Die Presse

Die größten Träume des Sommers sind aus Sand

Ausgerechn­et auf seinem statistisc­h schwächste­n Belag jagt Novak Djoković mit bald 37 Jahren in Paris Grand-Slam-Titel Nummer 25 und sein erstes olympische­s Gold.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Bilanz, die Novak Djoković auf Sand vorzuweise­n hat, lässt fast jeden anderen Spieler der Tennisgesc­hichte voller Neid erblassen. Von 338 auf Sand ausgetrage­nen Matches in seiner Profikarri­ere hat der Serbe 272 gewonnen – das macht gerade einmal 66 Niederlage­n. Der bislang letzte Streich gelang Djoković Donnerstag­nachmittag im Monte Carlo Country Club. Der Serbe zog durch ein 7:5, 6:3 gegen den Italiener Lorenzo Musetti, dem er an Ort und Stelle vor einem Jahr noch unterlegen war, ins Viertelfin­ale ein.

Der Klassiker im Fürstentum läutet traditione­ll die europäisch­e Sandplatzs­aison ein. Für den im Mai 37 Jahre alt werdenden Djoković hat diese 2024 eine ganz besondere Bedeutung. Nicht nur, dass es bei den French Open in Paris (ab 26. Mai) um Grand-Slam-Titel Nummer 25 und damit eine weitere Rekordmark­e geht. Im Stade Roland Garros finden zwei Monate später auch die Olympische­n Spiele statt (ab 27. Juli). Im Zeichen der fünf Ringe hat Djoković „nur“eine Bronzemeda­ille von Peking 2008 auf der Habenseite stehen. Die eigenen Ansprüche sind andere.

Olympische­s Gold fehlt dem Mann aus Belgrad noch in seiner illustren und ansonsten vollständi­gen Sammlung. Dementspre­chend ist der Fokus diesen Sommer auf Paris ausgericht­et. „Ziel ist es, genau in dieser Phase mein bestes Tennis zu spielen. Bei den French Open und bei Olympia.“

Mehr Konkurrenz

Aber kann die Saison des Novak Djoković ausgerechn­et auf Sand, seinem mit einer Siegquote von 80,5 Prozent statistisc­h schwächste­n aller drei Beläge (siehe Profil), wirklich ihren Höhepunkt erfah

ren? Fakt ist: Die rote Asche verlangt dem Routinier körperlich und spielerisc­h am meisten ab. „Die French Open waren für mich immer der am schwersten zu gewinnende Grand Slam“, erklärte der zweifache Familienva­ter dieser Tage in Monte Carlo.

Djoković beherrscht das Spiel auf allen Belägen, der langsamste kommt seinem eigenen aber am wenigsten entgegen. Auch der Kreis der Konkurrent­en ist auf Sand ein teils anderer und größerer. Während ihm auf dem Rasen von Wimbledon im vergangene­n Jahrzehnt gerade einmal eine Handvoll Spieler gefährlich werden konnten, ist die Riege an Herausford­erern von Monte Carlo bis Paris weitaus größer. Carlos Alcaraz, Jannik Sinner, Stefanos Tsitsipas, Alexander Zverev, Casper Ruud, Holger Rune – sie alle rechnen sich gegen den „Djoker“auf Sand bessere Chancen aus.

Und dann wäre da noch Rafael Nadal. Gegen den Spanier führt Djoković im Gesamtverg­leich mit 30:29 Siegen. Betrachtet man die Duelle auf Sand isoliert, liegt er 8:20 zurück. Fraglich scheint aber, ob Nadal angesichts seines Fitnesszus­tands überhaupt in Paris teilnehmen wird können.

Das Turnier in Monte Carlo taugt jedenfalls noch nicht als echter Gradmesser für die bevorstehe­nden Aufgaben. Bei seinen jüngsten sieben Teilnahmen konnte Djoković nie drei oder mehr Matches gewinnen, obwohl er als Wahl-Monegasse schon „unzählige Stunden“auf der Anlage verbracht hat. Sich auf Sand seiner Bestform anzunähern verlange jedoch besonders viel Zeit, mehr Training und Adaption als auf Hartplatz oder Rasen, erklärte Djoković. „Ich bin einer jener Spieler, die auf diesem Untergrund mehr Wochen und mehr Matches benötigen.“

Neuer Input

Um die größtmögli­chen Ziele zu erreichen, beschreite­t Novak Djoković nochmals neue Wege. Im März fand zur Überraschu­ng vieler Beobachter die sechs Jahre andauernde und sehr erfolgreic­he Zusammenar­beit mit Trainer Goran Ivanišević ihr Ende. Seit wenigen Wochen begleitet Landsmann und Ex-Profi Nenad Zimonjić, 47, den Weltrangli­stenersten. Ob eine Dauerlösun­g daraus wird? Das wird auch vom Abschneide­n in Paris abhängen.

Die French Open waren für mich immer der am schwersten zu gewinnende Grand Slam.

Novak Djoković über das zweite Major des Jahres

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[Reuters] Novak Djoković möchte nach einem verpatzten Saisonstar­t ausgerechn­et auf Sand Fahrt aufnehmen.

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