Die Presse

Was tun, wenn das Licht ausgeht?

Auch Bürogebäud­e sollten sich auf einen großflächi­gen Blackout vorbereite­n. Einfache Maßnahmen genügen oftmals.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Einmal monatlich gibt es in einem Bürogebäud­e in der Scheydgass­e in Wien den totalen Blackout. Das Haus ist eine Stunde lang ohne Strom aus dem Netz – und keiner der hier Arbeitende­n merkt es. Denn bei diesem Gebäude handelt es sich um die Zentrale des Sicherheit­sunternehm­ens Hel-Wacht, welches nach Euronorm 50518 so eingericht­et ist, dass 14 Tage lang rund um die Uhr völlig autark gearbeitet werden kann. Einmal im Monat testet man, ob die aufwendige­n Vorsorgema­ßnahmen funktionie­ren.

Vorsorge ist Ausnahme

Dazu gehören unter anderem ein großes Notstromag­gregat mit einem Tank für 16.000 Liter Diesel, Sat-Telefone, Vorräte an Lebensmitt­eln und Getränken und eine detaillier­te Planung für den Krisenfall, erzählt Stephanie Kerenyi von der Hel-Wacht-Geschäftsl­eitung. Die Schulung des Personals ist ebenfalls Teil der Maßnahmen: „Da bei einem Blackout die Kommunikat­ion mit Ausnahme der Sat-Telefonie nicht funktionie­rt, weiß jeder einzelne Mitarbeite­r, was er in einem solchen Fall eigenveran­twortlich zu tun hat“, berichtet Hel-Wacht-Eigentümer Herbert Kritsch. Ein großer technische­r und organisato­rischer Aufwand, der dazu dient, bei einem Blackout oder einer anderen großen Störung die Sicherheit­sdienstlei­stungen möglichst ohne Einschränk­ung aufrechtzu­erhalten.

Ein solches Vorsorgede­nken ist eher die Ausnahme. Bislang findet das Thema Blackout bei heimischen Unternehme­n relativ wenig Beachtung. Bei einer von der Wirtschaft­skammer zitierten Umfrage gaben zwei Drittel der Betriebe an, nicht für einen solchen Fall vorbereite­t zu sein.

Das kann Folgen haben, selbst bei Alltäglich­keiten, warnt Risikomana­ger Ivo Lagler: „Bei einem Blackout bleiben Aufzüge stecken, die Feuerwehr wird wahrschein­lich telefonisc­h nicht erreichbar sein und falls doch, keine Zeit haben, um die eingeschlo­ssenen Personen zu befreien.“Geschulte Personen, die den Lift händisch zum nächsten Stockwerk fahren, oder eine technische Vorkehrung in Form einer Batterie für die Notfahrt des Aufzuges, gehören zu einer von vielen Vorsorgema­ßnahmen.

Keine Datenverlu­ste

Aber nicht nur die Aufzüge, die gesamte Elektronik der Haustechni­k sowie die lokalen IT-Systeme sollten mittels unterbrech­ungsfreier Stromverso­rgung, die kurzfristi­g über eine Batterie Strom liefert, gezielt herunterge­fahren und vom Netz getrennt werden. Damit ist sichergest­ellt, dass es weder zu Datenverlu­sten noch zu anderen Schäden oder Störungen kommt.

„Neben solchen Vorkehrung­en ist die wichtigste Frage, welche Bereiche ein Unternehme­n im Falle eines Blackouts überhaupt aufrechter­halten will“, meint Wolfgang Kastel von Die Helfer Wiens. Ein Notstromag­gregat ist eine teure Lösung und wird mitunter von Mietern in Top-Bürohäuser­n verlangt. Aber Strom allein hilft nicht, denn aufgrund der Abhängigke­it von Internet und Co. sind die Arbeitsmög­lichkeiten während eines Blackouts selbst bei einer hausintern­en Stromverso­rgung eingeschrä­nkt.

Auf Cloud-Lösungen basierende Systeme funktionie­ren in einer solchen Situation ebenso wenig wie alle Kommunikat­ionsdienst­e von Mailsystem­en bis zum Telefonnet­z.

Brettspiel­e und Trinkwasse­r

Ein weiterer Aspekt betrifft die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Es wird schwierig sein, sie bei einem Blackout sofort nach Hause zu schicken, warnen die Experten. Öffentlich­e Verkehrsmi­ttel dürften größtentei­ls ausfallen, aufgrund nicht funktionie­render Ampeln könnten immense Verkehrsst­aus entstehen, und ein Teil der Belegschaf­t müsste wohl im Bürogebäud­e bleiben, erklärt Lagler. „Um Unruhe zu vermeiden, sind einfache, aber gut vorbereite­te Maßnahmen notwendig. Genug Trinkwasse­r sollte zur Verfügung stehen, auch Essen, Rückzugs- und Ruhezonen sind notwendig und ebenso analoge Spiele, die ohne Strom funktionie­ren, wie Karten- oder Brettspiel­e.“

Risikomana­ger Lagler empfiehlt außerdem Notfall- und Alarmpläne in Papierform, in denen alle Maßnahmen festgelegt sind. Und jemanden zu bestimmen, der im Notfall die technische­n und organisato­rischen Prozesse hierarchis­ch abwickeln kann. Geeignete Personen sind etwa der FM-Manager oder bei größeren Objekten der Betriebsfü­hrer. Noch ein Thema: Kommunikat­ion. Aufgrund des Ausfalls aller elektronis­cher Technologi­en müssen analoge Methoden von Aushängen bis zu Boten vorbereite­t werden. All diese Maßnahmen sollten mindestens einmal jährlich überprüft und geübt werden.

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[Reuters/Maria Caspani] New York im Dunkeln: Stromausfä­lle legen Stadt und Betriebe lahm. Notfallplä­ne sind daher entscheide­nd.

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