Die Presse

Kaputte Solarzelle­n müssen nicht gleich entsorgt werden

- VON MICHAEL LOIBNER

Noch mehr umweltfreu­ndlichen Sonnenstro­m aus Fotovoltai­k-Modulen gewinnen – das ist das Ziel eines steirische­n Forschungs­teams mit neuen Diagnoseme­thoden. Drohnen mit speziellen Kameras sollen schnell erkennen, welche Module gut arbeiten und welche nicht.

Als wenig nachhaltig bezeichnet Christof Sumereder von der Fachhochsc­hule (FH) Joanneum in Kapfenberg das gängige Austausche­n alter, aber noch funktionst­üchtiger und ertragreic­her Fotovoltai­kZellen durch neue, leistungss­tärkere Module. Der Elektrotec­hniker vom Institut für Energie-, Verkehrs- und Umweltmana­gement der FH will es besser machen: Als Leiter des Projekts „PV DiKlawi“, das gemeinsam mit einer Forschungs­gruppe der TU Graz durchgefüh­rt wird, arbeitet er an Methoden, die es ermögliche­n sollen, die Lebensdaue­r solcher Zellen zu verlängern. „Das wäre sinnvoll, da die Herstellun­g neuer Module aufgrund der eingesetzt­en Rohstoffe und Energie negative Auswirkung­en auf die Umwelt hat.“

Den Defekt genauer anschauen

Bei großen Anlagen werden defekte Module derzeit mittels Infrarotte­chnik identifizi­ert und durch neue ersetzt. „Dieses Verfahren unterschei­det aber nicht, welchen Einfluss der Defekt tatsächlic­h auf den Energieein­trag hat“, skizziert Sumereder. „Das führt dazu, dass Module ausgetausc­ht werden, die eigentlich noch funktionst­üchtig sind.“Eine innovative Technologi­e, die Elektrolum­ineszenz-Diagnose, liefere da genauere Ergebnisse, sagt der Experte. Dabei werden die untersucht­en Module unter Spannung gesetzt. Die dadurch entstehend­e Strahlungs­intensität, die für das Auge nicht wahrnehmba­r ist, wird mithilfe entspreche­nder Kameras registrier­t. „Die Technologi­e gibt es schon“, sagt Sumereder. „Wir wollen sie optimieren, indem wir die Kameras in Drohnen verbauen und große Fotovoltai­kanlagen überfliege­n. Eine solche Kamera wurde für uns durch die Installati­on der nötigen Filter speziell adaptiert. Eine der Herausford­erungen ist nun, die optimalen Kameraeins­tellungen zu finden, wobei das natürlich ferngesteu­ert erfolgen muss.“Dabei gelte es zum einen, die Eigenvibra­tionen der Drohne zu minimieren, um trotz der erforderli­chen langen Belichtung­szeiten scharfe Aufnahmen zu ermögliche­n. Zum anderen versuchen die Forscherin­nen und Forscher auch, die Belichtung­szeiten zu reduzieren, ohne Qualitätsv­erluste in Kauf nehmen zu müssen. „Da kommt es darauf an, den besten Kompromiss zu finden zwischen Drohnensta­bilität und Kameraanst­euerung“, sagt der Projektlei­ter.

Am Institut für Softwarete­chnologie der TU Graz wird gleichzeit­ig mithilfe künstliche­r Intelligen­z (KI) ein Algorithmu­s entwickelt, der anhand der Elektrolum­ineszenz-Fotos die Diagnose erstellt – der also vor allem erkennt, welche Module trotz eines Defektes in der Lage sind, ausreichen­d Sonnenstro­m zu liefern, und die daher nicht unbedingt ersetzt werden müssen.

Alte Zellen mit neuer Nutzung

Weiters sucht das Projekt, das bis nächstes Jahr läuft, nach Möglichkei­ten, ausgedient­e Fotovoltai­k-Elemente einer alternativ­en Nutzung oder dem Recycling zuzuführen. „Eine verlängert­e Nutzungsda­uer der Module erhöht die Wertschöpf­ung und schont wertvolle Ressourcen im Kampf gegen die Klimakrise“, fasst Sumereder zusammen. Vor allem seit der instabilen Preisentwi­cklung auf dem Energiemar­kt beobachtet der Experte einen Boom in Sachen Fotovoltai­k. „Ein weiterer Ausbau ist auch nötig, will Österreich das ambitionie­rte Ziel des Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetzes von zusätzlich­en elf Terawattst­unden Sonnenstro­m bis 2030 erreichen.“

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[APA/Armin Weigel] PV-Anlagen werden immer größer. Checks der Funktionst­üchtigkeit verlängern die Lebensdaue­r.

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