Die Presse

Historisch­e Ausweitung der Allianz zwischen USA und Japan

US-Präsident Biden und Japans Premier, Kishida, gaben bemerkensw­erte Projekte bekannt. Japan wird auch Teil eines größeren Bunds.

- VON WOLFGANG GREBER

Tokio/Washington/Canberra. Der US-japanische Gipfel in Washington hat in der Nacht auf Donnerstag größere Veränderun­gen in der sicherheit­spolitisch­en Zusammenar­beit der beiden Staaten eingeleite­t.

US-Präsident Joe Biden und Premier Fumio Kishida beschlosse­n unter anderem neue Kooperatio­nen im militärtec­hnischen Bereich, bei der Streitkräf­teführung sowie eine symbolisch­e Geste in der Raumfahrt: Demnach soll im Rahmen des Artemis-Programms bei der für 2026 angesetzte­n ersten Mondlandun­g auch ein Japaner auf den Mond. Bisher waren dort (1969–1972) nur US-Amerikaner, insgesamt zwölf. Die Sache könnte delikat werden, denn die Nasa betreibt Artemis primär mit der ESA sowie nationalen Weltraumbe­hörden,

etwa jenen Japans, Kanadas, Israels. Im Raumschiff fliegen vier Raumfahrer, doch sollen vorerst nur zwei auf dem Mond landen, wobei sich die Amerikaner ihren Platz sicher nicht nehmen lassen.

Jedenfalls sieht Biden, wie er sagt, die bedeutends­te Ausweitung der Allianz mit Tokio seit der Gründung 1951, mehrere Jahre nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg. In organisato­rischer Hinsicht bahnt sich eine Annäherung, ja Verschränk­ung der USStreitkr­äfte in Japan (aktuell etwa 50.000 Mann vor allem von Marine und Luftwaffe) mit Japans Militär bis 2025 an. Vorbild ist Südkorea: Dort besteht für Operatione­n ein gemeinsame­s Oberkomman­do mit einem US-Viersterne­general als Chef und einem Koreaner als Vize. Diese Verschränk­ung gibt es vielfach auch auf unteren Ebenen.

Die United States Forces Japan hingegen unter Kommando eines Dreisterne­generals gehören zwar ebenfalls dem U.S. Indo-Pacific Command mit Sitz Hawaii an, sind aber formal weniger autonom als jene in Korea und nicht so verzahnt mit den Japanern. Ein Hintergrun­d ist, dass Japans Militär bisher nur als Verteidige­r der Heimat im engeren Sinn gesehen wurde, während die Amerikaner Japan als Plattform weiterreic­hender Operatione­n genutzt haben. Nun bahnt sich die Aufwertung des US-Oberkomman­dos in Japan auf Viersterne­niveau und die erwähnte Schaffung eines gemeinsame­n Stabs mit Japan an. Hinter der Symbolik stecken die Aufwertung der Japaner und ihre Einbindung auch in Aktionen fernab des Hoheitsgeb­iets.

Strategisc­hes Netz gegen China

Washington und Tokio werden auch bei Technik etwa im Raketenund U-Boot-Bereich, bei künstliche­r Intelligen­z und Cyberkrieg­sführung zusammenar­beiten, Japan bekommt weitreiche­nde Marschflug­körper. Und über die beiden Partner hinaus ist eine Teilintegr­ation Japans in den noch viel größeren Militärbun­d Aukus absehbar: Dieser wurde 2021 gegründet und umfasst Australien, Großbritan­nien (United Kingdom) und die USA, daher das Kürzel.

Im Kern geht es bei Aukus um die erstmalige Ausrüstung Australien­s, des westlichen Pfeilers im Indopazifi­k, mit US- und britischen Atom-U-Booten und um leichtere Truppensta­tionierung. In Säule 2 beinhaltet Aukus auch Kooperatio­n im (militär-)technische­n Sektor, dazu wird Japan eingeladen. Konkret wurde etwa die Schaffung eines gemeinsame­n Luftvertei­digungssys­tems genannt. In Säule 2 ist auch Neuseeland; Kanada dürfte folgen. Es gibt hier sogar Kontakte zu Indien, dem großen Rivalen Chinas in Asien. China mit seinem Hegemonial­streben zumindest im Westpazifi­k, aber auch Nordkorea und Russland kann man als Motive hinter Aukus und der ausgeweite­ten Kooperatio­n Japan/USA sehen.

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