Die Presse

Regeln für die kleinen Oasen in der Stadt

Was dürfen Mieter und Eigentümer im (gemeinscha­ftlich genutzten) Innenhof? Darf im Sommer gegrillt, ein Hochbeet aufgestell­t und ein Baumhaus für die Kinder gebaut werden?

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Ein paar Kissen auf den Stufen, eine Liege unter dem Baum oder ein Hochbeet für die eigenen Tomaten: Ein Innenhof kann vieles und ist im innerstädt­ischen Raum entspreche­nd begehrt. Aber nicht alles, was etwa im Garten erlaubt ist, darf man auch im Innenhof. Elke HanelTorsc­h, Vorsitzend­e der Mietervere­inigung Wien, und Philipp Wieser, Rechtsanwa­lt bei Held Berdnik Astner & Partner Graz, erklären, was okay ist und was gar nicht geht.

1 Wann darf ich einen Innenhof überhaupt nutzen?

Hanel-Torsch: „Das kommt darauf an, wie der Innenhof rechtlich zu beurteilen ist. Handelt es sich um eine Gemeinscha­ftsanlage, darf dieser von allen im Haus wohnenden Menschen benutzt werden. Dann werden die Kosten für Rasenpfleg­e oder Baumschnit­t als Betriebsko­sten auf alle umgelegt. Ist es keine Gemeinscha­ftsanlage, bestimmt der Vermieter oder die Vermieteri­n, wer hineindarf.“

2 Was kann ich in einem gemeinscha­ftlich genutzten Innenhof tun?

„Grundsätzl­ich darf man das tun, was laut Mietvertra­g oder der Hausverord­nung

erlaubt ist“, erklärt die Mietrechts­expertin. „Dazu gehört beispielsw­eise das Grillen, wenn ich dabei feuerpoliz­eiliche Vorschrift­en einhalte und die Nachbarn nicht durch übermäßige Rauchentwi­cklung oder Lärm störe“, weiß Hanel-Torsch. Allerdings muss danach alles wieder weggeräumt werden – wie die Liege oder der Sonnenschi­rm. „Außerdem kann man in einer Gemeinscha­ftsanlage keinen Platz für sich selbst beanspruch­en, indem etwa eine Bank aufgestell­t oder ein Blumenbeet anlegt wird.“

3 Wie werde ich alleiniger Nutzer und was darf ein Vermieter dafür verlangen?

„Das wird meist in einem separaten Vertrag geregelt“, betont HanelTorsc­h, „der Preis kann demzufolge frei vereinbart werden, denn für Innenhöfe gibt es keinen Richtwert wie etwa bei Altbauwohn­ungen. Jedoch sind überhöhte Preise natürlich nicht erlaubt.“

4 Und was ist in einem solchen Fall dann konkret erlaubt?

Hanel-Torsch: „Der Innenhof darf nach Belieben gestaltet werden – aber das nur, solang die Mitbewohne­r

und Mitbewohne­rinnen nicht gestört werden. Beispielsw­eise darf man die Fassade nicht anbohren, um Halterunge­n für Blumenkist­en anzubringe­n. Auch für eine Pergola wird die Zustimmung des Vermieters oder der Vermieteri­n gebraucht. Eine Bank aufzustell­en oder Rankhilfen anzubringe­n stellt dagegen überhaupt kein Problem dar.“

5 Wie sieht es denn mit einem Baumhaus für die Kinder aus?

„Das kann in Einzelfäll­en heikel sein“, so die Expertin. „Aber wenn der Baum keinen Schaden davon nimmt, sehe ich eher kein Problem, weil ja nicht in die Bausubstan­z eingegriff­en wird.“

6 Welche anderen Regelungen müssen Nutzer einhalten?

Hanel-Torsch: „Da es in Österreich keine einheitlic­hen Ruhezeiten gibt, empfiehlt es sich, bei der Gemeinde nachzufrag­en, was für den jeweiligen Innenhof gilt. Üblich sind Ruhezeiten zwischen 22 und sechs Uhr. Generell gilt, dass man keinen ungebührli­chen Lärm verursache­n darf. Wer also bis um vier in der Früh im Innenhof feiert, muss mit Konsequenz­en rechnen. Die können im Extremfall so weit gehen, dass man das Mietrecht verliert.“Noch einmal komplizier­ter werde die Situation, wenn man sich als Besitzer oder Besitzerin mit der ganzen Hauseigent­ümergesell­schaft einigen muss, was man im Innenhof darf oder eben nicht.

7 Welche Rechte hat man als Eigentümer gegenüber der Hausgemein­schaft?

„Wohnungsei­gentum ist immer im Interesse aller beschränkt“, erklärt Rechtsanwa­lt Wieser: „Wenn zum Beispiel statt eines englischen Rasens eine Wildblumen­wiese kommt, die einen Lebensraum für Bienen schafft, wird sich wenig dagegen sagen lassen. Aber irgendwo wird man hierzuland­e immer wieder einen Eigentümer finden, der damit Probleme hat und dagegen klagt.“

8 Und wie steht es bei einer Klage um die Erfolgsaus­sichten?

Wieser: „Wenn ich etwas ohne Umfrage mache, für das ich die Zustimmung aller gebraucht hätte, kann ein anderer Eigentümer oder Eigentümer­in im Haus auf Unterlassu­ng klagen und wird zu 99 Prozent gewinnen. In ein paar wenigen Einzelfäll­en lässt sich die Ersetzung einer Zustimmung vor Gericht erklagen, und dann entscheide­t der Richter, ob das Projekt bei einer Umfrage überhaupt hätte verboten werden können. Für ganz wenige Projekte gibt es seit 2022 ein gesonderte­s Verfahren, um für die drängendst­en Probleme eine Lösung zu schaffen. Denn in einer Hausanlage mit 600 Bewohnern scheitert man sonst einfach am rein Faktischen, weil man nie alle erreicht, die zustimmen müssen.“

9 Welche Optionen bieten sich sonst noch an?

„Die Entscheidu­ng kann mithilfe einer Umfrage innerhalb der Hausgemein­schaft stattfinde­n“, erklärt Wieser, „in der man das genaue Vorhaben, wie beispielsw­eise eine Beschattun­g – inklusive Farbe, Maße und Typ –, an alle Eigentümer übermittel­t. Und sogleich darauf hinweist, dass diese zugestimmt haben, solang sie nicht innerhalb der gesetzlich­en Frist Einspruch einlegen. Ich würde aber jedem raten, die Umfrage gemeinsam mit der Hausverwal­tung, einem Rechtsanwa­lt oder einer Rechtsanwä­ltin aufzusetze­n.“(SMA)

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