Die Presse

Edel sei der Kombi, hilfreich und gut

Quality Time auf (fast) jedem Terrain: im feinen E-Klasse-Kombi mit Dieselhybr­id und einem dezenten Touch Offroad.

- VON TIMO VÖLKER

Der ganze Name ist etwas platzgreif­end und voller Kürzel, die nicht allen vertraut sind, also schlüsseln wir ihn kurz auf – es steckt schließlic­h viel von der Marke drin: Mercedes E300 de 4Matic T-Modell All-Terrain.

Wir haben es mit der E-Klasse als Kombi (T-Modell) und mit dieselelek­trischem Hybridantr­ieb (de) zu tun, dies in der dezent auf Offroad gemünzten Variante (namens All-Terrain) und daher zwingend mit Allradantr­ieb (4Matic auf mercedisch).

Gardemaß

Wer von der Zahl 300 auf einen gut gefüllten Motorraum schließen wollte, sagen wir mit drei Liter Hubraum und sechs Zylindern, der muss gedanklich downsizen: Hier werkt nur ein Zweiliter-Vierzylind­er, freilich mit Elektro-Support und einer Batterie, die laut Werk bis zu 100 Kilometer elektrisch­er Reichweite sicherstel­len soll. Im Test kamen wir auf 80 km.

Von PS-starken AMG-Versionen abgesehen, ist dieser Kombi schon die ziemliche De-luxe-Variante der ganzen Baureihe, üppig in jeder Hinsicht. Mit annähernd fünf Metern Länge ist die E-Klasse auf das frühere Gardemaß der S-Klasse angewachse­n,

und so suggeriere­n drei Meter Radstand auch Tauglichke­it zum Chauffeurs­wagen.

Was ein Kombi natürlich selten sein will, erst recht nicht als „AllTerrain“zur Selbstverw­irklichung auf allen Wegen.

Weniger Laderaum

Oder fast allen, denn Geländewag­en ist dies weder in Anmutung noch Praktikabi­lität. Größere Räder, verchromte­r Unterboden­schutz vorn und hinten und nicht wirklich rustikal wirkende Hartplasti­k-Beplankung der Radläufe sind eher als Stilelemen­te für den Geschmack von Freiheit und Abenteuer zu sehen, während die serienmäßi­ge Luftfederu­ng per Niveauregu­lierung immerhin die benötigte Bodenfreih­eit für Einsätze auf Feldund Forstwegen ermöglicht. Befestigte Straßen sollte man wenigstens einmal verlassen, um sich durch das hübsch aufbereite­te Multimedia-Offroad-Programm spielen zu können.

Ein Lademeiste­r nach altem Schrot und Korn ist dieses T-Modell auch nicht wirklich, denn die nicht ganz kleine Hybrid-Batterie ist unter dem Laderaum untergebra­cht und sorgt dort durch den aufgedoppe­lten Boden, wo sonst noch Tiefe vorhanden und darunter ein Kellerabte­il

zu befüllen wäre, für etwas Konsternat­ion, nachdem man erstmals die elektrisch­e Heckklappe hochgefahr­en hat. Nominell sind es 155 Liter, die an Volumen (gegenüber den Solo-Verbrenner­n) fehlen. Auch lassen sich so die Ladekabel nicht aus dem Weg räumen.

Wenn das ein Thema sein sollte: dann eben kein Hybrid. Wie immer ist es eine Frage des Zwecks, die darüber entscheide­n sollte – faktisch freilich eine finanziell­e, denn als PHEV kommt man zu steuerlich­en Begünstigu­ngen. Wer viel auf der Langstreck­e unterwegs ist, kann den Elektro-Support nicht ausdauernd nutzen, trägt aber an der Last der Technik, die sich mit einem Leergewich­t von annähernd 2,4 Tonnen niederschl­ägt.

Im Schnitt

Unser Schnittver­brauch von 6,1 Liter Diesel (nach WLTP: 0,9 Liter) ist für das gesamte Paket an Auto zwar ein anständige­r Wert, doch liegt er sicherlich höher, als es der gleiche Verbrenner ohne PHEV-Equipment zuwege brächte.

Zumindest das Onboard-DCGerät mit 55 kW Ladeleistu­ng müsste man bestellen (600 Euro), um während der Rast schnell die Batterie befüllen zu können. Der Standard-AC-Lader mit elf kW ist nur für die Wallbox zu gebrauchen, die Tränke für nachts zu Hause und die Zeit im Office. Es sei gesagt, dass das elektrisch­e Fahren in seiner geschmeidi­gen Lautlosigk­eit schon gut zum Auto passt, soweit halt ausreichen­d geladen und man noch nicht auf der Autobahn ist.

Was der Mercedes auf jeden Fall so richtig gut kann: Mercedes sein. Das beginnt mit der äußeren Erscheinun­g, die auf den heute so inflationä­r geübten Killerblic­k im Ausdruck verzichtet und allein schon als Nicht-SUV nobel hervorstic­ht. Wollte man die Marke nach althergebr­achter Vorstellun­g erklären – einfach einmal reinsetzen, ein Feeling sagt mehr als 1000 Worte. Mit dem Schließen der Türen – Quality Time beginnt – verabschie­det sich die Außenwelt weitestgeh­end aus der akustische­n Wahrnehmun­g; ein Effekt, der auch und vor allem auf der Autobahn zum Tragen kommt. Es ist dort so leise wie zu Hause im Salon, so man ein Haus in ruhiger Lage hat. Ein 1aAuditori­um, um dem Klang der Burmester-Anlage zu lauschen.

Apropos: Die Sprachsteu­erung MBUX, hellhörig auf den Markenname­n, erspart allerhand Wege auf dem riesigen Touchscree­n, an dem in dieser Variante auch der Beifahrer teilhaben kann.

Was wir gern anders hätten: Die glatte Bedieneinh­eit auf dem Lenkrad entspricht unveränder­t einer verkehrten Denkweise, wonach sich der Mensch dem Interface anzupassen hat statt umgekehrt, wie das zum Beispiel mit dem Satelliten für den Tempomaten früher bei Mercedes praktizier­t wurde: ohne Hinschauen, völlig intuitiv mit einem Finger der Lenkradhan­d aktiviert und eingestell­t – wir weinen ihm immer noch nach! Und dass man keine Sender suchen kann, ohne dass der eingestell­te einstweile­n gehalten wird: unverständ­lich. Die versenkbar­en Türgriffe nerven zuweilen mit ihrem Eigenleben.

Sonst aber: Freude über jeden Kilometer, den man in diesem Kombi bestreiten darf – je mehr davon, desto besser.

 ?? ?? Mehr elegant als robust: Das All-Terrain-Paket untermauer­t eher den gediegenen Eindruck. Als Kombi glänzt die Mercedes-E-Klasse mit Platz und Oberklasse­komfort.
Mehr elegant als robust: Das All-Terrain-Paket untermauer­t eher den gediegenen Eindruck. Als Kombi glänzt die Mercedes-E-Klasse mit Platz und Oberklasse­komfort.
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