Schlechtes Klima bei Österreichs neuer Sicherheitsstrategie
Türkis-Grün kann sich seit Monaten nicht auf Strategiepapier einigen. Laut Verhandlern wollen Grüne Klimaschutzgesetz „hineinreklamieren“.
Seit Wochen stecken die Verhandlungen zu Österreichs neuer Sicherheitsstrategie fest. In der aktuell noch gültigen Strategie von 2013 gilt Russland als „wesentlicher Partner“, China wird überhaupt nicht erwähnt. Daher wollten Karl Nehammers ÖVP und Werner Koglers Grüne bis Jahresende 2023 ein neues Papier vorlegen. Mitte April zeichnet sich noch immer keine Einigung ab, in Verhandlerkreisen steigt der Frust. Doch woran die Verzögerung liegt, dazu kursieren mehrere Versionen.
Fest steht, dass die Differenzen das Klima- und Energiekapitel betreffen. Alle sonstigen Kapitel gelten als fertig. Das Problem sei, dass die Grünen das Klimaschutzgesetz in die Strategie „hineinreklamieren wollen“, heißt es aus mit der Materie vertrauten Kreisen. Demnach soll eine Passage eingeführt werden, wonach Österreich seine Klimaschutzziele verbindlich durch ein solches Gesetz, „wie im Regierungsprogramm 2020–2024 vorgesehen“, regeln solle.
Weil es dazu „schon seit Langem auch auf anderer Ebene keine politische Einigung“gebe, sei es „realitätsfern und am Thema vorbei, das hier hineinzureklamieren“, heißt es aus Verhandlerkreisen. „Die Sicherheitsstrategie ist zu ernst und wichtig, als dass sie Gewessler zur ideologischen Selbstverwirklichung in ihren letzten Amtsmonaten nutzt.“Es sei ja ohnehin umfassend in der Strategie abgebildet, dass der Klimawandel ein Sicherheitsrisiko sei. Übel wird dem von Leonore Gewessler (Grüne) geführten Klimaschutzministerium auch genommen, dass es bei der letzten Verhandlungsrunde am 20. März keinen eigenen Vertreter geschickt hat, sondern sich von Kollegen des Beamtenministeriums vertreten ließ.
Ein Sprecher des Klimaschutzministeriums bestätigt, dass am 20. März die letzte Verhandlungsrunde stattgefunden hat. Es habe sich um ein Treffen auf Beamtenebene gehandelt, das Ministerium habe sich im Vorhinein mit dem Beamtenministerium eng akkordiert. Allerdings wäre es wichtig gewesen, sich vor diesem Treffen zunächst auf politischer Ebene über die offenen Punkte zu einigen. Das sei nicht der Fall gewesen, so der Sprecher.
Die Grünen dementieren, dass sie das Klimaschutzgesetz „hineinreklamieren“wollen. Entscheidend sei, „dass die Sicherheitsstrategie den Ausstieg aus russischem Gas umfasst“, heißt es aus dem grünen Klub. Man habe gesehen, „welche Auswirkungen die Abhängigkeit auf unsere Energiesicherheit hat“. Hier sieht die Partei die Verhandlungen mit der ÖVP noch nicht am Ziel. „Wir sind aber zuversichtlich, dass das Bundeskanzleramt nun die finale Koordinierung abschließt“, heißt es. Die ÖVP hält in einer Stellungnahme fest, dass die Gespräche mit den Grünen laufen und sich „auf einem guten Weg befinden“würden.
Woran auch immer die monatelange Verzögerung liegt, die Opposition ist verärgert : Immerhin sei von Türkis-Grün versprochen worden, dass man alle Parteien umfassend in den Prozess einbinde, das werde sich angesichts der Nationalratswahl kaum noch ausgehen. Einerseits werde von der Bundesregierung die Unterwanderung Österreichs durch Russlands Geheimdienste beklagt, sagt Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos. Andererseits werde Russland in der gültigen Strategie noch immer als „wesentlicher Partner“bezeichnet. „Beides zusammen geht sich nicht aus“, sagt Hoyos.