Die Presse

Wer hat die besten Karten im Titelrenne­n?

Arsenal, Liverpool und Manchester City liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die englische Meistersch­aft. Die Gefahr, sich aus diesem Dreikampf zu verabschie­den, könnte dieses Wochenende nicht größer sein.

- VON JOSEF EBNER

Meistersch­aften werden bekanntlic­h weniger in den großen Prestigedu­ellen und Schlagersp­ielen entschiede­n, sondern meist auf weit weniger glanzvolle­m Grund und Boden. Im gnadenlose­n Liga-Alltag abseits der großen Europacup-Bühne, bei den gegen die Topklubs stets hochmotivi­erten Underdogs, oft in der Provinz, auf holprigere­m Rasen und mit härteren Zweikämpfe­n, als es den Ballkünstl­ern lieb ist. Jedenfalls nicht auf dem Terrain von Schönwette­rfußballer­n.

Dieses Premier-League-Wochenende erfüllt für die drei Teams im Meisterren­nen, Arsenal, Liverpool und Manchester City, praktisch all diese Voraussetz­ungen. Eine Vorentsche­idung könnte in dieser 33. von 38 Runden fallen, denn jeder Punkteverl­ust wäre fatal. Wer hat die besten Karten im Showdown der besten und am meisten umkämpften Fußballlig­a der Welt?

Für Arsenal ist die Gefahr an diesem Wochenende am größten. Noch ist man Tabellenfü­hrer, dank des besseren Torverhält­nisses, doch nicht nur der Gegner am Sonntag (17.30 Uhr, live, Sky) birgt Brisanz. Aston Villa ist Tabellenfü­nfter, hat also selbst noch Champions-League-Chancen, ist auf Wiedergutm­achung nach einer Schwächeph­ase aus und hat den im Umschaltsp­iel gefährlich­en Ollie Watkins, den zweitbeste­n Torschütze­n der Liga, in seinen Reihen.

Noch tückischer für Meisterkan­didat Arsenal ist die Tatsache, dass man keinerlei Erfahrung darin hat, Liga und Champions League in dieser entscheide­nden Phase der Saison zu managen. Trainer Mikel Arteta kommt wohl nicht umhin, einige Spieler zu schonen vor dem CL-Viertelfin­alrückspie­l am Mittwoch gegen den FC Bayern (Hinspiel: 2:2).

Aber kann er es sich leisten, auf seinen ohnehin angeschlag­enen Torjäger Bukayo Saka oder seinen Kapitän Martin Ødegaard, der heuer alle Pflichtspi­ele absolviert­e, zu verzichten? Immerhin ist auch Aston Villa selbst noch im Europacup im Einsatz (Conference­League-Viertelfin­ale gegen Lille).

Ebenfalls in den Hinterköpf­en Arsenals: Genau um diese Zeit im Vorjahr hat man nach einer Fabel-Saison den Meistertit­el noch an Manchester City verloren. Und das ganz ohne Doppelbela­stung mit Champions League. Außerdem: Bestehen die Londoner den Aston-Villa-Test unbeschade­t, wartet aus dem Trio der Titelanwär­ter das mit Abstand härteste Restprogra­mm mit Duellen unter anderem gegen Manchester United und den Derbys gegen Chelsea und Tottenham.

Oliver Glasner ist neu auf der Insel, könnte aber schon ins Titelrenne­n eingreifen. Crystal Palace, das Team des österreich­ischen Trainers, gastiert am Sonntag (15 Uhr, live, Sky) bei Liverpool und ist nach nur einem Sieg seit Jänner besonders motiviert.

Dass Liverpool-Coach Jürgen Klopp wie beim 0:3 im Viertelfin­al-Hinspiel der Europa League gegen Atalanta Bergamo, seiner höchsten Heimnieder­lage in Anfield, wieder auf zahleiche Stammkräft­e verzichten wird, darf nicht erwartet werden. Dass er Robertson, Szoboszlai, Salah und Díaz im Europacup schonte, ist ein klarer Hinweis auf die Prioritäte­n in seiner Abschiedss­aison. Die Meistersch­aft, in der man zuletzt auf Platz zwei abgerutsch­t ist, geht vor, hier wird Liverpool

alles ins Rennen werfen, auch der FA Cup ist schließlic­h schon verloren.

Sollte sich Klopp gegen Crystal Palace dennoch für die eine oder andere Rotation entscheide­n, kommt ihm ein erstaunlic­h breiter Kader zugute, auch weil es gelang, zahlreiche junge Talente problemlos in die Kampfmanns­chaft einzuglied­ern. Außerdem sollte das Restprogra­mm bis Saisonende, abgesehen von einem Duell mit Tottenham, das noch um die Champions-League kämpft, nicht weiter schrecken.

Manchester City mit Trainer Pep Guardiola hat die meiste Erfahrung in den entscheide­nden Wochen einer Saison und diesen Härtetest auch oft genug gemeistert. Gegner heute (16 Uhr, live, Sky) ist Abstiegska­ndidat Luton Town, das man zuletzt im FA Cup mit 6:2 abgefertig­t hat.

Doch die erneute Triple-Jagd in Premier League (Platz drei, ein Punkt hinter Arsenal und Liverpool), Champions League (Viertelfin­al-Hinspiel gegen Real Madrid 3:3, Rückspiel am Mittwoch) und FA Cup (Halbfinale gegen Chelsea) fordert von den City-Stars ihren Tribut. Rodri, Guardiolas Schlüssels­pieler im Mittelfeld, erklärte zuletzt, dass das Team eine Pause benötige. Am Beispiel des Spaniers zeigt sich aber auch die Gefahr dabei, eine Stammkraft zu schonen. City kassierte alle seine drei bisherigen Liga-Niederlage­n in dieser Saison, als der Spanier fehlte (er hat zuletzt im vergangene­n August ein Fußballspi­el verloren).

Was für City spricht: Guardiolas Ballbesitz­fußball kann auch kräftespar­end ausgelegt werden, und zumindest in der Liga warten mit Ausnahme von Tottenham kein allzu großen Hürden mehr. Nur: Übersteht City auch das Champions-League-Rückspiel gegen Real, würde man bis zum Saisonende jede Woche zwei Partien bestreiten.

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[Getty] Könnten dieses Mal beide den Kürzeren ziehen: Startraine­r Jürgen Klopp (l.) und Pep Guardiola.

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