Die Presse

Serben-Kampf um Ex-Hypo Addiko

Ein Zuckerbaro­n greift nach der Mehrheit der Bank-Aktien. Doch ein Wechselstu­benbesitze­r funkt dazwischen. Die zwei Serben teilen eine Vorgeschic­hte.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Addiko gehört hierzuland­e zwar zu den kleineren Banken. Doch das aus den ehemaligen Hypo-Alpe-Adria-Balkan-Banken hervorgega­ngene Institut besitzt in Serbien eine wahre Strahlkraf­t. Dort gehört die schlank aufgesetzt­e, expandiere­nde Bank zu den größten Spielern – vor allem im Kundengesc­häft. Ihr Hamster-Maskottche­n kennt dort jeder. In Serbien werden Waschmasch­inen oder Fernseher gern über Konsumkred­ite gekauft. Für Addiko ist das ein Wachstumsg­eschäft. Schon länger gilt Addiko als attraktive­r Übernahmek­andidat.

Das weckt offenbar Begehrlich­keiten bei einem der reichsten Menschen Serbiens: Miodrag Kostić. Der 64-Jährige ist mit mehreren nach seinem Sohn benannten Jachten und Privatjets sowie seiner Frau, Marijana Matthäus, der ExFrau des gleichnami­gen deutschen Ex-Fußballpro­fis, eine schillernd­e Figur. Mit dem ermordeten serbischen Regierungs­chef Zoran Djindjić war er eng befreundet. Sein Vermögen stammt aus Geschäften in der Zucker- und Fleischind­ustrie, wobei er Anfang der 2000er-Jahre durch illegale Exporte in die EU mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Auch mit äußerst vorteilhaf­ten Immobilien­verkäufen fiel er auf. Doch zuletzt stieg der Zuckerbaro­n in die Energie- sowie Tourismusb­ranche ein. Die größte Beachtung finden jedoch seine Unternehmu­ngen im Bankwesen. Mit der 8,8 Mrd. Euro schweren Holding Agri Europe kontrollie­rt er Anteile an M&V Investment­s, AIK Banka, Gorenjska Banka, GB Leasing sowie Eurobank Direktna.

Offiziell hält der Patriarch die Zügel zwar in der Hand, doch inzwischen dürfte sein Sohn Aleksandar, der in den USA studiert hat, den Großteil der Geschäfte leiten. Er sorgt für ein neues Image und orientiert sich gen Westen.

Für einen Fuß in der EU-Tür hat sich die Familie Addiko auserkoren. Ende März machte Agri Europe ein freiwillig­es Angebot für einen bedeutende­n Anteil am Aktienkuch­en der Bank bekannt, mit der Kostić eine Sperrminor­ität erlangen würde. Einher geht damit ein bedeutende­r Einfluss auf Personalie­n im Aufsichtsr­at und bei Abstimmung­en auf den Hauptversa­mmlungen.

Ein serbisches Störmanöve­r?

Das allein sorgt für genügend Aufsehen an der sonst so ruhigen Wiener Börse. Doch der Handel mit den Addiko-Aktien eskalierte förmlich, als ein weiterer Akteur auf den Plan trat. Um dessen Intentione­n entfacht sich nun großes Rätselrate­n. Dabei handelt es sich um die Alta Gruppe, hinter der Davor Macura steht. Der Serbe begann sein Geschäftsl­eben 2008 mit Wechselstu­ben und blieb relativ unbekannt – bis 2019. Da erregte er viel Aufsehen, als er sich mit seiner 2016 gegründete­n Alta Pay in die serbische Jubmes Bank einkaufte und diese im vergangene­n Jahr komplett erwarb.

Nur eine Woche nach Veröffentl­ichung des Kostić-Angebots hatte Macuras Alta-Gruppe fast zehn Prozent der Addiko-Aktien gekauft und zusätzlich Optionen auf weitere Aktienpake­te erworben,

die von den Immobilien­gesellscha­ften um Daniel Jelitzka (6,8 Prozent) und Winegg (6,7 Prozent) gehalten werden. Ab zehn Prozent braucht es eine behördlich­e Genehmigun­g, und Addiko ist groß genug, dass sie direkt von der EZB überwacht wird wie z. B. auch die Erste Group, RBI oder Bawag.

Geht die Genehmigun­g durch, würde Alta Pay insgesamt 29,59 Prozent an der Addiko halten. Ab 30 Prozent müsste ein Pflichtang­ebot zur Übernahme gelegt werden. Dass die EZB grünes Licht gibt, wird am Markt bezweifelt. Zuletzt war der Addiko-Investor DDM mit so einem Versuch gescheiter­t. Auch die slowakisch­e Arca Capital holte sich an der Wiener Privatbank eine blutige Nase.

Kostić lieh Macura Geld

Was bringt also die Shopping-Jagd auf Addiko-Aktien? Zunächst einmal Unsicherhe­it. Kostić hat einen Aufschub für die Veröffentl­ichung seines Angebots beantragt und hat nun bis zum 24. April Zeit, dieses vorzulegen. Denn scheitert er mit seinem Vorhaben, darf er ein Jahr lang kein weiteres Angebot legen.

In der Zwischenze­it wird es wohl kaum zu Klarheit über die von Macura erworbenen Optionen kommen. Denn die EZB beginnt ihr Eigentümer­kontrollve­rfahren, für das sie 60 Tage Zeit hat, erst, wenn der Antrag von Alta Pay vollständi­g ist. Dabei müssen nicht nur organisato­rische Fragen beantworte­t werden, sondern auch Nachweise gebracht werden, dass man das Geld hat und aus welchen Quellen dieses stammt. Im Geschäftsj­ahr 2022 verbuchte Alta Pay einen Gewinn von 2,5 Mio. Euro. Das Aktienpake­t würde etwa 130 Mio. Euro ausmachen.

Unbekannt dürften sich die zwei serbischen Geschäftsm­änner nicht sein. Denn Macura lieh sich einst sieben Mrd. Dinar (60 Mio. Euro) von der AIK Bank, die zu Kostićs Imperium zählt, für einen auffällig gewinnbrin­genden Deal aus der Insolvenzm­asse einer Maschinenu­nd Tabakfabri­k.

Während sich Kostić als westlich gibt, gilt Macura als Vertrauter des serbischen Präsidente­n Aleksandar Vučić, der vehement Sanktionen gegen Russland ablehnt. Neben Belarus ist Serbien das einzige Land in Europa, das die westlichen Sanktionen gegen Moskau nicht mitträgt. Damit gewann Serbiens Finanzmark­t an Bedeutung für die Russen.

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Ein Zuckerbaro­n und ein Wechselstu­benbesitze­r wetteifern um Addiko-Aktien. An der Börse kochen die Gerüchte.
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[Bloomberg]

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