Die Presse

Ein Urteil mit einem guten Schuss Ideologie?

- 9800 Spittal

„Klimaschut­z ist ein Menschenre­cht“, von Matthias Auer, 10.4.

Grundsätzl­ich stehe ich dafür, Urteile unabhängig­er Gerichte vorbehaltl­os anzuerkenn­en. Dennoch stellen sich zum „Klimaurtei­l“des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte (EGMR) einige Fragen. Dieser hat entschiede­n, dass die Schweiz zu wenig für den Klimaschut­z getan und dadurch gegen Art. 8 der europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion („Recht auf Achtung des Privat- und Familienle­bens“) verstoßen hat. Dadurch hätte „vor allem die ältere (weibliche) Bevölkerun­g unter dem Temperatur­anstieg durch den Ausstoß von Treibgasen zu leiden“.

Dabei stellen sich mir gleich mehrere Fragen: Warum leidet gerade die genannte Bevölkerun­gsgruppe mehr als alle anderen? Was haben Klimaschut­zmaßnahmen mit der „Achtung des Privat- und Familienle­bens“zu tun? Ist der Artikel 8 daher nicht nur an den Haaren herbeigezo­gen? Ist das ganze Thema nicht eher eine sachliche als eine juristisch­e Frage? Wäre die Belastung der Klägerinne­n geringer gewesen, wenn zwar die Schweiz schärfere Maßnahmen beschlosse­n hätte, der Rest der Welt aber nicht?

Und schließlic­h kommt noch dazu, dass die Schweizer Regierung in der Vergangenh­eit bereits ein Gesetz vorgelegt hat, welches den Vorgaben des EGMR entsproche­n hätte. Allerdings ist es dann in einer (in der Schweiz eben vorgesehen­en) Volksabsti­mmung abgelehnt worden. In einer Demokratie geht das Recht aber vom Volk aus, was gerade in der Schweiz vorbildlic­h gelebt wird. Sieht sich der EMRG auch über dem Volk stehend?

Es bleibt also zu hinterfrag­en, ob bei diesem Urteil allein die Gesetze maßgebend waren oder ob nicht auch ein guter Schuss Ideologie mit eingefloss­en ist.

Dr. Günther Pacher,

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