Mehr Container für Kinder von Zuwanderern sind keine Lösung
Eine liberale Migrationspolitik erlaubte jedem, in die EU zu kommen – wenn er oder sie imstande ist, ohne Sozialhilfe auszukommen. Ein Gedankenexperiment.
Soll die Integration von Migranten „halbwegs erfolgreich gelingen, muss der Staat den Zustrom an Asylberechtigten deutlich und dauerhaft drosseln … zwangsläufig darf diese Debatte Einschränkungen des Asylrechts nicht ausklammern“.
Diese harte, aber völlig zutreffende Anmerkung stammt nicht etwa von Herbert Kickl, sondern war dieser Tage in einem „Standard“-Kommentar zu lesen, also dort, wo 2014/15 noch rührselig von „Schutzerflehenden“die Rede war.
Jetzt, nur neun Jahre nach dem Beginn der großen Massenmigration, spricht sich herum, welche Probleme das verursacht hat und weiter verursachen wird, von der Kriminalität bis zur Kindererziehung an den Schulen. Selbst jene Medien, die sich als Zentralorgane der Willkommenskultur verstanden, haben plötzlich Fragen. Es ist, als wäre eine kollektive Narkose zu Ende. Was machen wir aber jetzt angesichts all dieser Probleme?
Man muss kein besonderer intellektueller Hasardeur sein, um zu prognostizieren, dass sich die EU und ihre Mitgliedstaaten in dieser Frage auch in den nächsten Jahren einer erprobten Methode bedienen werden – der „Methode Durchwurschteln“. Heißt im Großen und Ganzen: weiter wie bisher, ohne wirklich radikale Änderungen, denn die sind weit und breit schlicht und einfach nicht in Sicht.
Statt das Problem endlich mit der notwendigen Radikalität zu lösen, bauen wir noch ein paar Containerschulen, in denen dann syrische Kids integriert werden sollen, indem sie mit anderen syrischen Kindern zusammen sind und von ein paar notdürftig aufgetriebenen pädagogischen Reservisten unterrichtet werden. Viel Erfolg damit, kann man da nur sagen.
Selbst wenn, was allgemein vermutet wird, die politische Rechte bei den EUWahlen im Juni deutlich stärker wird, wird sich eher die Rhetorik als die Realität ändern. In Italien etwa hat Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) vor zwei Jahren die Wahlen mit der Ankündigung einer schärferen Migrationspolitik gewonnen – in Lampedusa landen aber seither kaum weniger Migrantenboote an als vorher. Und auch Herbert Kickl brachte als Innenminister keine große Abschiebewelle zustande, ganz im Gegenteil.
Eine interessante Überlegung wäre, einen Gedanken Milton Friedmans (Wirtschaftsnobelpreisträger 1976) aufzugreifen, der gemeint hat, ein Staat könne entweder offene Grenzen haben oder ein Wohlfahrtsstaat sein, aber nie beides.
Wie recht er damit gehabt hat, kann man im Westen Europas gut beobachten, wo der Sozialstaat unter der Wucht der Migration immer mehr in Bedrängnis kommt. Da aber eine massive Drosselung des Zuzugs nicht klappt, wäre es naheliegend, dann den Sozialstaat im Wesentlichen auf jene zu beschränken, die ihn finanziell aufgebaut haben.
Daraus wäre ein im Kern liberales Migrationsmodell ableitbar (das Thema echtes Asyl ist davon natürlich strikt zu trennen). Vereinfach gesagt: Es kann jeder und jede kommen, der oder die will – aber ohne Anspruch auf Sozialhilfe zumindest für einen bestimmten Zeitraum, etwa fünf Jahre. Wer es schafft, für sich selbst zu sorgen oder auch für seine Familie, wird in einem derartigen Modell das Recht – und vor allem die finanziellen Mittel – haben zu bleiben, wer das nicht kann, wird sich mangels finanzieller Ressourcen nicht lang hier halten können.
Eine derart liberale Migrationspolitik hätte viele Vorzüge: Es blieben nur die, die imstande sind, unsere demografische Lücke zu schließen, der Staat müsste sich nicht mehr mit gewaltigem bürokratischen Aufwand um das Management der Migration kümmern, und all jene Risiken, die entstehen, wenn vor allem jüngere Männer längere Zeit ohne Arbeit, aber mit gesichertem Grundeinkommen herumlungern müssen oder können, dürften ganz erheblich reduziert werden.
Mir ist klar, dass so etwas rechtlich schwierig darstellbar wäre und massiver Gesetzesänderungen bedürfte. Aber ich fürchte, die Risiken einer „Weiter wie bisher“-Politik sind größer als die eines Versuchs, radikaler als bisher zu denken.
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Selbst wenn die Rechte bei den EU-Wahlen stärker wird, wird sich eher die Rhetorik ändern als die Realität.