf. Er verstieß somit gegen die Verfassung, die das Parlament zumindest für ein Jahr unter Schutz stellt. Der Präsident tauschte den
Premier aus, beließ die Minister indes großteils im Amt.
Präsidialrepublik nach französischem Vorbild oder das portugiesische Modell mit einer starken Regierung: Baciro Djá sieht in dem Konflikt ein grundsätzliches Problem, wie er im „Presse“-Gespräch feststellt. Der 51-jährige Oppositionsführer, Ex-Verteidigungsminister und für zehn Monate auch Premier, befindet sich gerade auf Promotionstour durch Europa: In Wien, Lissabon, wo eine große Diaspora lebt, und Brüssel präsentiert er sich als Galionsfigur einer neuen Generation – wie jene, die gerade im Nachbarland Senegal die Macht übernommen hat.
Sieg der Demokratie in Senegal
Inmitten politischer Turbulenzen waren Bassirou Diomaye Faye (44) und Ousmane Sonko (49) erst zehn Tage vor der Wahl am 24. März aus dem Gefängnis entlassen worden. Im Tandem zogen sie in den Wahlkampf und erzielten schon in der ersten Runde einen fulminanten Wahlsieg, der auch einen Sieg der Demokratie markiert.
Faye als Präsident und Sonko als Premier setzen einen Kontrapunkt zur Entwicklung, die zuletzt die Länder der Sahelzone prägte. In Burkina Faso, Mali und Niger regieren Militärregime, die weitgehend auf die Unterstützung der russischen Wagner-Miliz bauen.
Auch durch die Geschichte Guinea-Bissaus seit der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal vor 50 Jahren zieht sich eine Serie von Militärcoups. Embaló, ein Ex-General, überstand vor zwei Jahren einen Putsch. Seither versucht er, mehr Kompetenzen an sich zu ziehen. Bei der nächsten Präsidentenwahl, die vermutlich 2025 stattfindet, will sich ihm Baciro Djá entgegenstellen. „Embaló ist geschwächt.“
Als größtes Problem in GuineaBissau bezeichnet der Oppositionsführer die grassierende Korruption, die nicht zuletzt vom florierenden Drogenhandel aus Lateinamerika rührt. Die Drogenhändler nutzen die Inseln des westafrikanischen Staats als Zwischenstopp auf dem Weg nach Europa. Die UNO hat Guinea-Bissau deshalb schon als „Narco-Staat“eingestuft.
„Ich habe Wurzeln in vier Ethnien“, sagt Djá, weshalb er prädestiniert sei, das zuweilen von ethnischen Konflikten zerrissene Land zu einen und der Jugend eine Perspektive zu geben, die sie im Land hält, statt dass sie emigriert.