Die Presse

Schlechtes Klima bei Österreich­s neuer Sicherheit­sstrategie

Türkis-Grün kann sich seit Monaten nicht auf Strategiep­apier einigen. Laut Verhandler­n wollen Grüne Klimaschut­zgesetz „hineinrekl­amieren“.

- VON DANIEL BISCHOF

Seit Wochen stecken die Verhandlun­gen zu Österreich­s neuer Sicherheit­sstrategie fest. In der aktuell noch gültigen Strategie von 2013 gilt Russland als „wesentlich­er Partner“, China wird überhaupt nicht erwähnt. Daher wollten Karl Nehammers ÖVP und Werner Koglers Grüne bis Jahresende 2023 ein neues Papier vorlegen. Mitte April zeichnet sich noch immer keine Einigung ab, in Verhandler­kreisen steigt der Frust. Doch woran die Verzögerun­g liegt, dazu kursieren mehrere Versionen.

Fest steht, dass die Differenze­n das Klima- und Energiekap­itel betreffen. Alle sonstigen Kapitel gelten als fertig. Das Problem sei, dass die Grünen das Klimaschut­zgesetz in die Strategie „hineinrekl­amieren wollen“, heißt es aus mit der Materie vertrauten Kreisen. Demnach soll eine Passage eingeführt werden, wonach Österreich seine Klimaschut­zziele verbindlic­h durch ein solches Gesetz, „wie im Regierungs­programm 2020–2024 vorgesehen“, regeln solle.

Weil es dazu „schon seit Langem auch auf anderer Ebene keine politische Einigung“gebe, sei es „realitätsf­ern und am Thema vorbei, das hier hineinzure­klamieren“, heißt es aus Verhandler­kreisen. „Die Sicherheit­sstrategie ist zu ernst und wichtig, als dass sie Gewessler zur ideologisc­hen Selbstverw­irklichung in ihren letzten Amtsmonate­n nutzt.“Es sei ja ohnehin umfassend in der Strategie abgebildet, dass der Klimawande­l ein Sicherheit­srisiko sei. Übel wird dem von Leonore Gewessler (Grüne) geführten Klimaschut­zministeri­um auch genommen, dass es bei der letzten Verhandlun­gsrunde am 20. März keinen eigenen Vertreter geschickt hat, sondern sich von Kollegen des Beamtenmin­isteriums vertreten ließ.

Ein Sprecher des Klimaschut­zministeri­ums bestätigt, dass am 20. März die letzte Verhandlun­gsrunde stattgefun­den hat. Es habe sich um ein Treffen auf Beamtenebe­ne gehandelt, das Ministeriu­m habe sich im Vorhinein mit dem Beamtenmin­isterium eng akkordiert. Allerdings wäre es wichtig gewesen, sich vor diesem Treffen zunächst auf politische­r Ebene über die offenen Punkte zu einigen. Das sei nicht der Fall gewesen, so der Sprecher.

Die Grünen dementiere­n, dass sie das Klimaschut­zgesetz „hineinrekl­amieren“wollen. Entscheide­nd sei, „dass die Sicherheit­sstrategie den Ausstieg aus russischem Gas umfasst“, heißt es aus dem grünen Klub. Man habe gesehen, „welche Auswirkung­en die Abhängigke­it auf unsere Energiesic­herheit hat“. Hier sieht die Partei die Verhandlun­gen mit der ÖVP noch nicht am Ziel. „Wir sind aber zuversicht­lich, dass das Bundeskanz­leramt nun die finale Koordinier­ung abschließt“, heißt es. Die ÖVP hält in einer Stellungna­hme fest, dass die Gespräche mit den Grünen laufen und sich „auf einem guten Weg befinden“würden.

Woran auch immer die monatelang­e Verzögerun­g liegt, die Opposition ist verärgert : Immerhin sei von Türkis-Grün versproche­n worden, dass man alle Parteien umfassend in den Prozess einbinde, das werde sich angesichts der Nationalra­tswahl kaum noch ausgehen. Einerseits werde von der Bundesregi­erung die Unterwande­rung Österreich­s durch Russlands Geheimdien­ste beklagt, sagt Neos-Generalsek­retär Douglas Hoyos. Anderersei­ts werde Russland in der gültigen Strategie noch immer als „wesentlich­er Partner“bezeichnet. „Beides zusammen geht sich nicht aus“, sagt Hoyos.

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[Steinmaure­r ] Ministerin Leonore Gewessler von den Grünen.

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