„Diesbezüglich bin ich konservativ“
Sonja Zimmermann ist Aufsichtsratsvorsitzende im Berndorf-Konzern. Zudem engagiert sie sich für soziale Projekte, fokussiert auf Bildungs- und Kulturthemen. So auch im Unternehmen.
In die Fußstapfen ihres Vaters zu treten sei nie das Ziel gewesen, sagt Sonja Zimmermann. „Ich habe eine andere Schuhgröße – und auch einen anderen Schritt“, sagt die Tochter des Industriellen Norbert Zimmermann. Dieser erwarb im Rahmen eines Management-Buy-outs die Mehrheit an der – vormals verstaatlichten – Berndorfer Metallwarenfabrik, die unter seiner Führung als Berndorf AG firmierte.
2008 stieg die studierte Dolmetscherin ins Unternehmen ein. Trotz eines gewissen „Startvorteils“, wie sie sagt, hat sie sich ihre führenden Rollen der Partnerfirmen hart erarbeitet. „Als Frau in der Industrie tätig zu sein hat für mich auch oft bedeutet, am Besprechungstisch nur von Männern umgeben zu sein. Davon darf man sich nicht einschüchtern lassen. Anfangs war das eine ungewohnte Situation. Aber letztlich gewinnt man mit der inhaltlichen Arbeit.“
„Auf dem richtigen Weg“
Zentral sei aber auch, einen guten Mentor an der Seite zu haben. Jemanden, der bestärkt und unterstützt. „Mein Vater hat immer an mich geglaubt und steht mir mit beruflichem Rat zur Seite. Das braucht jeder ambitionierte Mensch, diesen Austausch und neue Perspektiven.“Sich in einem vertraulichen Rahmen bereichern und befragen zu können sei unerlässlich, um aufzusteigen. Im Konzern unterstütze das von ihr unterstützte Berndorf Women Leadership Network weibliche Führungskräfte dabei, so einen Austausch mit dem Top-Management über direkte Mentoring-Programme zu starten.
„Die Industrie braucht noch Zeit, aber wir sind auf dem richtigen Weg“, so Zimmermann. Die Tochter- und Beteiligungsgesellschaften der Berndorf-Gruppe, spezialisiert auf die Herstellung von Stahlbändern und Stahlbandanlagen, beschäftigen rund 2450 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern weltweit. Mit einem Frauenanteil von 18 Prozent in der Gruppe und
18 Prozent Frauen unter den Führungskräften.
Apropos Frauen. Auch ihre Mutter sei ihr ein Vorbild, stets berufstätig und ehrgeizig, gewesen. „Auch sie ist bei ihrem Vater, einem Goldschmied, eingestiegen. Ich habe mich allerdings für die Industrie, nicht für den Schmuck entschieden.“Sie schmückt sich auch nicht mit ihren Erfolgen. Dennoch sei eine verbesserte finanzielle Stabilität durch Ertragskraft und niedrige
Verschuldung unter ihrer Aufsicht gelungen. „Da bin ich sehr konservativ. Geringe Verschuldung ermöglicht unternehmerische Unabhängigkeit. Hier ist in den letzten Jahren viel passiert, womit ich sehr zufrieden bin.“
Zufrieden zeigt sich die gebürtige Wienerin auch, wenn es um die Unternehmenskultur geht. „Wir haben einen starken Fokus auf Eigenengagement. Deshalb gibt es auch zahlreiche Mitarbeiterbeteiligungsprogramme und eine Berndorf Academy. Fehlerkultur, Offenheit und wertschätzender Umgang: Das sind die Themen, die mir persönlich sehr wichtig sind.“In Österreich investiere man viel zu wenig in Aktien oder eine andere Anlageform, um für die Pension vorzusorgen. So sollen die Beteiligungsprogramme Loyalität fördern und Sicherheit bieten.
Weniger zufrieden zeigt sich die 51-Jährige, wenn es um die ESG(Environmental/Social/Governance)-Berichtspflicht geht. Sie sieht vor, dass ab 2025 Nachhaltigkeitsberichte
von allen großen Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU veröffentlicht werden müssen. „Staatliche Aufgaben werden den Unternehmen aufgebürdet. Auch beim geplanten Lieferkettengesetz. Es ist wahnsinnig viel Aufwand, der zusätzliches Personal verlangt, ohne einen Mehrwert zu schaffen. Nachhaltigkeit muss gefördert werden, das steht außer Frage – wir haben beispielsweise Fotovoltaikanlagen an unseren Standorten installiert. Aber wir leben in einer Marktwirtschaft. Auch dem Klimawandel sollte man über marktwirtschaftliche Instrumente Einhalt gebieten.“
Wettbewerb beachten
Darin sieht sie auch eine Gefahr für den europäischen Markt, denn: „Wir sind weltweit tätig und sehen: In Asien und Amerika ist das kein Thema. Wir sorgen hier durch überbordende Bürokratie für einen massiven Wettbewerbsnachteil.“Besser wäre es ihrer Ansicht nach, Technologieoffenheit zu fördern.