Der Gott der Landminen
Er sitzt auf einem königlichen
Purpurkissen
Gleich einem titanischen Ei. Hunde
winseln
& kriechen auf allen Vieren durch
den Dreck,
Wühlt nur eine Brise seinen süßen
Duft auf.
Er sieht aus wie ein beinloser, armloser Humpty-Dumpty, & zeigte jemand
ein Foto
Von einem Amputierten vorm
Kaiserpalast
In Hue, würde er nie auch bloß blinzeln.
Wenn er Türen denkt, schwingen sie auf. Wenn am Horizont Staub aufwirbelt,
Ist sein Gesicht mundloses Lächeln. Er kann nicht anders, er liebt Stahl.
Er ist oval & glatt wie eine
Wassermelone.
Die Verträge kommen bereits
unterschrieben.
Unlängst fühlt er sich wie Samen
unter Glas,
Die anschwellen, weil ihnen etwas fehlt.
The God of Land Mines
He sits on a royal purple cushion
Like a titanic egg. Dogs whimper
& drag themselves on all fours
through dirt
When a breeze stirs his sweet perfume.
He looks like a legless, armless Humpty-Dumpty, & if someone waves A photo of an amputee outside the
Imperial
Palace in Hue, he’d never blink.
When he thinks doors, they swing open. When dust gushes on the horizon
His face is a mouthless smile.
He can’t stop loving steel.
He’s oblong & smooth as a watermelon. The contracts arrive already signed. Lately, he feels like seeds in a jar, Swollen with something missing.
Edelmetalle
Nach dem MRT & Roboter, gefertigt aus Edelmetallen, rief ein ketzerischer Vermittler alle Tautologien & bat umsonst den Planeten um Vergebung. Ich kam zu dir & sagte: Bitte sieh mir in die Augen & klopf auf mein Herz, bis gut wird alles, womit ich je falsch lag, alles, was man mir je antat in dem Land von Schrumpel -apfel & Geißblatt. Ich möchte spielen mit jedwedem Grashalm & fast reifen Pfläumlein, das letzte Grüßen aus dem Zweifel saugen & auf eine Tanzbühne klettern. Hab stille Sommer überdauert, blutig gepeitscht & freigekauft. Nur lass uns Riesenrad fahren, bis es Tag wird, nackt ein Kuss. Gut, willst du mir an der Fassade kratzen oder musst mir die Knochen brechen, um Mitleid mit mir zu haben, dann an die Arbeit, & mach mich heil, wie ein Deltablues den Nachthimmel heil macht überm schlammigen Fluss.
Yusef Komunyakaa, geboren 1947 in Bogalusa, Louisiana, unterrichtet Creative Writing an der New York University. Während des Vietnamkriegs war er als Kriegsberichterstatter tätig. Die Gedichte stammen aus dem zweisprachigen Band „Der Gott der Landminen“(Edition Lyrik Kabinett, © 2024 Carl Hanser Verlag). Mirko Bonné hat sie aus dem amerikanischen Englisch übersetzt.
Hörtipp: Bettina Eibel-Steiner und Anne-Catherine Simon hätten den Debütroman der von Tiktok bekannten österreichischen Satirikerin Toxische Pommes fast wieder weggelegt. Aber dann … Überall, wo es Podcasts gibt, und hier: diepresse.com/podcast