Wer hat die besten Karten im Titelrennen?
Arsenal, Liverpool und Manchester City liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die englische Meisterschaft. Die Gefahr, sich aus diesem Dreikampf zu verabschieden, könnte dieses Wochenende nicht größer sein.
Meisterschaften werden bekanntlich weniger in den großen Prestigeduellen und Schlagerspielen entschieden, sondern meist auf weit weniger glanzvollem Grund und Boden. Im gnadenlosen Liga-Alltag abseits der großen Europacup-Bühne, bei den gegen die Topklubs stets hochmotivierten Underdogs, oft in der Provinz, auf holprigerem Rasen und mit härteren Zweikämpfen, als es den Ballkünstlern lieb ist. Jedenfalls nicht auf dem Terrain von Schönwetterfußballern.
Dieses Premier-League-Wochenende erfüllt für die drei Teams im Meisterrennen, Arsenal, Liverpool und Manchester City, praktisch all diese Voraussetzungen. Eine Vorentscheidung könnte in dieser 33. von 38 Runden fallen, denn jeder Punkteverlust wäre fatal. Wer hat die besten Karten im Showdown der besten und am meisten umkämpften Fußballliga der Welt?
Für Arsenal ist die Gefahr an diesem Wochenende am größten. Noch ist man Tabellenführer, dank des besseren Torverhältnisses, doch nicht nur der Gegner am Sonntag (17.30 Uhr, live, Sky) birgt Brisanz. Aston Villa ist Tabellenfünfter, hat also selbst noch Champions-League-Chancen, ist auf Wiedergutmachung nach einer Schwächephase aus und hat den im Umschaltspiel gefährlichen Ollie Watkins, den zweitbesten Torschützen der Liga, in seinen Reihen.
Noch tückischer für Meisterkandidat Arsenal ist die Tatsache, dass man keinerlei Erfahrung darin hat, Liga und Champions League in dieser entscheidenden Phase der Saison zu managen. Trainer Mikel Arteta kommt wohl nicht umhin, einige Spieler zu schonen vor dem CL-Viertelfinalrückspiel am Mittwoch gegen den FC Bayern (Hinspiel: 2:2).
Aber kann er es sich leisten, auf seinen ohnehin angeschlagenen Torjäger Bukayo Saka oder seinen Kapitän Martin Ødegaard, der heuer alle Pflichtspiele absolvierte, zu verzichten? Immerhin ist auch Aston Villa selbst noch im Europacup im Einsatz (ConferenceLeague-Viertelfinale gegen Lille).
Ebenfalls in den Hinterköpfen Arsenals: Genau um diese Zeit im Vorjahr hat man nach einer Fabel-Saison den Meistertitel noch an Manchester City verloren. Und das ganz ohne Doppelbelastung mit Champions League. Außerdem: Bestehen die Londoner den Aston-Villa-Test unbeschadet, wartet aus dem Trio der Titelanwärter das mit Abstand härteste Restprogramm mit Duellen unter anderem gegen Manchester United und den Derbys gegen Chelsea und Tottenham.
Oliver Glasner ist neu auf der Insel, könnte aber schon ins Titelrennen eingreifen. Crystal Palace, das Team des österreichischen Trainers, gastiert am Sonntag (15 Uhr, live, Sky) bei Liverpool und ist nach nur einem Sieg seit Jänner besonders motiviert.
Dass Liverpool-Coach Jürgen Klopp wie beim 0:3 im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Atalanta Bergamo, seiner höchsten Heimniederlage in Anfield, wieder auf zahleiche Stammkräfte verzichten wird, darf nicht erwartet werden. Dass er Robertson, Szoboszlai, Salah und Díaz im Europacup schonte, ist ein klarer Hinweis auf die Prioritäten in seiner Abschiedssaison. Die Meisterschaft, in der man zuletzt auf Platz zwei abgerutscht ist, geht vor, hier wird Liverpool
alles ins Rennen werfen, auch der FA Cup ist schließlich schon verloren.
Sollte sich Klopp gegen Crystal Palace dennoch für die eine oder andere Rotation entscheiden, kommt ihm ein erstaunlich breiter Kader zugute, auch weil es gelang, zahlreiche junge Talente problemlos in die Kampfmannschaft einzugliedern. Außerdem sollte das Restprogramm bis Saisonende, abgesehen von einem Duell mit Tottenham, das noch um die Champions-League kämpft, nicht weiter schrecken.
Manchester City mit Trainer Pep Guardiola hat die meiste Erfahrung in den entscheidenden Wochen einer Saison und diesen Härtetest auch oft genug gemeistert. Gegner heute (16 Uhr, live, Sky) ist Abstiegskandidat Luton Town, das man zuletzt im FA Cup mit 6:2 abgefertigt hat.
Doch die erneute Triple-Jagd in Premier League (Platz drei, ein Punkt hinter Arsenal und Liverpool), Champions League (Viertelfinal-Hinspiel gegen Real Madrid 3:3, Rückspiel am Mittwoch) und FA Cup (Halbfinale gegen Chelsea) fordert von den City-Stars ihren Tribut. Rodri, Guardiolas Schlüsselspieler im Mittelfeld, erklärte zuletzt, dass das Team eine Pause benötige. Am Beispiel des Spaniers zeigt sich aber auch die Gefahr dabei, eine Stammkraft zu schonen. City kassierte alle seine drei bisherigen Liga-Niederlagen in dieser Saison, als der Spanier fehlte (er hat zuletzt im vergangenen August ein Fußballspiel verloren).
Was für City spricht: Guardiolas Ballbesitzfußball kann auch kräftesparend ausgelegt werden, und zumindest in der Liga warten mit Ausnahme von Tottenham kein allzu großen Hürden mehr. Nur: Übersteht City auch das Champions-League-Rückspiel gegen Real, würde man bis zum Saisonende jede Woche zwei Partien bestreiten.