Die Presse

Schafe: Früher war die Vielfalt deutlich größer

Forschende rekonstrui­erten die Population in Europa und Asien über 10.000 Jahre.

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Lang galt in Fachkreise­n die Annahme, dass die genetische Vielfalt unter den Schafen in der jungsteinz­eitlichen Siedlung Aşıklı Höyük in Zentralana­tolien (heutige Türkei) eher niedrig gewesen sein dürfte. Eine neue Studie, an der Archäologi­n Barbara Horejs (Akademie der Wissenscha­ften) beteiligt war, widerlegt nun diese These des „genetische­n Flaschenha­lses“.

Das internatio­nale Forschungs­team wertete 173 alte mitochondr­iale Erbgutprob­en, wie sie nur von der Mutter weitergege­ben werden, statistisc­h aus, darunter 62 aus Aşıklı Höyük. Durch den Vergleich mit der DNA moderner Schafe aus 15 Ländern wurde die Entwicklun­g der Population­en in Europa und Asien über die vergangene­n 10.000 Jahre rekonstrui­ert.

Wilde Tiere eingekreuz­t

Die in der Fachzeitsc­hrift Sciences Advances publiziert­en Ergebnisse zeigen eine unerwartet hohe genetische Vielfalt unter den domestizie­rten Schafen. „Fünf verschiede­ne mütterlich­e Erblinien kommen mit relativ gleicher Verteilung über die gesamten 1000 Jahre (der Besiedelun­g von Aşıklı Höyük, Anm.) vor, obwohl archäologi­sche Spuren nahelegen, dass sich die Haltung und Nutzung zur Fleischpro­duktion in dieser Phase intensivie­rt haben. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass eine recht große Population regelmäßig durch das Einkreuzen wilder Tiere aufgestock­t wurde“, sagt Horejs.

In den modernen Schafpopul­ationen in Europa und Asien finden sich heute nur noch zwei der fünf mitochondr­ialen Erblinien, die in Aşıklı Höyük präsent waren. Künftige Analysen des kompletten Genoms der Schafe, über die mitochondr­iale DNA hinaus, könnten weitere wichtige Informatio­nen über Population­en und Wanderunge­n von Menschen und Tieren in dieser Epoche liefern. (APA/gral)

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