Wer dominiert die E-Mobilität?
Strom, aber auch Wasserstoff und E-Fuels sind die Antriebe der Zukunft. Die Investmentmöglichkeiten auf diesem Gebiet scheinen nahezu unbegrenzt.
Es war Ende Februar, da verkündete Apple das Aus für das geplante Elektroauto iCar. Zehn Jahre Entwicklungsarbeit und kolportierte zehn Milliarden Dollar steckte die Smartphone-Ikone in das Projekt, um das sich seit Beginn heftige Gerüchte rankten. Nun ist die Entscheidung endgültig – oder doch nicht? Denn prompt tauchten Spekulationen auf, ob Apple nicht ein Start-up im Sektor E-Mobilität kaufen und sich selbst auf die Softwareentwicklung konzentrieren könnte. Denn wer verabschiedet sich schon gern von einem Wachstumsmarkt? Wie auch immer die Pläne des US-Konzerns aussehen mögen – der chinesische Konkurrent Xiaomi, weltweit Nummer drei bei Smartphones, steht mit seinem SU7 bereits in den Startlöchern.
Xiaomi reiht sich damit in die Phalanx chinesischer E-Auto-Produzenten, die auf den globalen Markt drängen und dem Platzhirsch Tesla Konkurrenz machen. Es genügen wenige Zahlen, um aufzuzeigen, wo künftig die Musik beim Megatrend E-Mobilität spielt. 27 Millionen E-Autos sind derzeit weltweit unterwegs, mehr als die Hälfte davon, 14,6 Millionen, in China. Allein Chinas BYD hat im Vorjahr 2,9 Millionen reine Stromer und Hybridmodelle verkauft, Tesla setzte 1,8 Millionen batteriebetriebene Pkw ab.
Doch der Absatz der noch teuren E-Autos ist zuletzt durch die hohe Inflation und die krass gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie auslaufende Förderungen unter die Räder gekommen. Die US-Newcomer Rivian und Lucid, aber vor allem Fisker, haben Probleme, ihre Aktienkurse sind abgestürzt. Fisker will die drohende Insolvenz mit einem Partner und frischem Kapital abwenden. Aber auch das Tesla-Papier hat zuletzt Federn gelassen. VW plant nun ein E-Auto unter 20.000 Euro, das 2027 auf den Markt kommen soll.
Von Taxi bis Flugzeug
Experten sind überzeugt, dass EAutos eine Zukunft haben, aber im Spektrum der Mobilität werden sie vielleicht nur ein Baustein von vielen sein. Das Thema greift nämlich viel weiter: Es geht nicht nur um neue Antriebe, sondern auch um innovative Technologien, wie etwa Flugtaxis und um die künftige Nutzung verschiedener Verkehrsmittel, vom Fahrrad bis zum Flugzeug.
Hunderte Unternehmen, vom Start-up bis zum Großkonzern, tummeln sich in dem Bereich Mobilität, der mit anderen Megatrends wie Infrastruktur und Energie, Urbanisierung, Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Freizeit eng verwoben ist. Wobei den Zulieferern aus den Bereichen Sensorik, Elektronik und Vernetzung, um nur einige zu nennen, eine besondere Bedeutung zukommt. Dementsprechend vielfältig sind auch die Investitionsmöglichkeiten, weil viele Firmen bereits börsennotiert sind.
Eine Möglichkeit, gleich in mehrere Firmen zu investieren und dabei die Risiken zu streuen, ist ein Zertifikat auf den E-Mobilität Newcomer Index. Er enthält 20 Firmen, darunter Fahrzugproduzenten wie Fisker, Lucid, Niu und Piaggio, Batteriehersteller wie Varta und Infrastrukturdienstleister. Apropos Batterie: Ohne sie geht beim E-Auto gar nichts. Mehr Leistung und weniger Gewicht ist die Devise. Einer Studie des World Economic Forum zufolge wird die globale Nachfrage nach Batterien bis 2030 auf das 14-fache Volumen des Jahres 2018 steigen, nämlich auf 300 Milliarden Dollar. Auch da bieten Zertifikate auf den E-Mobilität Batterie Index eine Möglichkeit, am Erfolg mitzunaschen.
Kein Statusobjekt mehr?
Das Auto wird nicht verschwinden, aber „seine Bedeutung als Statusobjekt verlieren und sich als ein Bestandteil unter vielen in ein nahtloses System einreihen, das immer häufiger postfossil, vernetzt und (teil)autonom ist“, heißt es in der neuesten Studie des deutschen Zukunftsinstituts. Paris und Mailand gelten als Vorreiter dieser Abkehr von der autozentrierten Stadt. Mehr Platz für Roller und Räder, aber auch Busse, Straßen-, U- und Hoch-Bahnen: Shared Mobility lautet die Zukunft.
Eine Revolution soll das selbstfahrende Vehikel werden. Verkehrsströme würden besser gelenkt, Unfallzahlen reduziert und Menschen wie Waren rationeller und umweltschonender transportiert. So gut wie alle Autohersteller, von BMW über Mercedes bis zu VW, arbeiten an entsprechenden Konzepten und Tests laufen auf Versuchsstrecken. Die Google-Schwester Waymo und die General-Motors-Tochter Cruise sind bereits mit Robotertaxis am Markt. Bisher sorgten selbstfahrende Fahrzeuge allerdings eher für negative Schlagzeilen, weil die autonomen Systeme versagten oder Hindernisse falsch eingeschätzt oder zu spät erkannt wurden.
Das fahrende Smartphone
Profitieren werden von dem Trend, wenn er einmal Realität wird, freilich nicht nur die Autobauer selbst, sondern vor allem die Zulieferer, die das Roboterauto erst zum Fahren bringen. Pro Minute müssen fünf Gigabyte Daten verarbeitet werden, was einer Rechenleistung von rund 15 Laptops entspricht, damit das Fahrzeug Verkehrsszenarien vorausberechnet und beherrscht. Auch da ist künstliche Intelligenz im Spiel. Die Chips, die Fahrassistenten, digitale Karten, Abstandsmesser und Sensoren steuern, kommen vor allem von Nvidia. Im weiten Feld der Zulieferer tummeln sich unter anderem auch Elmos, Melexis, NXP, ON, Gentex, Intel, Micron und die chinesische Baidu.
Eine wichtige Vorstufe zum vollautonomen Fahren ist das in den 2010er-Jahren entwickelte Kommunikationssystem Car2X, das den Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen über Verkehrsfluss, -behinderungen und Gefahren ermöglicht. VW hat Car2X, das über WLAN funktioniert, erstmals serienmäßig in den Golf 8 eingebaut. Das Auto, ein fahrendes Smartphone? So schlecht ist der oft belächelte Vergleich gar nicht. Reisen soll künftig aber nicht nur nachhaltiger, sondern auch stressfreier und erholsamer werden. Statt eine Vielzahl von Mobility-Apps benützen zu müssen, um das günstigste und schnellste Verkehrsmittel zu finden, einen Fahrschein zu kaufen oder eine gesamte Reise zu planen und zu zahlen, soll ein einziges vernetztes digitales Angebot zur Verfügung stehen. „Seamless Mobility“heißt die Vision im Fachjargon, die ohne generative KI ebenfalls nicht möglich wird.
Grüner Strom dürfte der vorherrschende, aber nicht der einzige klimaschonende Antrieb der Mobilitätswelt werden. Viel Strom, und zwar am besten Ökostrom, ist notwendig, wenn Wasserstoff produziert wird. Seit Jahren gilt er als idealer Brennstoff für eine postfossile Zukunft, und es gibt kein einschlägiges Symposium, wo Wasserstoff nicht das Thema ist. Dennoch: Die auf Wasserstofftechnologie spezialisierten Firmen, allen voran Nel ASA und Plug Power, kommen nicht vom Fleck, schreiben Verluste und ihre Aktien nähern sich dem Penny-Stock-Status. Dabei gibt es durchaus gute Nachrichten: Während Plug Power mit einem umfassenden Restrukturierungspaket die große Schuldenlast reduzieren will und ein tragbares Flüssigwasserstoff-Betankungsgerät auf den Markt bringt, erhält Nel ASA eine Förderung der USRegierung über 75 Millionen Dollar aus dem „Inflation Reduction Act“für den Bau einer Fabrik in Detroit.
Potenzial für Wasserstoff
Das Potenzial für Wasserstoff ist groß, vor allem für Schwerlastfahrzeuge und Schiffe. Aber die Erzeugung braucht enorm viel Strom und ist daher teuer. Überdies fehlt noch weitgehend die Infrastruktur mit Wasserstofftankstellen. Mit einem Zertifikat auf den E-Mobilität Wassersoff Index, der neben Nel und Plug Power auch Linde, Ai Liquide und Ballad Power umfasst, setzt man auf diese Branche.
In noch weiter Ferne sind synthetische Kraftstoffe aus erneuerbarer Energie bzw. auf Wasserstoffbasis. Auch diese E-Fuels fressen in der Herstellung viel Strom, was sie noch teuer und ineffizient macht. Ein kleiner Pkw würde mit einem Liter E-Fuel nicht einmal 20 Kilometer weit kommen, während ein E-Auto mit der Strommenge, die man für die Produktion von einem Liter E-Fuel braucht, etwa 170 Kilometer weit fährt. Synthetische Kraftstoffe dürften daher eher im Flug- und Schiffsverkehr eingesetzt werden, wo ein reiner Elektroantrieb wegen der Größe der benötigten Batterien nicht in Frage kommt. Anleger, die sich in die Welt der Antriebsalternativen wagen, brauchen jedenfalls viel Geduld und gute Nerven.
Aber das Rennen ist noch lange nicht entschieden. Und wer weiß, vielleicht werden wir künftig nur mehr im Metaverse virtuell reisen – das würde auf jeden Fall der Umwelt guttun und KI-Aktien auch.