Ludwig legt Ärzte-Streit bei
Wiens Bürgermeister beendet schwerste Auseinandersetzungen zwischen Kammer und Stadt.
Es war ein monatelang erbittert geführter Schlagabtausch zwischen dem roten Wien in Person von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und Ärztekammer in Form des (ÖVP-nahen) Präsidenten Johannes Steinhart und (vor allem) dessen damaligen Vize, Stefan Ferenci. Dieser hatte nach Steinharts gesundheitlicher Pause im Vorjahr die Kammer geführt. Es wäre nicht untertrieben, wenn man das Klima zwischen Stadt und Ärztekammer als vergiftet bezeichnet hätte.
„Was machen Sie beruflich, Herr Gesundheitsstadtrat?“, attackierte Ferenci sein Gegenüber, Peter Hacker. „Nicht Ärztemangel ist das Problem, sondern der Kompetenzmangel beim Gesundheitsstadtrat“, so der streitbare Mediziner weiter. Peter Hacker schoss hart zurück.
Die Auseinandersetzung zwischen Stadt und Ärztekammer ging so weit, dass Anna Kreil, stellvertretende Obfrau der Kurie der angestellten Ärzte, eine radikale Forderung auf den Tisch legte: Die Spitäler müssten „vollständig aus den städtischen Strukturen ausgegliedert“werden. Es sei offensichtlich: „Überall da, wo die Stadt ihre Finger im Spiel hat, funktionieren die Abläufe nicht“, attackierte Frédéric Tömböl (damals Mitglied des Präsidiums der Ärztekammer). Gleichzeitig wurde eine Kampagne gegen die Stadtregierung gestartet.
Hacker wiederum bezeichnete Umfragen der Ärztekammer, wonach es unter den Spitalsärzten eine große Unzufriedenheit gebe, als „Propaganda“. Diese würde mit irreführenden Zahlen arbeiten. Gleichzeitig forderte Hacker, dass Wahlarzt-Ordinationen nur bei gleichzeitiger Vollanstellung in einem Krankenhaus zugelassen werden sollten – was die Ärztekammer empörte.
„Freue mich“
Nun gab es eine überraschende Entwicklung. Am Dienstag wurden die beiden Vizepräsidentinnen und Kurienobfrauen der Wiener Ärztekammer, Natalja Haninger-Vacariu (Kurie der angestellten Ärzte) und Naghme Kamaleyan-Schmied (Kurie der niedergelassenen Ärzte), feierlich angelobt. Und zwar von Bürgermeister Michael Ludwig höchstpersönlich – im Beisein von Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart, mit dem die Stadtregierung harte Auseinandersetzungen hatte, seit Steinhart Mitte 2022 sein Amt angetreten hatte. „Die konstruktive Zusammenarbeit und der regelmäßige Austausch mit der Ärztekammer ist mir ein besonderes Anliegen“, ließ Ludwig bei der Angelobung aufhorchen: „Denn diese gute Gesprächsbasis ist essenziell, um den Gesundheitsstandort Wien gemeinsam weiterzuentwickeln. Ich freue mich wirklich sehr auf eine gute Zusammenarbeit mit der Ärztekammer.“
Nachdem der Bürgermeister zuletzt überraschend Brücken in Richtung der Opposition (ÖVP und Grüne) gebaut hatte, um eine konstruktive Zusammenarbeit in und für Wien zu ermöglichen, wurde mit der persönlichen Angelobung der Steinhart-Vize nun auch eine Brücke zur Ärztekammer gebaut. Es war ein Friedensangebot, das Präsident Steinhart lächelnd annahm.
Damit dürften die monatelangen Querelen, Angriffe und gegenseitigen Unterstellungen in einem überraschenden Frieden münden. Immerhin hatte Ludwig im Rahmen der Angelobung mit der ÄrztekammerSpitze auch über äußerst heikle Punkte wie die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen, Ärzte und andere Gesundheitsberufe sowie die Weiterentwicklung der Wiener Spitäler und die Probleme mit Kassenplanstellen im niedergelassenen Bereich gesprochen. Damit ziehen Stadtregierung und Ärztekammer (erstmals seit langer Zeit) wieder an einem Strang – was dringend notwendig ist, betrachtet man die massiven Verwerfungen und Probleme im Gesundheitsbereich, die sich bereits ebenso massiv auf die Patienten (nicht nur) in Wien auswirken.